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Tottenham gegen Liverpool: Irrer Spielverlauf und Schiedsrichterentscheidungen – Sport | ABC-Z

Den Spielplangestaltern der Premier League schien die Begegnung zwischen Tottenham Hotspur und dem FC Liverpool in der vergangenen Saison besonders gut gefallen zu haben. Damals wurde die Partie unmittelbar vor Weihnachten angesetzt und blieb nicht nur deshalb in Erinnerung. In einem spektakulären Spiel kämpften sich die Spurs in der Schlussphase von 1:5 auf 3:5 heran, ehe Liverpool die Aufholjagd mit dem Treffer zum 6:3-Endstand beendete. Der Spielverlauf glich einem Hinweisfilm auf den englischen Feiertagsfußball. Möglicherweise deshalb setzten die Verantwortlichen das Duell erneut in derselben Konstellation an – und tatsächlich lieferten sich beide Klubs wieder einen interessanten Schlagabtausch.

Zwar gewann der FC Liverpool diesmal nur mit 2:1 (0:0), doch die Vorstellung der beiden Mannschaften war ähnlich ereignisreich wie vor genau einem Jahr. Anstelle zahlreicher Tore sahen die Zuschauer im Tottenham Hotspur Stadium körperliche Härte und strittige Schiedsrichterentscheidungen. Die Bilanz: sechs Verwarnungen, jeweils drei pro Team, sowie zwei Platzverweise für Tottenham. Hinzu kamen für die Gäste eine im nächsten Spiel abzusitzende Gelbsperre für Dominik Szoboszlai und verletzungsbedingte Auswechslungen: Liverpools Stürmer Aleksander Isak erzielte nach einem herrlichen Steckpass von Florian Wirtz die Führung, wurde aber bei seinem Torschuss umgegrätscht. Er konnte nicht weitermachen. Auch Liverpools Rechtsverteidiger Conor Bradley blieb zur Pause verletzt in der Kabine.

Die Schlüsselszene ereignete sich aber bereits in der 33. Minute, als sich Tottenhams Spielmacher Xavi Simons einen folgenschweren Aussetzer leistete. Der Rekordtransfer der Spurs, der im Sommer kurz vor Ende der Wechselfrist für 65 Millionen Euro von RB Leipzig gekommen war, setzte bei einem Rückpass an der Mittellinie übermotiviert seinem niederländischen Landsmann Virgil van Dijk nach – und traf ihn ohne Aussicht auf den Ball hart mit der Fußsohle an der linken Wade des Standbeins. Referee John Brooks zeigte zunächst Gelb, korrigierte seine Entscheidung nach Ansicht der Videobilder jedoch auf Rot. Die Attacke hinterließ sichtbare Spuren: Van Dijks Stutzen waren zerfetzt.

„Wenn das eine rote Karte ist, ist das Spiel kaputt“, zürnte Tottenhams Coach Thomas Frank direkt nach Abpfiff. Anschließend relativierte er seine Aussage und räumte ein, dass seine Formulierung „vermutlich zu drastisch“ gewesen sei. In Unterzahl setzte Tottenham auf Konter, während Liverpool das Spiel kontrollierte. Um den Druck zu erhöhen, brachte LFC-Trainer Arne Slot zur zweiten Halbzeit Isak als weiteren Angreifer. Nur elf Minuten später nutzte der Schwede einen Fehlpass im Spielaufbau der Spurs zu seinem zweiten Ligatreffer für Liverpool. Doch beim Torabschluss wurde sein linker Knöchel durch die Grätsche von Micky van de Ven unglücklich eingeklemmt. Der Torjäger hielt sich sofort die betroffene Stelle, konnte kaum auftreten und musste gestützt von zwei Betreuern den Platz verlassen. „Normalerweise ist das kein gutes Zeichen“, befürchtete Slot.

Nach Xavi Simons fliegt auch noch Kapitän Christian Romero vom Platz

Die angespannte Spielsituation führte dazu, dass die Spurs zunehmend die Nerven verloren, was in einer gelb-roten Karte für Kapitän Cristian Romero gipfelte. Der Verteidiger hatte zunächst eine gelbe Karte erhalten, weil er sich aufgebracht über ein mögliches Foul an ihm von Liverpools Torschützen Hugo Ekitiké vor dem 2:0 in der 66. Minute beschwert hatte. Romero beanstandete, beim Kopfballduell mit beiden Händen gestoßen worden zu sein; die TV-Bilder belegten dies eindeutig. Brooks wertete Romeros Gegenreaktion auf den Schubser jedoch als übertrieben. „Ein schwerer Fehler“, rügte Trainer Frank insbesondere die fehlende Intervention des Videoassistenten.

Trotz Rückschlägen bewies Tottenham Moral, verkürzte durch Ersatzspieler Richarlison in der 83. Minute auf 1:2 und drängte sogar auf den Ausgleich – bis sich Romero in der dritten von insgesamt elf Minuten Nachspielzeit schließlich die zweite gelbe Karte einhandelte. Als er beim Kopfball rustikal angegangen wurde, trat er beim Aufstehen gegen Liverpools Innenverteidiger Ibrahima Konaté nach. Frank kritisierte diese Entscheidung erneut: Mit „Fingerspitzengefühl“ wäre dies keine Hinausstellung gewesen, sagte er, was angesichts des klaren Tritts kaum nachvollziehbar war.

Cristian Romero tritt Ibrahima Konaté in der Nachspielzeit und sieht Gelb-Rot.
Cristian Romero tritt Ibrahima Konaté in der Nachspielzeit und sieht Gelb-Rot. (Foto: Alex Pantling/Getty Images)

Die Wut des Trainers ist aber wohl ob der schwierigen Situation seines Klubs verständlich. Gegen Liverpool kassierte Tottenham die saisonübergreifend elfte Heimniederlage in der Liga in diesem Kalenderjahr – so viele wie nie zuvor in der Klubgeschichte. Die Londoner sind derzeit das viertschlechteste Heimteam in Englands Oberhaus mit lediglich zwei Siegen in elf Partien.

In der Tabelle rutschten die Spurs auf den 13. Rang ab. Franks Vorgänger Ange Postecoglou war am Ende der Vorsaison trotz eines Europa-League-Titels auf Platz 17 die Weiterbeschäftigung verwehrt geblieben. Das sportliche Abschneiden der beiden Trainer ist zum jetzigen Zeitpunkt nahezu identisch – mit einem wesentlichen Unterschied in der Spielweise: Während unter Postecoglou bedingungslos nach vorn gespielt wurde, wirkt es unter Frank oft, als hielte er seine Mannschaft taktisch zurück. Erst als das Spiel gegen Liverpool bereits verloren zu sein schien, legten die Spieler ihre Passivität ab. Die turbulente Schlussphase stimmte die Spurs-Fans immerhin versöhnlich. Nach dem Spiel gab es Applaus. Und die Premier League dürfte überlegen, ob Tottenham gegen Liverpool künftig nicht dauerhaft kurz vor Weihnachten stattfinden sollte.

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