Tesla muss 243 Millionen Dollar zahlen wegen Autopilot-Unfall | ABC-Z

Tesla hat in einem Rechtsstreit um sein Fahrassistenzsystem Autopilot eine schwere Niederlage erlitten. Die Geschworenen eines Gerichts in Florida entschieden, dass der Autohersteller teilweise die Verantwortung für einen Unfall zu tragen hat, bei dem 2019 eine Frau starb und ihr Freund schwer verletzt wurde. Den Hinterbliebenen der Frau, Naibel Benavides, wurden 59 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen und dem Mann, Dillon Angulo, 70 Millionen Dollar. Außerdem wurden sogenannte „Punitive Damages“ in Höhe von 200 Millionen Dollar verhängt, also eine zusätzliche Strafe, die eine Besonderheit des amerikanischen Rechtssystems ist.
Dies ist das erste Mal, dass Geschworene Tesla in einem Gerichtsverfahren um das Autopilot-System zu Schadenersatz verurteilt haben. In zwei anderen Rechtsstreitigkeiten in Kalifornien entschieden Gerichte 2023, Tesla nicht zur Verantwortung zu ziehen. Eine Reihe anderer Autopilot-Klagen hat Tesla mit Vergleichen aus der Welt geschafft, bevor es zu einem Prozess kam.
Die Geschworenen in Florida befanden jetzt, dass Tesla den Unfall zu einem Drittel zu verantworten hat und der Tesla-Fahrer, der an der Kollision beteiligt war, zu zwei Dritteln. Tesla soll nun ein Drittel des Schadenersatzes zahlen, aber die komplette Strafzahlung übernehmen. Insgesamt ergibt sich für das Unternehmen also eine Summe von 243 Millionen Dollar. Tesla kündigte umgehend an, in die Berufung zu gehen. Der Tesla-Fahrer hatte schon separat von diesem Verfahren einen außergerichtlichen Vergleich mit der Familie der bei dem Unfall gestorbenen Frau geschlossen.
Fahrer fiel das Handy aus der Hand
Zu dem Unfall kam es, als der Fahrer eines Model S von Tesla eine Kreuzung überquerte und mit dem Auto von Benavides und Angulo kollidierte, das auf der anderen Seite geparkt war. Benavides und Angulo standen neben dem Auto und wurden erfasst. Der Fahrer, George Brian McGee, hatte der Klage zufolge das Autopilot-System aktiviert. Bevor er die Kreuzung erreichte, fiel ihm das Handy, mit dem er telefonierte, aus der Hand, und er bückte sich, um es aufzuheben. Er prallte dann mit einer Geschwindigkeit von mehr als 80 Kilometern in der Stunde auf das geparkte Auto, und dieses Fahrzeug erfasste Benavides und Angulo.
Autopilot ist ein Fahrassistenzsystem, erlaubt aber – anders als er der Name suggeriert – kein vollautonomes Fahren. Tesla weist seine Kunden selbst darauf hin, sie müssten auch bei eingeschaltetem Autopiloten stets das Geschehen auf der Straße beobachten und ihre Hände am Lenkrad haben. Gleichwohl haben Kritiker Tesla oft vorgeworfen, die Technologie verführe Fahrer allein schon wegen ihres Namens dazu, leichtsinnig zu werden und nicht auf den Verkehr zu achten. In den vergangenen Jahren ist das Autopilot-System mit Hunderten von Unfällen in Verbindung gebracht worden, darunter einige mit tödlichem Ausgang. Es ist Gegenstand von Ermittlungen der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA.
In der Klage gegen Tesla hieß es, das Autopilot-System habe „Designdefekte“, und das Unternehmen habe es auf eine Art und Weise beworben, die seine Fähigkeiten „übertrieben“ dargestellt habe. Tesla und sein Vorstandschef Elon Musk hätten Fahrer ermutigt, sich übermäßig auf die Technologie zu verlassen. Teslas Anwälte argumentierten dagegen vor Gericht, die Schuld an dem Unfall sei alleine beim Fahrer zu suchen. Der Fahrer sagte auch selbst in dem dreiwöchigen Prozess aus. Er sagte, er hätte gedacht, das Autopilot-System würde ihm zuhilfe kommen, wenn er selbst einen Fehler mache.
Entscheidung könnte Präzedenzfall werden
Tesla sagte am Freitag nach der Entscheidung der Geschworenen: „Das heutige Urteil ist falsch und wird nur dazu beitragen, automobile Sicherheit zurückzuwerfen und die Anstrengungen von Tesla und der gesamten Industrie zur Entwicklung und zum Einsatz lebensrettender Technologie zu gefährden.“
Das Urteil könnte nach Auffassung von Beobachtern Signalwirkung haben. Tesla befindet sich noch inmitten einer Reihe anderer Rechtsstreitigkeiten um das Autopilot-System. Der Analyst Gene Munster von der Investmentgesellschaft Deepwater Asset Management schrieb auf der Plattform X, die Entscheidung könnte einen „Präzedenzfall“ darstellen. Er fügte allerdings mit Hinweis auf das Berufungsverfahren hinzu, er bezweifle, dass Tesla am Ende die jetzt festgelegte Summe bezahlen werde.
Die Niederlage trifft den Autohersteller in einer Zeit, in der er seine Aktivitäten rund um autonomes Fahren schnell voranzubringen versucht. Im Juni startete es im texanischen Austin einen Test mit Robotaxis. Dabei sitzt allerdings im Gegensatz zu manchen anderen Fahrdiensten mit Robotaxis wie Waymo noch ein Sicherheitsfahrer im Auto.
Tesla-Chef Musk hat vor wenigen Tagen eine rasante Expansion des Robotaxi-Dienstes in andere US-Bundesstaaten wie Kalifornien, Nevada und Florida versprochen. Er sagte, wenn die Regulierungsbehörden mitspielten, könnte Tesla bis Ende dieses Jahres mit seinen Robotaxis ein Gebiet abdecken, das die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung umfasst. Musk hat oft gesagt, er sehe Teslas Zukunftspotential nicht mehr in erster Linie in gewöhnlichen Elektroautos, also dem Geschäft, das bisher für den größten Teil des Umsatzes steht. Stattdessen beschreibt er Teslas Aktivitäten rund um autonomes Fahren sowie humanoide Roboter als maßgebliche künftige Standbeine.