Tennis und Mode am Beispiel von Venus Williams und Jannik Sinner – Stil | ABC-Z

Für sie: Die Felltasche
Die Modeindustrie hat die Tenniswelt als Produktplatzierungsbühne entdeckt. Eigenartigerweise aber fast ausschließlich auf der Männerseite. Man fragt sich, warum das so ist: Sind die Jungs wirklich interessantere Typen als die aktuellen weiblichen Tennisprofis? Nun, könnte sein. Die aktuelle Nummer eins der Weltrangliste zum Beispiel, Aryna Sabalenka, machte jetzt während der US Open auch wieder nur mit einem speziell angefertigten Diamantcollier von sich reden. Um Diamanten geht es irgendwie immer bei Tennisspielerinnen, seit Chris Evert 1978 auf dem Court ihr Armband verlor und das Spiel unterbrach, um die Diamanten zu finden (seitdem heißen Diamantenarmbänder „Tennis Bracelets“). Kurz: Tennisspielerinnen treten immer noch auf wie höhere Töchter.
Jetzt aber Auftritt Venus Williams, die 45-Jährige flog zwar bei den US Open im Doppel sowie im Einzel in der ersten Runde raus, aber sie erinnerte uns mit diesen kurzen Comeback-Auftritten daran, dass die Williams-Schwestern den Sport nicht nur sportlich, sondern auch modisch revolutioniert haben. Am ersten Tag des Turniers erschien sie in einem maßgeschneiderten Look vom New Yorker Label Khaite, am zweiten in einem komplett schwarzen Merinowolle-Tennis-Outfit und zu ihrem Einzelduell klassisch in Weiß, aber mit zwei Tennistaschen. Die aus Lammfell ist von Erl, einem Lieblingslabel von Rihanna, und wer jetzt denkt, dass zwei Taschen auf einmal völlig bescheuert sind: Es ist definitiv nicht blöder, als in die Diamanten zu schwitzen.
Für ihn: Der Salonbeutel
Die Strahlkraft des Tennissports scheint ungebrochen zu sein, was vielleicht auch daran liegt, dass er noch weitgehend frei von Skandalen, randalierenden Fans, Doping und sonstigen Begleiterscheinung geblieben ist. Im Gegenteil, gerade bei den US Open sind jedes Jahr alle noch besser angezogen, wird noch stilvoller jedes Match zelebriert und die Luxusmarken bemühen sich noch dringlicher, mit dabei zu sein. Jannik Sinner, der momentan wie kein anderer die Zukunft des Sports auf seinen Schultern trägt, trägt dort schon seit Längerem auch Gucci-Taschen, hier ein Bild von einem Auftritt bei Wimbledon.

Über diese simplen Duffle Bags im klassischen Gucci-Muster kann man viel sagen, zum Beispiel, dass sie gnadenlos überteuert und im Reisealltag eher unpraktisch sind. Aber hier macht Sinner schon einen guten Punkt damit. Der stilistische Witz ist, gerade keine Sporttasche mit auf den Platz zu nehmen, sondern so einen völlig untechnischen Salonbeutel neben die Bank zu pfeffern. Das ist lässig. Eigentlich sind solche Taschen ja nur dort wirklich praktisch, wo man sie keine langen Strecken tragen muss und einfach alles reinwerfen und rauszerren kann. Und eher nicht, wenn man damit gefaltete Hemden und Pullover durch die halbe Welt transportieren will. Der lässige Effekt entsteht übrigens auch, wenn man sie einfach mal als überqualifizierten Krambeutel ins Büro trägt oder zum Baden an den Baggersee mitnimmt. Es gilt eben für alle zu oft gesehenen, albernen Luxusartikel – sie sind nur noch erträglich, wenn man sie richtig mies behandelt. Der völlig verdreckte Porsche von Hank Moody in der Serie „Californication“ ist die Referenz für dieses Prinzip.