Trauer statt Wahlkampf – so muss es sein | ABC-Z
Berlin. Die Parteien der Mitte und hüten sich bislang, das den Anschlag für ihre Zwecke auszuschlachten. Das ist ein Lichtblick in dunkler Zeit.
Der Anschlag von Magdeburg wirft ein Schatten auf das bevorstehende Weihnachtsfest und das gesamte Land. Fünf Tote, mehr als 200 Verletzte: Die Wahnsinnstat eines einzelnen Mannes, der in kein Raster passt und offenbar deshalb von den Behörden nicht rechtzeitig in die Schranken gewiesen wurde, wird die deutsche Öffentlichkeit und Politik noch lange beschäftigen. Die Amokfahrt des Taleb A. richtete sich gegen die Besucher eines Weihnachtsmarkts. Gemeint war aber eigentlich die freie Gesellschaft, in der wir leben.
Wenn es in diesem Drama einen weihnachtlichen Lichtblick gibt, dann diesen: Diejenigen Kräfte in Deutschland, die für Freiheit und Offenheit stehen, gehen bislang wohltuend unaufgeregt mit den Vorgängen um. In zwei Monaten finden Bundestagswahlen statt. Die Parteien der Mitte und ihr Spitzenpersonal trauern und zeigen Präsenz. Aber sie hüten sich bislang davor, vorschnelle Schlüsse zu ziehen und die Katastrophe für parteipolitische Geländegewinne auszunutzen. Das Profil des Täters ist zu komplex, um polarisierende Grundsatzdebatten über Migration, Asyl und Integration vom Zaun zu brechen. Die rechte AfD versucht das teilweise, aber es fällt ihr sichtlich schwer: Schließlich steht ihr der saudische Islam-Gegner Taleb A. politisch nahe.
Wie lange die Zurückhaltung der staatstragenden Parteien anhält, wird man sehen müssen. Wenn noch mehr Erkenntnisse über mögliche Versäumnisse der Sicherheitsbehörden zutage treten, kann die politische Weihnachtsruhe schnell zu Ende gehen. Bis dahin gilt: Es ist gut, dass Leute, die nicht alles wissen, auch nicht vorgeben, auf alles eine Antwort zu haben. Und zwar selbst dann nicht, wenn Wahlkampf ist.