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Tour de France: Alaphilippe jubelt in Carcassonne und wird Dritter | ABC-Z


Tourreporter

Stand: 20.07.2025 21:04 Uhr

Julian Alaphilippe gewinnt auf der 15. Tour-Etappe den Sprint um Platz drei und ahnt nicht, dass schon zwei Fahrer im Ziel sind. Sein Jubel steht aber auch symbolisch für das Schicksal der kleineren Teams.

Im französischen Fernsehen wurde die Szene eifrig diskutiert. Julian Alaphilippe sprintet am Sonntag (20.07.2025) über den Zielstrich der 15. Etappe in Carcassonne und jubelt laut schreiend – als Tagesdritter. Die Bilder wurden während der TV-Diskussion zur Tour de France ein paarmal wiederholt und liefen auch über den Bildschirm am Mannschaftsbus des Teams Tudor, Alaphilippes Mannschaft.

Die wartenden Fans und Journalisten hatten also die Gelegenheit, die Sache noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen, während sie auf Alaphilippe und Erklärungen warteten. “Probleme mit dem Funk”, führten die sportlichen Leiter als Grund für den falschen Jubel an, was Alaphilippe später bestätigte. Der Gefühl des Tagessiegs also nur eine Illusion, ein Missverständnis.

Immer neue Ausreißergruppen

Immer wieder hatten sich verschiedene Ausreißergruppen neu zusammengesetzt und Alaphilippe stieß erst kurz vorher zu der Gruppe, aus der heraus er dann den Sprint um Platz drei gewann. Da konnte man schon mal die Übersicht verlieren ohne Funkkontakt.

Nicht mitgekriegt hatte der Ex-Weltmeister dabei offenbar, dass sich der Belgier Tim Wellens bereits 42 Kilometer zuvor als Solist auf den Weg gemacht hatte und schon seit anderthalb Minuten im Ziel war. Andererseits hätte Alaphilippe sehen können, dass knapp 300 Meter vor seiner Gruppe mit Victor Campenaerts noch ein weiterer Fahrer voraus war. Aber auch das hatte er im Eifer des Gefechts scheinbar nicht bemerkt. “Wie ein Idiot” habe er deshalb die Arme gehoben, sagte Alaphilippe später.

Zu seiner Ehrenrettung muss gesagt werden, dass er nicht der erste Radprofi ist, der im Ziel in Jubel ausbricht, weil er sich als Sieger wähnt. Ihm selbst war das schon einmal passiert, als er 2020 beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich bereits die Arme hochgerissen hatte und dann noch von Primoz Roglic abgefangen wurde.

Pogacar ist happy mit Wellens Sieg

Alaphilippes Jubel in Carcassonne hatte auch einen gewissen Symbolcharakter. Die kleinen Teams müssen bei dieser Tour schon über dritte Plätze jubeln, denn vorne sind die Topteams unersättlich. Allen voran das Team UAE, für das der Etappensieger Tim Wellens fährt.

Eigentlich ist der Belgier als Helfer für den Mann im Gelben Trikot, für Tadej Pogacar, eingeteilt. “Ihn alleine zu lassen, war vielleicht nicht die beste Entscheidung”, sagte Wellens später. “Aber ich wusste, wenn ich gehe und gewinne, wird das Team happy sein.”

So war es dann auch: Pogacar behauptete sogar, er sei glücklicher über den Sieg seines Kollegen als über das Gelbe Trikot. Das jedenfalls ruht bei mehr als vier Minuten Vorsprung auf den Gesamtzweiten Jonas Vingegaard so sicher auf seinen Schultern, dass er es seinen Helfern erlauben kann, ihren eigenen Erfolg zu suchen.

UAE hat ein Drittel der Etappen gewonnen

Wellens Tagessieg war nach den vier Etappensiegen von Tadej Pogacar bereits der fünfte Erfolg für diese Equipe bei der diesjährigen Tour. Das UAE-Team hat damit ein Drittel aller Etappen gewonnen. Auch der andere Big Player, die Mannschaft Visma-Lease A Bike um Jonas Vingegaard hat schon einen Tagessieg eingefahren.

Die anderen neun Tagessiege gingen an sechs verschiedene Mannschaften. Heißt im Umkehrschluss, 15 Teams sind bislang leer ausgegangen. Der Druck wird von Tag zu Tag größer – bei immer weniger Gelegenheiten. Denn gerade die kleineren Mannschaften sind auf Etappensiege bei der Tour angewiesen, nicht zuletzt, um die Sponsoren zufrieden zu stellen.

15. Etappe ideal für Ausreißer

Auf dem Papier war die 15. Etappe von Muret nach Carcassonne eine der besten Chancen, dieses Ziel zu erreichen. Denn das Profil war selektiv genug, um einen Massensprint zu vermeiden. Ideal also für Ausreißer, ihre Chance zu suchen.

Er sei froh, dass sein Team schon eine Etappe gewonnen habe, hatte Andreas Klier, der sportliche Leiter des Teams EF Education-Easy Post, morgens am Start in Muret erklärt. Der Ire Ben Healy hatte die sechste Etappe in Vire Normandie für das Team gewonnen und sich nach der zehnten Etappe sogar für zwei Tage das Gelbe Trikot überstreifen dürfen.

Die Tour kann schon kein Misserfolg mehr werden für die Equipe aus den USA. “Wenn wir genau so schnell gefahren wären, und Ben auf der Etappe Zweiter wird und das Trikot um drei Sekunden verpasst hätte, hätten wir heute richtig Druck”, gab Klier zu.

Alaphilippes Team fährt die Tour mit einer Wildcard

Den haben nun weiterhin andere. Etwa das Team Tudor von Julian Alaphilippe. Die Schweizer Mannschaft fährt als Team, das keine World-Tour-Lizenz hält, mit einer Wildcard bei der Tour. Ein Etappensieg wäre mehr als ein Prestigeerfolg für das ehrgeizige Projekt unter der Leitung des ehemaligen Schweizer Weltklasseprofis Fabian Cancellara.

Julian Alaphilippe stürzte zu Beginn der 15. Etappe

Auch bei Tudor wussten sie natürlich um die vermeintliche Gelegenheit auf der 15. Etappe. Alaphilippe war unterwegs sogar einmal heftig gestürzt, was letztlich zu seinem defekten Funkgerät führte. Dabei hatte er sich zudem die Schulter ausgekugelt, die er sich dann selbst wieder einrenkte. Trotzdem fuhr er auf Sieg.

UAE ist “heiß auf mehr”

Auch Alaphilippes Teamkollege Michael Storer gehörte zu den Ausreißern und wurde später auf dem Podium immerhin als kämpferischster Fahrer des Tages ausgezeichnet. Er hätte lieber als Tagessieger dort oben gestanden, erklärte der Australier. Nach Jubeln war ihm anders als seinem Teamkollegen Alaphilippe offenbar nicht zu Mute.

Sechs Etappen bleiben den kleineren Teams jetzt noch für einen Tagessieg. Der über allen stehende Tadej Pogacar wird sicherlich die 16. Etappe auf dem Mont Ventoux gewinnen wollen – alleine wegen des Prestiges. Aber sein Team wird sich damit aller Voraussicht nach nicht begnügen. “Langweilig wird das nie”, sagte Pogacars deutscher Teamkollege Nils Politt. “Wir sind heiß auf mehr.”

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