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Tainted-Love-Sänger ist tot: Nachruf auf David Ball – Kultur | ABC-Z

Der Herzschlag klingt, als würde ein Roboter vor Sehnsucht kollabieren. Es zischt, dröhnt und klöppelt in diesem Lied. Der Klang erzählt von der Liebe in Zeiten der fortgeschrittenen Industrialisierung, von der kalten, beschädigten Liebe.

Und trotzdem hat „Tainted Love“, dieser Song, der Ende 1981 zwei Wochen lang auf Platz eins der deutschen Musikcharts stand (buchstäblich zwischen Frank Zanders Hamstern und Gottlieb Wendehals), etwas ungeheuer Umarmendes. Noch heute transportiert er die dunkle, von nächtlichem Neon beleuchtete Empathie, mit der die zwei Musiker ihrem Publikum zu sagen schienen: Bekennt euch doch zu dem, was tief ihn euch wie ein Synthesizer blubbert. Dann kann alles gut werden.

Soft Cell hieß das Duo, das sich mit dieser Version eines alten Soulsongs der Welt vorstellte und drei Millionen Platten verkaufte. Marc Almond war der Sänger, mit Eyeliner und Leopardencharisma – aber die abenteuerlich-visionäre und zugleich unglaublich zeitgemäße Musik dazu machte David Ball, damals 22. Als Kind von einer Familie in der nordenglischen Industriestadt Blackpool adoptiert, hatte er die Uni in Leeds besucht, lernte dort Almond kennen. Zu Balls Vorlieben zählte experimentelle Elektronikmusik aus Düsseldorf und New York, Avantgarde und Tanzpop. Entsprechend klangen die Stücke, die er mit seinen Maschinen für die Kunstperformances des Freundes zusammenschraubte. Dass aus solchen Preziosen seine Lebenskarriere werden würde, ahnte der Technikstudent nicht.

Er hätte eine Wiedervereinigung nicht nötig gehabt

„Was wir machten, hatte viel mit Punk zu tun“, sagte Ball später. „Anstatt drei Akkorde auf einer Gitarre zu dreschen, spielte ich einfach einen einzigen Ton auf dem Synthesizer.“ Auf der Bühne wirkte er dabei eher wie der bullige Bodyguard oder Bewährungshelfer des Nachtfauns Almond, trotzdem ging auch sein Weg nach dem vorläufigen Ende von Soft Cell 1984 immer weiter. Sein Metier als Produzent und Soundexperte blühte erst richtig auf, er arbeitete für Kylie Minogue, Depeche Mode und viele andere. Mit seinem Techno-Projekt The Grid landete er 1994 den Welthit „Swamp Thing“, dessen Video mit dem wildgewordenen Baby auf MTV und Viva damals heiß lief.

Eine Wiedervereinigung von Soft Cell hatte er alles andere als nötig, 2001 fand sie trotzdem statt. Noch im August 2025 spielte er umjubelte Konzerte mit seinem Freund Marc Almond, gerade waren sie kurz davor, ein neues Album fertigzustellen. Am Mittwoch ist der große Künstler David Ball – die Ursache ist nicht bekannt – mit 66 Jahren in seinem Haus in London gestorben.

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