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Tierschutz: Wie sich Vogelschlag am Fenster verhindern lässt | NDR.de – Ratgeber | ABC-Z

Stand: 16.10.2024 17:32 Uhr

Bis zu 115 Millionen Vögel sterben alljährlich in Deutschland, weil sie gegen Fenster oder Glasfassaden fliegen. Warum ist das so und mit welchen Maßnahmen lässt sich das verhindern?

Glasscheiben zählen zu den größten Gefahren für die heimische Vogelwelt – noch vor Straßen- und Bahnverkehr (bis zu 70 Millionen getötete Vögel), Katzen (20 bis 100 Millionen), Stromleitungen (bis 2,8 Millionen) und Windrädern (circa 100.000 Vögel). Der Grund: Vögel orientieren sich zwar vor allem mit den Augen, können aber transparentes Glas nicht erkennen – in der Natur gibt es kein Glas, daher sind sie an diese Gefahr nicht angepasst. Fliegen sie auf eine Fensterscheibe zu, sehen sie entweder die dahinter liegende Umgebung oder den Himmel, der sich in der Scheibe spiegelt. Die Folge: Die Vögel fliegen direkt und häufig mit hoher Geschwindigkeit auf das Glas zu und kollidieren mit der Scheibe.

Licht kann Zugvögel irritieren

Vor allem Zugvögeln wird zudem häufig Licht zum Verhängnis: Stark leuchtende, hohe Gebäude in Großstädten wirken auf sie wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge anziehend. Möglicherweise werden sie durch das Licht geblendet und verlieren ihre Orientierung. Teilweise umkreisen sie die Lichtquellen bis zur Erschöpfung und verlieren die lebenswichtige Energie für den Weiterflug. Das ist vor allem in Großstädten ein Problem – insbesondere, wenn sie wie etwa Hamburg nahe einer Zugvogelroute liegen.

Vogel-Silhouetten und „Bird-Sticker“ wirkungslos


Auf die Fenster geklebte Silhouetten von Greifvögeln bieten keinen wirksamen Schutz vor Vogelschlag.

Die vielfach üblichen, auf die Scheibe geklebten Vogel-Silhouetten reichen nicht aus, um Vögel davon abzuhalten, auf eine Glasscheibe zuzufliegen. Die Silhouetten werden von den Vögeln lediglich als Hindernisse wahrgenommen, an denen sie versuchen vorbeizufliegen.

Ähnlich wirkungslos sind UV-Markierungen, etwa sogenannte Bird-Sticker. Für Menschen sind die Markierungen nicht sichtbar, Vögel können sie dagegen wahrnehmen und – so die Idee – dem scheinbaren Hindernis ausweichen. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Markierungen nicht den gewünschten Effekt haben.

Markierungen: Enger Abstand ist wichtig

Damit die Vögel der Glasfläche ausweichen, müssen sie diese deutlich als Hindernis wahrnehmen. Hierfür ist vor allem der Abstand der Markierungen auf dem Glas wichtig. Er sollte maximal eine Handinnenläche (etwa zehn Zentimeter) betragen. Wichtig außerdem: Die Markierungen sollten immer außen angebracht werden, deutlich erkennbar sein und einen guten Kontrast zum Hintergrund aufweisen. Als sehr wirksam gelten Muster mit durchgehenden Linien oder dicken Punkten. Im Handel sind beispielsweise Klebepunkte und Folien für die gesamte Fensterfläche erhältlich. Eine kostenlose Ausstellung im Foyer der Hamburger Umweltbehörde zeigt einige mögliche Lösungen.

Vogelschutz fürs Fenster selbst machen

Wer wenig Geld ausgeben möchte, kann auch auf selbst gemachte Lösungen zurückgreifen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat dafür mehrere Ideen zusammengetragen. So können etwa über das Fenster gespannte Schnüre Vögel davon abhalten, in die Scheibe zu fliegen. Sie sollten mindestens drei Millimeter dick sein und in Abständen von maximal zehn Zentimetern vor der Scheibe hängen. Befestigen lassen sie sich beispielsweise mit Saugnäpfen.

Ebenfalls geeignet sind sogenannte Fliegenvorhänge sowie Fischer- oder Sandkastennetze. Wichtig ist, dass die Netze ein gut sichtbares Hindernis darstellen. Auf keinen Fall sollten es Vogelfangnetze oder sehr feine Netze sein.

Auch mit Fensterfarben lässt sich ein wirkungsvoller Schutz herstellen. Wichtig ist, darauf zu achten, dass bei dem aufgemalten Muster die Abstände von maximal zehn Zentimetern zwischen den einzelnen Elementen nicht überschritten werden. Am besten geeignet sind die Farben Schwarz, Weiß, Rot und Orange. Blau und Grün werden dagegen von Vögeln nicht gut erkannt. Die Farbe immer außen am Fenster auftragen.

Vogelfreundlicher Umbau

Ein Turmfalke blickt durch ein Fenster in Innere eines Hauses. © picture alliance / Westend61


Greifvögel wie Turmfalken haben hervorragende Augen. Gläserne Scheiben sind dennoch eine Gefahr für sie.

Wer ohnehin einen Umbau plant, kann den Vogelschutz dabei berücksichtigen. So kann man beispielsweise bei Balkonbrüstungen und überall dort, wo zwar Licht durchgelassen werden soll, aber eine Durchsicht nicht entscheidend ist, auf mattierte oder halbtransparente, nicht spiegelnde Materialien setzen.

Auch fest installierte Sonnenschutzsysteme wie Jalousien oder Verschattungselemente können Vögel davon abhalten, Glasflächen anzufliegen. Ebenfalls effektiv sind eingefärbte, möglichst wenig spiegelnde Glasflächen.

Verletzter Vogel – was tun?

Nicht jeder Vogel ist nach dem Aufprall auf eine Fensterscheibe direkt tot. Häufig erleiden die Tiere eine Gehirnerschütterung und liegen zunächst reglos am Boden. Lebt der Vogel noch, kann man ihn vorsichtig in einen mit Luftlöchern versehenen Karton setzen und in einem warmen Raum zur Ruhe kommen lassen. Hat sich das Tier nach zwei bis vier Stunden wieder erholt und wirkt lebendig und fit, kann man es draußen an einer sicheren Stelle nahe des Fundorts wieder in die Freiheit entlassen. Wichtig: Den Vogel während seiner Gefangenschaft möglichst wenig anfassen, nicht füttern und kein Wasser anbieten. Beim Entlassen keinesfalls in die Luft werfen.

Ist der Vogel sichtbar verletzt oder auch nach einer längeren Ruhepause weiterhin sehr schwach, sollte man ihn im Karton zum Tierarzt bringen.

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