Temu und Shein: Habeck nimmt chinesische Billig-Plattformen ins Visier | ABC-Z

Die chinesischen Billig-Plattformen Temu und Shein drängen aggressiv in den europäischen Markt. Händler versenden Produkte oft direkt per Luftfracht und umgehen so Zoll- und Produktkontrollen. Das Wirtschaftsministerium will mit einem Aktionsplan dagegen vorgehen.
Ein Kleid für fünf Euro, eine Smartwatch für elf Euro: Die chinesischen Online-Händler Shein und Temu locken Kunden in Europa mit Kampfpreisen auf ihre Plattformen. Die Qualität der Produkte ist oft zweifelhaft bis gesundheitsschädlich. Und mit Spielen, Glücksrädern und Rabatt-Countdowns drängt Temu seine Kunden immer wieder zu neuen Käufen.
Damit könnte bald Schluss sein: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will Temu und Shein stärker in den Blick nehmen. Ein Sprecher bestätigte, dass ein „Aktionsplan E-Commerce“ entworfen werde. Zuvor hatte das Wirtschaftsmagazin „Capital“ berichtet.
„Es ist von entscheidender Bedeutung, dass gegenüber Händlern aus Drittstaaten bestehende Rechtsvorschriften genauso konsequent durchgesetzt werden wie gegenüber Händlern aus der EU“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums „Capital“. Das gelte sowohl für die geltenden Standards bei Produktsicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz als auch beim Zoll- und Steuerrecht. Das Ministerium prüft demnach neue Maßnahmen sowie die Anpassung bestehender Vorschriften. Weitere Details zu dem Plan sind bisher nicht bekannt.
Grünen-Staatssekretär traf Vertreter von Temu und Shein
In den vergangenen Monaten hat es laut „Capital“ bereits Gespräche mit den Bundesländern sowie der EU-Kommission und dem EU-Parlament gegeben. Staatssekretär Sven Giegold (Grüne) hat sich den Angaben zufolge mit Vertretern von Temu und Shein getroffen. Ziel der Bemühungen sei es, „faire Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer sicherzustellen“.
Shein und Temu erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. 43 Prozent der Verbraucher kaufen bei den Marktplätzen, wie aus einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH hervorgeht. Doch neben der schlechten Produktqualität, mangelnden Kontrollen und den manipulativen Kaufanreizen spielen die Plattformen noch in einem weiteren Punkt nicht nach denselben Regeln wie Wettbewerber.
Die Anbieter nutzen im großen Stil rechtliche Schlupflöcher wie die 150-Euro-Zollfreigrenze. Die asiatischen Plattformen verschicken vor allem per Luftfracht. Bei Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern müssen für Pakete mit einem Warenwert unter 150 Euro bei der Einfuhr keine Gebühren bezahlt werden.
Shein weist Kritik zurück
Shein hatte Kritik an seinen Geschäftspraktiken bisher immer zurückgewiesen. „Unser Geschäftsmodell basiert nicht auf Zollvorteilen“, sagte Shein-Chef Donald Tang im Interview mit dem „Handelsblatt“. Wenn sich das Zollgesetz ändere, werde man dies umsetzen.
Tang widersprach auch dem Vorwurf, das viele Sendungen falsch deklariert seien, um die 150-Euro-Grenze einzuhalten. Das Unternehmen arbeite daran, den Zollbehörden die nötigen Informationen bereitzustellen, bevor die Pakete am Flughafen ankommen. „Wenn die Behörden das von uns möchten, würden wir es tun. Wir wollen das Problem proaktiv lösen.“
Zur Kritik an der Produktqualität erklärte Tang: „Das ist ein Imageproblem. Es gibt das alte Sprichwort: Wenn etwas billig ist, kann es nicht gut sein. Wir ändern das gerade.“ Angesprochen auf angeblich schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Standards sagte er: „Wir sind uns dieser Bedenken bewusst und wir gehen diese Themen eins nach dem anderen an. Aber ich möchte betonen, dass viele dieser Vorwürfe nicht zutreffen.“ Man habe Tests durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Produkte die Vorschriften einhalten.
Shein signalisierte Unterstützung zu den Plänen des Wirtschaftsministers. „Wir sind fest entschlossen, die deutschen und europäischen Gesetze einzuhalten und unterstützen alle Bemühungen, die faire Wettbewerbsbedingungen schaffen, die den Verbrauchern zugutekommen“, sagte eine Sprecherin von Shein auf Anfrage zu dem Aktionsplan. Temu reagierte nicht auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur dpa.
dpa/sebe