Flughafen München: Prozess um dritte Startbahn beginnt – es geht um juristische Detailfragen – Freising | ABC-Z

Wieder einmal ging es in einem Gerichtssaal in München um den Bau der umstrittenen dritten Startbahn am Flughafen, diesmal um das „ewige Baurecht“ für das Großprojekt. Sah es zunächst so aus, als wäre mit einer schnellen Entscheidung zu rechen, dauert das Verfahren am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof an. Im Laufe des Verhandlungstags wuchs zudem der Ärger der Startbahngegner über die Flughafen München GmbH (FMG) , die nur zögerlich Informationen herausrückte. „Für mich ist das eine unglaubliche Salamitaktik“, sagte Privatkläger Michael Buchberger. Heftige Kritik kam auch vom Freisinger Landrat Helmut Petz. Die FMG „schmeißt uns nur ein paar Brösel hin“.
Stadt und Landkreis Freising, die Gemeinde Berglern, der Bund Naturschutz sowie sechs Privatpersonen klagen gegen die Weisung des Luftamts Südbayern vom 30. September 2024, dass der Planfeststellungsbeschluss nicht nach zehn Jahren, im März 2026, verjähren soll. Es galt viele juristische Detailfragen zu klären. Den beiden Parteien bleiben nun zwei Wochen Zeit, um weitere Schriftsätze auszutauschen. Anfangs habe er ein gutes Gefühl gehabt, sagte Petz. Am Nachmittag war er sich nicht mehr so sicher, alles sei „im Trüben“, meinte er.
Zu Prozessbeginn am Dienstag ging die Vorsitzende Richterin Müller sehr akribisch vor, stellte Fragen zum S-Bahn-Tunnel, zur Vorfelderweiterung und zum Ausbau der Flughafentangente-Ost. Denn genau um diese – für die Klägerseite nebensächlichen – Projekte geht es in dem Prozess. Kann der Planfeststellungsbeschluss nicht verjähren, wie Luftamt und Flughafenbetreiber argumentieren, weil auch diese Vorhaben in dem Genehmigungsbescheid aufgeführt sind und damit bereits begonnen wurde und sie teils abgeschlossen sind? Oder haben sie rein gar nichts mit dem Startbahnbau zu tun, weil sie schon für den aktuellen Betrieb des Flughafens erforderlich sind, wie die Kläger betonen – und wie dies bei diversen Terminen wie dem Spatenstich für den S-Bahn-Tunnel auch die Flughafen München GmbH einst versicherte.
Die juristischen Auslegungen der Anwälte könnten unterschiedlicher nicht sein: Remo Klinger, der die Kommunen und die Privatkläger vertritt, argumentiert mit einer Teilbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Für ihn handelt sich um mehrere Pläne. Man habe „bewusst nur Teile umgesetzt, unter Aussparung des Plans dritte Start- und Landbahn“, sagte er. „Das ist ganz simpel.“ Habe ein Bauherr Baurecht für zehn Häuser, verwirkliche aber nur eins, erlösche die Genehmigung für die anderen neun nach gewisser Zeit. Die Anwälte der Gegenseite bestritten die Möglichkeit einer Teilbarkeit vehement. Ulrich Hösch betonte, dass es nur einen Gesamtplan gebe.
Ein Streitpunkt ist das Thema Grunderwerb
Für Ursula Phillip-Gerlach, Rechtsanwältin des Bunds Naturschutz, ist es unstrittig, dass mit der Hauptanlage, eben dem Bau der Startbahn, nicht begonnen worden sei. Die anderen Projekte seien auf den Bestandsflughafen abgestellt. Deshalb stellte auch sie infrage, dass mit der Verwirklichung des Plans wirklich begonnen worden sei. Für sie gibt es da „keinen Interpretationsspielraum“. Der Planfeststellungsbeschluss sei erlassen worden, weil man glaubte, dass für das prognostizierte Wachstum eine weitere Startbahn erforderlich sei. Auch der Grunderwerb sei nicht zielgerichtet vorgenommen worden.
Dies war ein weiterer Streitpunkt. Einen Großteil der für die Startbahn benötigten Flächen, insgesamt etwa 1680 Hektar, erwarb die FMG schon vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. Danach kamen nur etwa 68 Hektar dazu, oder vier Prozent, wie Rechtanwalt Klinger bemängelte. Das bezeichnete er als geringfügig, für vorbereitende Maßnahmen seit Erteilung der Genehmigung für das Großprojekt ist nach Ansicht der Kläger also in dieser Frage nicht viel passiert.
Die FMG legt geschwärzte Unterlagen vor
Zum Schluss der Verhandlung kippte die Stimmung, als Josef Schwendner, Generalbevollmächtiger der FMG, nur zögerlich und zunächst stark geschwärzte Unterlagen zu Beschlüssen der Gesellschafterversammlung bezüglich des Flughafenausbaus herausrückte. Die Startbahn sei nach wie vor Teil der Mittel- und Langfristplanung der FMG, nach einem aktualisierten Terminplan werde eine Inbetriebnahme 2035 angestrebt. Die Gegenseite erinnerte an eine Aussage von Finanzminister Albert Füracker, dass in diesem Zeitraum keine Startbahn gebaut werde.
Unklar blieb, ob für den weiteren Ausbau des Flughafens und die Freigabe der laut den FMG-Plänen bis 2035 benötigten 1,5 Milliarden Euro ein Gesellschafterbeschluss nötig sei. Die Beklagten verneinten dies. Die beiden Rechtsanwälte der Klägerseite beantragten eine Befragung des Amtschefs im Finanzministerium und des Münchner Oberbürgermeisters. Christian Magerl, Sprecher des Aktionsbündnisses Aufgemuckt, meinte nach der Verhandlung: Er habe gerade ein Déjà-vu erlebt. Schon im Startbahnprozess vor 40 Jahren habe die FMG zahlreiche Schriftsätze geschwärzt.