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Technischer Defekt oder menschliches Versagen? | ABC-Z

Nach der Kollision eines mit Heizöl beladenen Lastkraftwagens mit einer Straßenbahn im baden-württem­bergischen Ubstadt-Weiher (Landkreis Karlsruhe) ist der ausgebrannte Triebwagen mit zwei Kränen geborgen und zerlegt worden. Die Albtal-Verkehrs­gesellschaft (AVG), die zwischen Nordschwarzwald, Karlsruhe und Neckar­sulm mehre Straßenbahnlinien betreibt, geht derzeit von einem Schaden in ­Millionenhöhe und einer mehrtägigen Streckensperrung aus. „Wenn die ­Strecke von der Polizei freigegeben ist, wird der Triebwagen in zwei Teile zerlegt“, sagte eine Sprecherin der ­Ver­kehrsgesellschaft am Mittwoch. Eine genaue Schadensanalyse müsse folgen. „Es wird in jedem Fall ein Ermittlungs­verfahren eingeleitet“, sagte ein Sprecher des Karlsruher Polizeipräsidiums der F.A.Z. „Ob der Unfall durch einen technischen Defekt oder menschliches Versagen verursacht wurde, lässt sich noch nicht sagen.“

Am Dienstagnachmittag war ein Lastwagen gegen 14.15 Uhr über einen unbeschrankten Bahnübergang gefahren und mit einer Stadtbahn kollidiert, die von Zeutern nach Odenheim fuhr. Die Tram schob den Öllaster mehrere Meter vor sich her. Der Bahnübergang am Ortsausgang von Zeutern ist nur mit einer Ton-und-Licht-Signalanlage ge­sichert, die Straße führt in ein Gewerbegebiet. Durch die Kollision wurden die 59 Jahre alte Zugführerin der Stadtbahn sowie zwei Fahrgäste getötet.

Lastwagenfahrer mit schweren Verbrennungen und Knochenbrüchen in Behandlung

Die zwei Passagiere, die durch die Explosion oder den Aufprall getötet wurden, hatten die Ermittler erst am späten Nachmittag in dem ausgebrannten Triebwagen entdeckt. Zuvor war nur von einem Toten die Rede gewesen. Zehn weitere Passagiere erlitten leichte Verletzungen. Der 49 Jahre alte Last­wagenfahrer wurde mit dem Rettungshubschrauber in eine Klinik gebracht, er wird wegen schwerer Verbrennungen und Knochenbrüche behandelt.

Der Lastwagen und der Triebwagen waren durch die Kollision sofort in Brand geraten. Das Fahrgestell der Tram wurde durch die Wucht des Aufpralls aus dem Waggon gerissen. Das Feuer und die Rauchsäule, verursacht durch den Brand des Heizöls, waren auch von Weitem sichtbar. Zwei Rettungshubschrauber und mehr als 30 Rettungskräfte und Feuerwehrleute waren am Einsatzort. Die Feuerwehren aus ­Ub­stadt-Weiher, Östringen, Kronau sowie Bruchsal wurden am Unfallort eingesetzt. Aus Bruchsal war zudem ein Großtanklöschfahrzeug an­gefordert worden. Zum Löschen des Heizöls ­wurde Löschschaum verwendet. Nach eineinhalb Stunden, gegen 15.40 Uhr, hatte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle; die Fahrerkabine des Last­wagens und der Triebkopf des Zugs brannten vollständig aus. Am Mittwoch bemühten sich die Rettungskräfte, den ­Boden mit blauen Planen abzudecken, um das Einsickern von Heizölresten und Löschwasser zu verhindern.

Verkehrsminister kündigt Untersuchung an

Der Unfall ereignete sich auf der Strecke von Karls­ruhe nach Odenheim, in der Region werden Stadtbahn-Trieb­wagen auf Bahnregionalstrecken ein­gesetzt. Der Vorteil dieses seit 1979 bestehenden „Karlsruher Modells“, das viele andere städtische Verkehrsbetriebe mittlerweile übernommen haben, ist, dass die Züge die Innenstädte durch­fahren und zugleich direkte, umstiegsfreie Verbindungen in Dörfer und kleine Gemeinden angeboten werden können.

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann kündigte eine Untersuchung der Unfall­ur­sachen an. „Stadtbahn- und Eisenbahnkreuzungen erfordern die volle Auf­merk­samkeit aller Verkehrsteilneh­me­rin­nen und Verkehrsteilnehmer“, sagte der Grünenpolitiker. Nach jedem Unfall müsse geprüft werden, wie die ­Sicher­heit an möglichen Unfallstellen verbessert werden könne.

Bahnübergang in Zeutern für viele eine Gefahrenstelle

Nach einer Recherche der „Badischen Neuesten Nachrichten“ (BNN) ereignete sich der bisher letzte schwere Unfall mit einer Straßenbahn vor sieben Jahren in der Region zwischen Kraichgau und Rheinebene, und zwar in dem kleinen Ort Unteröwisheim. Damals rammte eine Tram einen Traktor, ebenfalls auf einem unbeschrankten Bahnübergang. Bei diesem Unfall starb der Traktorfahrer, der Zugführer überlebte.

Den Bahnübergang in Zeutern halten viele Bürger für eine Gefahrenstelle. Wer von der Landstraße in den schmalen Feldweg zum Gewerbegebiet abbiegt, muss schon nach wenigen Metern die Schienen überqueren. Der Kurvenradius ist klein, der Feldweg leicht abschüssig. Bei zu hoher Geschwindigkeit kann ein Fahrer sein Auto bei roter Si­gnalanlage wahrscheinlich nur schwer zum Stehen bringen. Fahrer, die mit den örtlichen Gegebenheiten nicht vertraut sind, könnten das Signal auch über­sehen. Tony Löffler, der Bürgermeister von Ubstadt-Weiher, sagte, der Feldweg in das Gewerbegebiet Fleisch diene ei­gentlich nur als „Behelfszufahrt“.

Eine Sprecherin der Verkehrsgesellschaft AVG sagte: „Wegen der erheb­lichen Schäden an den Bahnanlagen wird diese Strecke wohl für mehrere Tage ­gesperrt werden müssen, es wird ein Pendelzugverkehr und ein Schienenersatzverkehr eingerichtet.“

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