Trans- und queere Communities: Protest gegen Kongress | ABC-Z

Zur Demo hatte das eigens für diesen Anlass gegründete Bündnis „Transfeinde stressen“ aufgerufen. Dem hatten sich aktivistische Gruppen wie „Selbstbestimmung Selbst Gemacht“, „Keine Shows für Täter“ und die Interventionistische Linke angeschlossen. Ihre Botschaft war dabei klar: „Wir lassen uns unser Recht auf Selbstbestimmung nicht nehmen“, sagt Transfrau Zoé, die den Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte und Teil des Kollektivs „Selbstbestimmung Selbst Gemacht“ ist. „Die SEGM möchte die medizinische Behandlung für trans Kinder und Jugendliche massiv einschränken, etwa mit einem Verbot für Pubertätsblocker.“
„Wir respektieren das Recht auf friedliche Proteste, einschließlich der Demonstration vom 13. September“, antwortete Veranstalter SEGM auf eine Anfrage der taz. „SEGM arbeitet frei von politischen und religiösen Einflüssen; unser Fokus liegt auf Fakten, nicht Ideologien“, hieß es weiter. Die Wahl des Tagungsorts Berlin wurde mit der „Offenheit, Diversität und dem wissenschaftlichen Austausch“ begründet, für die die Stadt stehe und in der „schwierige Debatten Platz haben“.
Das Bündnis „Transfeinde stressen“ sieht das gänzlich anders. Die SEGM stelle sich „als wissenschaftlicher Thinktank dar und lädt gezielt Mediziner und Psychotherapeuten zum Kongress ein, die Fehlinformationen über Transfeindlichkeit verbreiten“, sagte Mitorganisatorin Zoé. In der Tat handelt es sich bei dem Veranstalter des Kongresses nicht um eine medizinische Fachgesellschaft, sondern um einen Interessenverband, der mit international tätigen Anti-LSBTIQ-Lobbygruppen verflochten ist.
Auch Protest gegen Haft von Maya T.
Verbände wie die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit sowie Wissenschaftler*innen und Mediziner*innen, die sich gegen die Ansichten des SEGM positionieren, würden als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit dargestellt. „Damit findet eine Diskursverschiebung statt, die jede Kritik als linksextrem diffamiert“, so Zoé weiter.
Als „unheimlich“ bezeichnet eine andere Demo-Teilnehmerin ein Netzwerk hinter dem Kongress, das sie vorher nicht kannte. „Aber es war mir bewusst, dass es solche Leute gibt.“ Sie sieht die „große Kluft“ zwischen trans und queeren Communities und Organisationen wie SEGM zunehmend kleiner werden.
Nicht zufällig führt der am Oranienplatz gestartete Demozug am Gebäude des Springer-Verlags und dem Auswärtigen Amt vorbei. Denn neben den anhaltenden Anfeindungen gegen transgeschlechtliche und queere Menschen prangern die Teilnehmenden auch die Inhaftierung der non-binären Aktivist*in Maya T. sowie den Krieg in Gaza an.
Doch auch das Ende am Alexanderplatz ist nicht dem Zufall überlassen. Denn ganz in der Nähe wird zur gleichen Zeit der Kongress in einem Viersternehotel abgehalten. Und es war am Alexanderplatz, wo sich im September 2021 die aus dem Iran geflüchtete trans* Frau Ella N. mit Benzin übergoss und anzündete.