Ratgeber

Touristen beklaut: Auf Mallorca wurde ein Dieb geschnappt trotz cleverer Tarnung – Reise | ABC-Z

Die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden, ist schon schwierig genug. Nahezu ausgeschlossen ist es jedoch, einen bestimmten Halm unter all den Halmen zu entdecken. Wer also eine Sache besonders gut verstecken oder tarnen möchte, platziert sie am besten vor aller Augen. Umringt von einer großen Menge ihresgleichen. Das beste Versteck für ein Buch? In einem Bibliotheksregal zwischen Tausenden anderen Büchern. Für einen Brief, den nicht jeder zu Gesicht bekommen soll? Offen auf dem Schreibtisch liegend, inmitten eines sauber geschichteten Stapels mit Dutzenden, wenn nicht Hunderten weiteren Schriftstücken.

Wer selbst nicht entdeckt werden möchte, begibt sich am besten in eine Menschenmenge. Und verhält sich möglichst so wie alle anderen auch. Um auf Mallorca nicht als Individuum aufzufallen, muss man also entweder ein Tourist sein – oder sich als solcher ausgeben. So hat es ein Einheimischer gehalten, in finsterer Absicht: Der Mann hat Urlauber bestohlen in Hotels, in Restaurants, auf den Terrassen von Bars. Das ist eine ganze Weile lang nicht aufgefallen, eben weil er nicht in Gestalt eines Täters in Erscheinung getreten ist, sondern in der eines der vielen tatsächlichen oder zumindest potenziellen Opfer.

Ganz offen ist er zwischen den Touristen herumspaziert. Und immer dann, wenn sie – urlaubsentspannt und arglos, weil unter ihresgleichen – ihre Habe in Sicherheit wähnten, schlug er zu. Steckte Brieftaschen ein, Uhren und Schmuck. Und hatte bald Dinge im Wert von etwa 18 000 Euro erbeutet, wie die Polizei von Mallorca mitgeteilt hat. Nachdem sie den Mann schließlich doch verhaften konnte.

Wie aber konnte das passieren? Schließlich war der Kerl doch vermeintlich bestmöglich getarnt. Stimmt etwa die Theorie doch nicht, dass das Offensichtliche am besten verborgen ist, weil man es gar nicht als etwas Verborgenes erkennt? Oder war dieser Dieb schlicht zu schlecht darin, sich als Tourist auszugeben? Hat er die Sache womöglich unterschätzt? Denn was wirft man den Touristen nicht alles vor: Sie seien zu viele auf einem Haufen, zu laut, zu geizig, ihr Benehmen sei so schlecht wie ihr Geschmack, außerdem seien sie häufig unsensibel, impertinent, vulgär, überheblich, herrisch, rücksichtslos, egomanisch. Das muss man erst einmal alles hinbekommen. Dafür ist jahrelanges Training notwendig und am besten bereits eine frühkindliche Prägung durch die Eltern, schon diese wiederum gelernte Touristen.

Und dann wollen Touristen ja immer keinesfalls als Touristen erkannt werden – auch diesen move muss man als Touristenimitator draufhaben, um nicht aus der Rolle zu fallen. Das kann diesen diebischen Mallorquiner nur überfordert haben. Vielleicht haben ihn Kleinigkeiten verraten aus Mangel an intimer Kenntnis der Codes: einen Hemdknopf zu viel oder zu wenig geöffnet, die Sandalen eine Spur zu schick, das Muster der Badeshorts hingegen schon wieder eher out in der Urlauber-Community. Und so ist er dann ins Visier der Ermittler geraten, die ihn irgendwann identifiziert, überwacht und schließlich auf frischer Tat ertappt haben. Wenn es dumm für ihn läuft, muss er zur Strafe Sozialarbeit verrichten. Müllsammeln am Strand zum Beispiel. Ohne Chance auf Tarnung. Für jeden erkennbar als der, der er ist.

Der Autor möchte gar nicht wissen, was Einheimische schon alles über ihn gedacht haben.
Der Autor möchte gar nicht wissen, was Einheimische schon alles über ihn gedacht haben. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
Back to top button