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Teure Lernmittel: Schulbedarf für viele “kaum bezahlbar” | ABC-Z

Stand: 02.08.2025 16:35 Uhr

Klassenfahrten, Schulbücher, Tablets – bis zu 20.000 Euro kann die Schulzeit kosten. Das kann sich nicht jeder leisten. Bildungspakete oder Fördervereine helfen aus. Doch Experten warnen: Die soziale Ungleichheit wird größer.

Der Schulstart nach den Sommerferien bringt für viele Familien nicht nur neue Stundenpläne, sondern auch hohe Rechnungen. Laut Statistischem Bundesamt sind die Preise für Schul- und Lehrbücher im Juni 2025 um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen – deutlich stärker also als die allgemeine Inflationsrate von zwei Prozent.

Für ein komplettes Schulleben fallen laut einer Analyse des Vergleichsportals Idealo im Schnitt rund 20.700 Euro pro Kind an – von der Einschulung bis zum Abitur. Pro Schuljahr sind das etwa 3.600 Euro für Materialien, Klassenfahrten, Verpflegung und Technik.

Lernmittelfreiheit, aber nur teilweise

“Ein riesiges Problem ist, dass Schulbedarf heute immer teurer wird. Gerade für arme Familien oder Alleinerziehende ist das kaum mehr bezahlbar”, sagt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, gegenüber tagesschau.de.

Eigentlich gilt in Deutschland das Prinzip der Lernmittelfreiheit: Öffentliche Schulen sollen grundlegende Lernmaterialien wie Schulbücher zur Verfügung stellen. Doch wie viel kostenlos gestellt wird und was Eltern selbst zahlen müssen, regeln die Bundesländer unterschiedlich. Tablets oder Laptops gehören meist nicht dazu.

Digitaler Unterricht – aber bitte mit eigenem iPad

Gerade hier klafft eine Lücke: In vielen Schulen gehört das Tablet heute fest zum Unterricht – auch zu Hause wird oft erwartet, dass Kinder damit arbeiten. Geräte kosten oft mehrere Hundert Euro. Wer sich das nicht leisten kann, ist im Nachteil. Rechtlich dürfen Schulen zwar nicht verlangen, dass Eltern Tablets kaufen, in der Praxis wird deren Nutzung aber oft vorausgesetzt: für Hausaufgaben, Recherchen oder Lernplattformen.

Manche Kinder bekommen Tablets von der Schule gestellt, aber längst nicht überall. Und selbst wenn: Geräte sind oft knapp, müssen geteilt werden oder können nicht mit nach Hause genommen werden. Wer kein eigenes Gerät hat, steht schnell außen vor und gerät im Lernalltag ins Hintertreffen.

“Wenn Kinder zu Hause nacharbeiten sollen, brauchen sie ein Gerät, WLAN, oft auch einen Drucker. Das ist in der Lernmittelfreiheit gar nicht drin – und die soziale Schere geht auseinander”, erklärt Gerhard Brand, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE).

Wer mehr zahlt, sichert sich bessere Chancen

Wie groß diese soziale Schere ist, zeigt ebenfalls das Statistische Bundesamt: Einkommensstarke Familien geben danach fast dreimal so viel für Bildung aus wie Familien mit niedrigem Einkommen – etwa für bessere Ausstattung, Nachhilfe oder außerschulische Förderung.

VdK-Präsidentin Bentele sieht darin ein strukturelles Problem: “Unser System geht davon aus, dass Eltern Zeit und Geld investieren, das können aber längst nicht alle. Die Bildungsungleichheit wird größer.” Auch im Schulalltag sei der Unterschied oft sichtbar, sagt Verbandschef Brand. “Dann hat man zwei Klassen von Schülern: die, deren Eltern vermögend sind und die anderen. Das ist eine deutliche Ungleichgewichtung im Bildungsverlauf.”

Der Vorsitzende des VBE fordert deshalb mehr Unterstützung vom Bund – und zwar dauerhaft, nicht nur über befristete Programme wie den Digitalpakt. Denn viele Kommunen seien verschuldet und könnten ihre Schulen nicht ausreichend ausstatten.

Hilfen kommen nicht immer an

Zwar gibt es staatliche Unterstützung: Über das sogenannte Bildungspaket können Kinder aus Familien mit Bürgergeld, Wohngeld oder Kinderzuschlag Zuschüsse für Schulmaterialien oder Ausflüge beantragen. Auch Fördervereine oder Schulsozialarbeit helfen manchmal aus.

Aber in der Praxis funktioniert das nicht immer, warnt Bentele: “Auch wenn Schulen einen Förderverein haben, bei dem man Anträge stellen kann, wird es immer Familien geben, die das nicht wollen, weil sie sich schämen oder gar nicht wissen, dass es das gibt. Dann haben die Kinder eben wieder einen Nachteil.”

Chancengleichheit klingt nach einem Grundprinzip im deutschen Bildungssystem, im Schulalltag ist sie aber oft eine Kostenfrage. Und je nach Bundesland, Schulträger und Einkommen bleibt Bildung in Deutschland weiter ungleich verteilt.

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