Bezirke

Fuchswelpen eingesperrt: Geldstrafe für Rentner aus Icking – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Er könne eine Verurteilung „den Leuten draußen auf dem Land nicht erklären“, leitet Verteidiger Josef Hingerl sein Plädoyer am Mittwoch ein und beantragt, seinen Mandanten freizusprechen. „Das Landleben ist kein Freifahrtschein für Selbstjustiz“, hält Staatsanwältin Franz dagegen und forderte eine Geldstrafe für den angeklagten Rentner aus Icking.

Dass er im Mai vergangenen Jahres zwei Jungfüchse eingesperrt hat, räumt der 67-Jährige Schreinermeister, der in Trachtenjacke und Jeans vor Gericht erschienen ist, ein. Unter einem Holzhaufen habe er die beiden Welpen entdeckt. Sie seien in einen Wassertrog gefallen, aus dem sie sich alleine nicht hätten retten können. Er habe die Tiere in eine Gitterbox gesperrt.

Nach Zeugenangaben war die Box etwa ein mal ein Meter groß, wobei den beiden Welpen in eine Richtung nicht mehr als 30 Zentimeter zur Verfügung standen. Die restlichen 70 Zentimeter hat der Schreiner mit einer Holzplatte abgegrenzt und als Falle genutzt: Würde sich die Mutter um ihre Jungen kümmern, wollte er sie einfangen und alle drei Füchse aussetzen – und zwar weit entfernt von seinem Grundstück.

Füchse hätten nämlich in der Vergangenheit mehrfach seine Hühner „kaputt g’macht“, schimpft der 67-Jährige. Zumeist seien die „spurlos verschwunden“, nachdem ein Fuchs durch einen schmalen Spalt in den Hühnerstall eingedrungen war. Einmal jedoch habe er mitansehen müssen, wie just die beiden Jungfüchse ein Huhn zerrissen hätten. Seine Enkelkinder, von denen der Rentner ein umrahmtes Foto dabeihat, seien deshalb nachts aus Albträumen aufgewacht und „total fertig“ gewesen.

Ein Sachverständiger vom Veterinäramt des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen ist sich sicher, dass auch die beiden Welpen traumatisiert waren. Auf engem Raum ohne Sichtschutz eingesperrt zu sein und die natürliche Scheu nicht durch Flucht ausleben zu können, nötige die Tiere zu „instinktwidrigem Verhalten“, erklärt er.

Hinzu komme die Trennung von der Mutter, der für die etwa sechs bis acht Wochen alten Welpen eine „prägende Rolle“ zukomme; und zwar selbst dann, wenn sie die beiden schon nicht mehr gesäugt haben sollte. Auch die „nicht artgerechte Fütterung“ habe dazu geführt, dass die Jungfüchse gelitten hätten, so der Veterinär. Der Angeklagte hat angegeben, die Welpen mit Mäusen versorgt zu haben. Mit solchen füttere sie zwar auch ihre Mutter, nicht jedoch mit Hundetrockenfutter, das der Ickinger beigemischt habe.

Der Rentner wollte den Füchsen kein Leid zufügen, sagt die Staatsanwältin

Nach Angaben des Angeklagten waren die Tiere drei Tage lang eingesperrt. In die Freiheit entlassen wurden sie, nachdem eine Nachbarin beim Gassigehen mit ihrem Hund auf die eingesperrten Füchse aufmerksam geworden war. Die Nachbarin ist generell nicht gut auf den Angeklagten zu sprechen, mit dem sie entfernt verwandt ist: Er habe den „qualvollen Tod der Tiere billigend in Kauf genommen“, wirft sie ihm vor.

Staatsanwältin Franz ist weniger streng: Der Rentner „wollte den Füchsen kein Leid zufügen“. Weil er dies aber bedingt vorsätzlich getan habe, sei die erstinstanzliche Verurteilung durch das Wolfratshausener Amtsgericht zu 1400 Euro aufrechtzuerhalten.

Sein Mandant habe die Füchse nicht gequält, sondern gerettet, entgegnet Verteidiger Hingerl. Füchse dürften ganzjährig geschossen werden, zitierte er den Sachverständigen. Eine Ausnahme gelte lediglich für Muttertiere zwischen März und August, damit die auf sie angewiesenen Welpen nicht verhungern. Auch die eingesperrten Tiere seien wenige Wochen nach ihrer Freilassung vom Jäger abgeschossen worden.

Selbst wenn der Angeklagte den Jungfüchsen Leid zugefügt haben sollte, sei dies nach dem Tierschutzgesetz nur strafbar, wenn es an einem vernünftigen Grund fehle, gab der Anwalt zu bedenken. Wenn sich Betreiber von Legebatterien auf einen vernünftigen Grund berufen könnten, müsse dies erst recht für seinen Mandanten gelten, der seine Enkelkinder und seine Hühner schützen wollte. Auch Stadtbewohnern müsse klar sein, dass „Eier nicht aus dem 3-D-Drucker“ kämen.

Die Berufungskammer verurteilt den Angeklagten am Ende dennoch – allerdings zu 350 Euro weniger als zuvor das Amtsgericht. Für seine Hühner sei von den beiden Welpen keine Gefahr ausgegangen, begründet der Vorsitzende Richter Clemens Albert das Urteil. Schließlich seien diese nach den Angaben des Sachverständigen noch zu jung gewesen, um lebende Hühner zu reißen. Die Jungen als „Köder für das Muttertier“ einzusetzen, stelle keinen vernünftigen Grund für das Einsperren dar. Und die psychische Belastung der Enkel? Diese müssten lernen, „dass die Natur grausam ist“, erklärt Albert.

Strafverschärfend hat sich ausgewirkt, dass der Schreiner vor fünf Jahren schon einmal zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist: Damals hat er das Wahlplakat einer Bürgermeisterkandidatin abgerissen, verunstaltet und am Maibaum aufgehängt. Gegen das jetzige Urteil kann der 67-Jährige Revision einlegen. Dass er dies tun wird, bezeichnet sein Verteidiger als „sehr wahrscheinlich“.

Back to top button