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Klinik in Taufkirchen an der Vils hat Schlüsselrolle in der Huntington-Forschung – Erding | ABC-Z

Chorea-Huntington ist eine unheilbare erbliche Erkrankung des Gehirns, die in Demenz mündet und zum Tod führt. Betroffene leiden an der fortschreitenden Zerstörung eines Bereichs des Gehirns, der für die Muskelsteuerung und grundlegende mentale Funktionen wichtig ist. Dort werden Gehirnzellen durch ein fehlerhaftes Eiweiß zerstört, das infolge eines Defekts des Huntington-Gens gebildet wird. Das KBO-Klinikum Taufkirchen verfügt über die zentrale Anlaufstelle für Betroffene in Süddeutschland. Im vergangenen Quartal hat das Team um Oberärztin Alzbeta Mühlbäck laut einer Pressemitteilung weltweit die meisten neuen Patienten in das internationale Forschungsregister Enroll-HD aufgenommen. Damit zählt das Zentrum zu den zehn erfolgreichsten Studienzentren weltweit – unter mehr als 150 Einrichtungen, die an der Studie teilnehmen.

Das Zentrum wurde 1998 vom damaligen Ärztlichen Direktor des Klinikums, Matthias Dose, gegründet. Er erkannte früh die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit und initiierte daher 2014 die Teilnahme an der Enroll-HD-Registerstudie. Das Projekt verfolgt laut der Pressemitteilung das Ziel, Menschen mit dieser seltenen Erkrankung weltweit in einem gemeinsamen Register zu erfassen. So können Forschende den Verlauf der Erkrankung, mögliche genetische Ursachen und Unterschiede zwischen Patientinnen und Patienten besser verstehen. Neben der Erhebung von Gesundheitsdaten werden laut der Pressemitteilung innerhalb der Studie auch Blutproben gesammelt. Diese helfen Wissenschaftlern, die genetischen Mechanismen der Krankheit zu erforschen und neue, gezielte Behandlungsansätze zu entwickeln.

Seit rund einem Jahr beteiligt sich das Zentrum laut der Pressemitteilung zudem an einer weiteren Studie, HD-Clarity, bei der Nervenwasserproben gesammelt werden. Diese sollen sogenannte Biomarker, messbare biologische Merkmale, identifizieren, die helfen könnten, den Verlauf der Erkrankung besser zu verfolgen oder zukünftige Therapien zu überprüfen. Damit ist das Huntington-Zentrum Taufkirchen auch in dieser internationalen Forschungsinitiative fest verankert.

Die Taufkirchener Oberärztin Mühlbäck gilt als Koryphäe ihres Fachgebiets:  Die Mitglieder der Deutschen Huntington-Hilfe (DHH) haben sie 2021 in den wissenschaftlichen Beirat gewählt. Dieser Expertenkreis unterstützt bei der Erarbeitung der Stellungnahme und des Antrags, um die pränatale Diagnostik und Prä-Implantationsdiagnostik für die Huntington-Krankheit in Deutschland zu ermöglichen, aber auch für die Anerkennung eines sogenannten Huntington-Stuhls als Pflegehilfsmittel und seine Finanzierung durch die Pflegekassen.

„Wir gehören zusammen mit den Kliniken und Einrichtungen aus Münster, Bochum und Ulm zur internationalen Spitzengruppe“, hebt Mühlbäck in der Pressemitteilung hervor. „Die Anstrengungen der vergangenen Jahre haben sich gelohnt und wir leisten damit einen wichtigen Beitrag, um die Krankheit eines Tages besser behandeln zu können.“ Inzwischen sind 550 Patientinnen und Patienten im Huntington-Zentrum in Taufkirchen registriert. Ein Beweis für das Vertrauen der Betroffenen und die hohe medizinische Kompetenz des Hauses.

Das Alleinstellungsmerkmal des Huntington-Zentrums Süd ist das umfangreiche und bewährte Behandlungsangebot mit einer Ambulanz und 19 stationären Betten. Pro Jahr behandelt das Huntington-Zentrum Süd etwa 350 Patientinnen und Patienten aus dem gesamten süddeutschen Raum. Derzeit gibt es in Deutschland 15 ambulante und stationäre Huntington-Zentren. Etwa 8000 Menschen sind in Deutschland von der Erkrankung betroffen, die meist zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr ausbricht. Die Zahl der genetischen Anlageträger liegt bei etwa 90 000.

Das Huntington-Gen ist seit 1993 entschlüsselt, man weiß auch um die Veränderungen im Gehirn, die bestimmte Gehirnanteile schrumpfen lässt und Verbindungen deutlich geringer ausbildet. Diese Störung der Nervenzellen vollzieht sich während einer sehr langen Phase, in der man intervenieren kann. Eine konkrete Hoffnung, beim Fortschreiten der Erkrankung eingreifen zu können, beruht darauf, die die Nachbildung der Bauanleitung in den Genen zu reduzieren. Der erhoffte Durchbruch ist aber bisher nicht gelungen.

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