Tiktok-Verbot in den USA: Wie es unter Donald Trump weitergehen könnte – Wirtschaft | ABC-Z
Im letzten Moment scheint Tiktok den richtigen Hebel gefunden zu haben, um das drohende Aus in den USA abzuwenden. Nachdem das Unternehmen monatelang erfolglos in Washington lobbyiert hatte, konzentrierte man sich schließlich auf den Mann, in dessen Händen das Schicksal der App liegt: Donald Trump. Diese Strategie war offenbar erfolgreich, der neue Präsident will das Verbot nun doch verhindern.
Am Wochenende schaltete sich Tiktok in den USA für 14 Stunden selbst ab, ging dann aber wieder online. Die 170 Millionen Nutzerinnen und Nutzer ließ man wissen, wem sie das zu verdanken hatten: „Dank der Bemühungen von Präsident Trump ist Tiktok zurück in den USA.“ Dass Trump zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht Präsident war: geschenkt. Mit der Botschaft wollte Tiktok ohnehin nicht die Öffentlichkeit erreichen, sondern Trump selbst, der sich wohl davon geschmeichelt fühlen soll. Das passt zum Verhalten des Tiktok-Chefs Shou Zi Chew, der Trump in den vergangenen Tagen mit einem öffentlichen Video, einem persönlichen Besuch in Mar-a-Lago und der Teilnahme an dessen Amtseinführung umgarnt hat.
Selbst Trump kann das Gesetz nicht komplett ignorieren
Das Wohlwollen des Präsidenten wird aber nicht reichen, um Tiktok dauerhaft zu retten. Trump kann das geltende Recht zwar ignorieren, das bereits beschlossene Gesetz aber nicht eigenhändig wieder zurückziehen. Mit einer Exekutivanordnung möchte er Tiktok Aufschub gewähren, doch das ist juristisch heikel.
Das Gesetz, das Tiktoks Existenz in den USA bedroht, ist eindeutig. Es räumt dem Präsidenten zwar die Möglichkeit ein, die 270-Tage-Spanne für einen Zwangsverkauf um weitere drei Monate zu verlängern. Doch zum einen galt das nur vor dem Ablauf der Frist am Sonntag, zum anderen gibt es eine Bedingung: Trump muss nachweisen, dass Tiktok nennenswerte Fortschritte in den Verkaufsverhandlungen gemacht hat.
Bislang hat Tiktok nicht mal versucht, ernsthaft zu verhandeln. Der chinesische Mutterkonzern Bytedance und die Regierung in China haben sich lange Zeit strikt geweigert, das US-Geschäft oder auch nur Teile davon zu verkaufen. Ein wichtiger Faktor für Tiktoks Erfolg sind die Algorithmen, die darüber entscheiden, wer welche Videos sieht. China hat diese Technologie Exportkontrollen unterworfen und scheint nicht bereit zu sein, sein Veto zu überdenken.
Die Republikaner sind gespalten
Ähnlich wenig Verhandlungsbereitschaft zeigen die republikanischen Hardliner in den USA, die China als politischen und wirtschaftlichen Feind betrachten. Mächtige Politiker wie Mike Johnson und Tom Cotton haben das Tiktok-Gesetz maßgeblich vorangetrieben. Jetzt drängen sie darauf, die Vorgaben strikt und ohne weiteren Aufschub umzusetzen.
Konkret betrifft das US-Konzerne wie Apple, Google und Oracle. Denen drohen Milliardenstrafen, wenn sie Tiktok weiter technische Infrastruktur für den Betrieb der App zur Verfügung stellen. Apple und Google scheinen Trumps Beteuerung nicht zu trauen. Sie haben Tiktok am Sonntag aus ihren App-Stores für Apple und Android geworfen und bis Montagmittag nicht wieder freigeschaltet. Man kann die App also nicht offiziell aktualisieren oder neu installieren.
Mindestens genauso wichtig für Tiktok ist Oracle. Auf den Servern des Unternehmens lagern die Daten und Videos der Nutzerinnen und Nutzer in den USA. Oracle verlässt sich offenbar darauf, dass das Wort des Präsidenten mehr Gewicht hat als geltendes Recht und der Wille der außenpolitischen Falken bei den Republikanern.
Wer könnte Tiktok kaufen?
Vielleicht spielt es dabei auch eine Rolle, dass Konzernchef Larry Ellison ein langjähriger Vertrauter des neuen Präsidenten ist. Als Trump während seiner ersten Amtszeit selbst auf ein Tiktok-Verbot drängte, stand kurzzeitig ein Verkauf an Oracle im Raum. Aktuell gibt es aber nicht einmal Gerüchte, dass Ellison neuer Teileigentümer von Tiktok werden könnte.
Das wirft die Frage auf, wer Tiktok sonst kaufen könnte. Trump sagt jedenfalls, er werde „die USA 50 Prozent von Tiktok besitzen lassen“. An Kaufinteressenten mangelt es nicht. Vom KI-Start-up Perplexity über Youtube-Star Jimmy „MrBeast“ Donaldson bis zum früheren Finanzminister Steven Mnuchin haben sich etliche potenzielle Käufer in Stellung gebracht. Auch über Elon Musk wurde spekuliert, der gute Beziehungen zu China pflegt.
Letztlich hängt es aber nicht davon ab, wer Tiktok kaufen will, sondern ob China sein Einverständnis gibt. Am realistischsten erscheint eine Lösung, bei der Tiktok nur bestimmte Teile seines US-Geschäfts abgibt und Trump am Ende trotzdem erklärt, dass es sich um eine „qualifizierte Veräußerung“ handelt, die das Gesetz vorschreibt. Damit würde er die Vorgabe zwar außerordentlich frei auslegen, aber ein kreativer Umgang mit Recht und Gesetz hat alle Beteiligten an diesem Verfahren auch in der Vergangenheit nicht gestört.