Transparenz ist kein Luxus | Dein Lese-Letter zur Wochenmitte von Medieninsider | ABC-Z

Schön, dass du dabei bist! Was dich in dieser Woche unter anderem im Lese-Letter erwartet:
► Bei der Deutschen Welle hat man den Weckruf aus Hamburg nicht gehört – das Prozedere der Intendantenwahlen muss sich dringend ändern (Editorial)
► Suche nach Limbourg-Nachfolge abgeschlossen: Volker Nünning weiß, wen die Findungskommission als neue Intendantin der Deutschen Welle zur Wahl vorschlägt (direkt zum Artikel)
► Vom Verband zurück in den Verlag: Die geschasste BDZV-Hauptgeschäftsführerin Sigrun Albert hat einen neuen Job (direkt zum Artikel)
► Ein ewiger Kampf: Hermann von Engelbrechten fasst in seiner Kolumne zusammen, dass sich Journalismus schon immer gegen den Staat verteidigen musste (direkt zum Artikel)
Die gescheiterte Wahl von Sandra Harzer-Kux zur Intendantin des Norddeutschen Rundfunks vor zwei Wochen war kein Betriebsunfall, sondern ein Weckruf – einer, den man bei der Deutschen Welle offenbar nicht gehört hat.
Wie der öffentlich-rechtliche NDR muss auch der steuerfinanzierte Auslandssender demnächst eine neue Führung wählen. Und wie beim NDR wird auch bei der Deutschen Welle dem Rundfunkrat am 7. Mai nur eine einzige Option präsentiert. Beide Anstalten zeigen: Eine „Wahl“ zu haben bedeutet längst nicht mehr auch eine Auswahl zu bekommen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Auserwählte durchfällt, geht gegen null. Anders als beim NDR entscheidet allein die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Es müssten sich also alle enthalten, um die Wahl zu verhindern. Das dürfte schon deshalb nicht passieren, weil einige Rundfunkratsmitglieder schon Teil der Findungskommission waren, die monatelang eine Nachfolge für Peter Limbourg suchte. Wer alles zur Auswahl stand? Nach welchen Kriterien die Kandidaten bewertet wurden? Unklar.
Dass die Kandidatin der Deutschen Welle fast gar nicht durchfallen kann, verdeutlicht die Brisanz dieses Vorgehens. Das kann so nicht weitergehen. Weder bei einem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sender noch bei einem, der direkt vom Staat finanziert wird. Verfahren wie diese sind der Allgemeinheit verpflichteten Sender nicht würdig. Schon gar nicht in Zeiten, in denen hinter allen Prozessen und Verfahren Klüngel vermutet wird. Die eigentliche Wahl wird nur noch zum symbolischen Akt und damit ad absurdum geführt.
Dass in einigen Gremien kein Gespür für verantwortungsvollen Umgang bei Intendantenwahlen vorhanden ist, zeigt sich erneut beim NDR. Im Anschluss an die gescheiterte Wahl von Harzer-Kux lobte der Rundfunkratsvorsitzende Nico Fickinger, der Teil der zuvor beauftragten Findungskommission war, das Verfahren als „sehr sauber, mehrstufig, dokumentiert und transparent“. Trotz zahlreicher Mahnungen und Warnungen entschied man sich nach der Pleite in der ersten Runde erneut dazu, dem letztlich wählenden Gremium bei der zweiten Runde wieder keine eigene Auswahl vornehmen zu lassen.
Transparenz ist kein Luxus, sie ist die Grundvoraussetzung für Vertrauen, das wiederum Grundlage für Journalismus und Mediengeschäft bildet. Auch der Wunsch, Kandidaten durch ein nicht-öffentliches Verfahren zu schützen, kann kein Vorwand sein, um dem letztlich wählenden Rundfunkrat nur eine Wahlmöglichkeit zu geben. Was sagt es über Kandidaten aus, die nicht bereit sind, bei einem öffentlichen Amt öffentlich für sich zu werben? Am Ende würde es auch dem Gewählten helfen, sich in einer letzten öffentlichen Runde durchgesetzt haben zu können.
Dass die Wahlen nicht im besten Sinne demokratisch sind, sagt natürlich nichts über die Kompetenz oder Inkompetenz der Auserwählten aus. Bei der Deutschen Welle kann hier genau die richtige Wahl getroffen worden sein. Wer die Kandidatin ist? Das hat Volker Nünning recherchiert.
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► Burda teilt zukünftig sein Verlags- und Equitygeschäft in zwei Unternehmensbereiche mit eigener Verantwortung auf. Marc Al-Hames soll CEO von Burda Equity werden, der Verlagsbereich braucht noch einen CEO – Philipp Welte scheidet aus dem operativen Geschäft aus (mehr erfahren)
► Nach gescheiterter Wahl von Sandra Harzer-Kux: NDR-Verwaltungsrat schlägt nun Hendrik Luenenborg, Leiter des Landesfunkhauses Hamburg, zur Intendantenwahl vor (mehr erfahren)
►„Ich liebe Technologie“: Mediamarkt/Saturn-Chef Karsten Wildberger soll Deutschlands Digitalminister werden. Jonas Jansen hat ihn für die FAZ porträtiert (mehr erfahren)
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► Simplicissimus widmet sich in einem 35-minütigen Beitrag der Klimaberichterstattung von Bild und zeichnet eine klimafeindliche Agenda des Boulevardtitels nach, die auch zu den Verlagsinteressen passe (mehr erfahren)
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Vom neuen Staatsminister für Medien und Kultur profitiert vor allem er selbst
Dass die deutsche Verlagsbranche mit ihren Forderungen nach finanzieller Hilfe vom Staat kein Gehör findet und ausgerechnet jetzt ein Verleger neuer Staatsminister für Kultur und Medien wird, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Können die Verlegerverbände mit Wolfram Weimer im Bundeskanzleramt jetzt auf größere Zugeständnisse oder gar einen medienpolitischen Durchbruch hoffen? Man darf zweifeln.
Weimer, Gründer von Cicero und ehemaliger Chefredakteur von Welt und Focus (mit überschaubarer Bilanz), hat sich in der Vergangenheit nicht gerade als Kämpfer der deutschen Verlagslobby hervorgetan. Stattdessen hat er vor allem sein eigenes Ding gemacht. Wenig überraschend fallen die meisten Reaktionen auf die dafür umso überraschendere Personalie eher negativ aus.
FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube beispielsweise spricht dem Journalisten und Verleger, der heute Titel wie Business Punk, The European, Wirtschaftskurier und Börse am Sonntag herausgibt, die kulturelle und intellektuelle Eignung ab. Er stellt Weimer mehr als Schwurbler als Konservativen vor:
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„Ein Kulturstaatsminister muss nicht aus dem Bereich der Kultur kommen, er muss nicht einmal mit vernünftigen Ansichten zu ihr hervorgetreten sein. Irritierend ist nur, wenn er es bislang mit unverständigen und undurchdachten Mitteilungen tat.“
Weniger emotional, aber nicht weniger kritisch kommt SZ-Autor Hans-Jürgen Jakobs daher. Auch er beschreibt Weimer als Meister der Inszenierung in eigener Sache und mangelnder Distanz zur Union, die ihn nun ins neue Amt hievt. Der größte Profiteur? Weimer selbst:
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„Viel Macht hat der Aufsteiger in seiner neuen Funktion nicht, dafür aber größte Nähe zur Macht.“
Dem kann ich mich nur anschließen. Für Weimer dürfte seine neue Position wirtschaftlich höchst attraktiv sein. Die Strahlkraft seiner neuen Position wird bis an den heimischen Tegernsee reichen. Dort will Weimer sein Verlagsgeschäft operativ zwar nicht mehr weiterführen, dafür aber seine Frau Christiane. Die ist derzeit auf PR-Tour für den Weimer’schen „Ludwig-Erhard-Gipfel“. Ein Interview mit ihr bekommt nun übrigens noch einmal eine neue Dimension. Die Zeile:
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„Sind quasi die Keimzelle der neuen Bundesregierung.“
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