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Tierische Rettungskräfte: Pastettens Feuerwehr schickt Hunde auf Vermisstensuche – Erding | ABC-Z

Zehn Hunde und neun Hundeführer stehen bei der Feuerwehr Pastetten bereit, um jederzeit nach vermissten Menschen in den Landkreisen Ebersberg, Erding und Freising zu suchen. Etwa 20 Mal im Jahr werden sie von der Integrierten Leitstelle Erding alarmiert, wenn Polizei, die örtliche Feuerwehr und Drohnen mit Wärmebildkameras keinen Erfolg haben. Sie sind eine von elf Hundestaffeln der Feuerwehren in ganz Bayern.

Den 5. August dieses Jahres wird eine Frau aus Geislbach, Gemeinde Taufkirchen, nie vergessen: Sie war zusammen mit ihrem Hund auf dem E-Bike in einem Waldstück unterwegs, als sie wegen eines Astes stürzte, der auf dem Weg lag. Brüche, schwere Verletzungen am Bein – sie konnte sich nicht mehr bewegen und auch nicht um Hilfe rufen, weil sie das Handy nicht dabeihatte.

Zu Hause wurde sie bald vermisst, eine Suchaktion begann, an der Polizei, Feuerwehren, eine Drohne und sogar ein Hubschrauber beteiligt waren. Schließlich wurde auch die Hundestaffel hinzugerufen, die als „letzte Patrone“ eingesetzt wird, wenn Mensch und Technik nicht weiterkommen. Gegen vier Uhr morgens, nachdem die 62-Jährige bereits zwölf Stunden im Wald gelegen hatte, entdeckte eine Hundeführerin eine frische Radspur. Eine Polizeidrohne wurde hinzubeordert und gemeinsam fand man zuerst den Hund der Frau und schließlich sie selbst.

Emotionaler Dankesbrief

„Sie hat sich bei uns mit einem sehr emotionalen Brief für die Genesungswünsche bedankt und ihr Sohn mit einem Geschenkkorb“, sagt die Leiterin der Staffel, Carmen Adam. Solche Einsätze würden besonders im Gedächtnis bleiben. Aber „manchmal geht es auch nicht gut aus“, sagt sie in Anspielung auf angekündigte Suizide, bei denen man auch mal zu spät komme. „Von den knapp 40 Einsätzen in den vergangenen drei Jahren sind vier bis heute nicht mehr aufgetaucht. Alle anderen kamen zurück oder wurden von den Hunden gefunden.“

Die Staffel ist aus Hundehaltern entstanden, die sich eigens für solche Einsätze zu Feuerwehrleuten ausbilden ließen. Sie stammen nicht alle aus Pastetten, aber aus der näheren Region. 2019 lief ein Probebetrieb, seit 2020 sind sie bei der Feuerwehr fest integriert und Ende 2022 hatten Hunde und Hundeführer alle erforderlichen Ausbildungen erfolgreich absolviert, es konnte losgehen.

Training für schwieriges Gelände: Die Fässer rollen etwas hin und her, wenn sich der Hund auf dem Brett bewegt. (Foto: Thomas Daller)

Es ist ein Ehrenamt, das einem viel abverlangt. Dreimal in der Woche wird trainiert. „Wir kommen auf 4500 Stunden im Jahr – ohne Seminare, Workshops und Einsätze“, sagt Adam. Trainiert wird unter anderem auf einem eingezäunten Gelände am Ortsrand von Pastetten. Dort müssen die Hunde beispielsweise auf einem wackeligen Brett balancieren, das auf zwei Blechfässern liegt, die hin- und herrollen, wenn die Hunde draufspringen. Das schult Nervenstärke für schwieriges Gelände. Es gibt zudem einen Stapel aus Altreifen, in dem sich die Hundeführer verstecken können. Aber auch, wenn sie darin nicht gesehen werden, entgeht das den Spürnasen nicht.

Die Einsätze sind meist nachts, gegen Mitternacht oder noch später. Das hängt damit zusammen, dass die Hundestaffel erst gerufen wird, wenn der Einsatz von Polizei und Feuerwehr erfolglos geblieben ist. „Wir werden zu 90 Prozent nicht zeitnah alarmiert, sondern erst fünf bis sechs Stunden später“, sagt Adam. Nur wenn Kinder abgängig sind, läuft sofort das volle Programm an.

Zu den Einsätzen rückt die Staffel mit Privatautos an. Aktuell läuft eine Spendenaktion für einen gebrauchten Sprinter.
Zu den Einsätzen rückt die Staffel mit Privatautos an. Aktuell läuft eine Spendenaktion für einen gebrauchten Sprinter. (Foto: Thomas Daller)

Zu den Einsätzen rücken sie meist mit Privatautos aus. Es stünde zwar ein Kleinlaster der Feuerwehr als Kommandobasis zur Verfügung, aber auf der Ladefläche, nur von einer Plane umgeben, wird es nachts und im Winter empfindlich kalt. Insbesondere, weil die Einsätze auch mal zwölf Stunden dauern können. Die Hunde können zwar jeweils nur eine Stunde konzentriert schnüffeln und brauchen dann eine Pause. Aber abwechselnd eingesetzt, ist eine längere Suche möglich.

Suche nach einem gebrauchten Sprinter

Ein gebrauchter Sprinter wäre die Lösung. Aktuell läuft dafür ein „Crowdfunding“, die Staffel bittet um Spenden. Etwa 10 000 bis 15 000 Euro würde das Fahrzeug kosten, aber es läuft sehr zäh. Ein passendes Angebot haben sie bereits ausfindig gemacht und den Umbau würden sie auch selbst übernehmen. Doch das Kernproblem ist, dass die Staffel dafür keine Zuschüsse bekommt. „Der Vorhalt der Rettungshunde-Teams ist eine rein freiwillige Aufgabe der Feuerwehren und zählt nicht zu deren Pflichtaufgaben“, teilt der Landesfeuerwehrverband auf Anfrage mit. Ähnlich verhält es sich mit den First-Responder-Einheiten; auch diese sind eine freiwillige Aufgabe der Feuerwehren. „Entschließt sich eine Gemeinde, eine Hundestaffel vorzuhalten, so übernimmt sie auch deren Unterhalt.“

Davon ist man im Pastettener Gemeinderat allerdings nicht so begeistert. Warum sollte die kleine Gemeinde mit 2800 Einwohnern eine Staffel für drei Landkreise finanzieren, das ist immer wieder Thema im Gremium. Entsprechend sparsam wird das gehandhabt: Es gibt 500 Euro – im Jahr. „Es fehlt an Wertschätzung für unsere ,blöden Köter’, wie sie einer mal bezeichnet hat“, sagt Adam. Das dürfte die 62-jährige Geislbacherin, die nach ihrer Operation wohl erst im Februar wieder arbeiten kann, ganz anders sehen.

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