Politik

Gazakrieg: Palästinenser stürmen Lebensmittelverteilungszentrum in Rafah | ABC-Z

Tausende Palästinenser haben nach israelischen Medienberichten ein neues Zentrum zur Verteilung von Lebensmitteln im südlichen Gazastreifen gestürmt. Mitarbeiter der neu gegründeten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) hätten sich angesichts des Chaos zeitweise zurückgezogen, berichtete das israelische Nachrichtenportal ynet. US-Wachleute gaben demnach Warnschüsse ab. Berichte über Verletzte bei dem Vorfall in Rafah gibt es bisher nicht.

Aufnahmen im Netz zeigten wartende Menschen, die durch einen abgesperrten
Korridor auf ein großes offenes Feld liefen, wo die Hilfsgüter gestapelt
waren. Große Teile des Zauns wurden abgerissen, als die Menschen sich
auf das Gelände drängten.  

Die Vereinten Nationen bezeichneten die Aufnahmen als “herzzerreißend”. “Wir und unsere Partner haben einen detaillierten, prinzipientreuen und durchdachten Plan, der von Mitgliedsstaaten unterstützt wird, um Hilfe zu einer verzweifelten Bevölkerung zu bringen”, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric. Die humanitären Hilfen müssten dringend ausgeweitet werden, um eine Hungersnot abzuwenden.

Nach der monatelangen Blockade von Hilfsgütern durch Israel, die
erst zuletzt etwas gelockert worden war, sind viele Menschen in dem
umkämpften Küstenstreifen in einer verzweifelten Lage. “Ich stand mit Hunderten von Bürgern in einer Schlange an einer
Ausgabestelle für Hilfsgüter in Rafah, als plötzlich eine große
Menschenmenge zu drängeln begann”, berichtete ein Bewohner des
Gazastreifens. “Das lag an der fehlenden Hilfe und der verspäteten
Verteilung, deshalb haben sie versucht, hineinzukommen, um sich zu
nehmen, was sie konnten.” Irgendwann seien Schüsse gefallen. Einige hätten trotz der Gefahr
versucht, sich Hilfsgüter zu nehmen.

GHF-Mitarbeiter zogen sich gemäß Vorschrift zurück

Ein Journalist der Nachrichtenagentur AP berichtete von israelischen Panzern in der Nähe des Verteilzentrums. Er habe aus einiger Entfernung auch den Panzer
schießen hören. Rauch sei an einer Einschlagstelle aufgestiegen. “Die Situation war sehr gefährlich, und die Menschen hatten Angst”, sagte der Hilfesuchende Saleh Abu Nadschdschar.

Ein GHF-Sprecher teilte Medien mit, dass die Gruppe selbst keine Schüsse
abgefeuert habe. Die Beschäftigten hätten sich wegen der großen Zahl der
Hilfesuchenden den Vorschriften entsprechend zurückgezogen, in der
Hoffnung, dass sich die Menge zerstreue. Einer “kleinen Anzahl von
Bewohnern des Gazastreifens” solle so die sichere Entgegennahme von Hilfsgütern möglich gemacht worden sein. Der normale Betrieb sei rasch wieder aufgenommen worden.

Die von den USA unterstützte GHF war im Zuge des zunehmenden internationalen Drucks auf Israel wegen der Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen gegründet worden. Der Umfang der GHF-Hilfe soll dabei jeden Tag größer werden. Bisher seien rund 8.000 Lebensmittelpakete verteilt worden, hieß es. Jedes Paket könne 5,5 Menschen für 3,5 Tage ernähren. Insgesamt seien es 462.000 Mahlzeiten. 

UN werfen GHF vor, Hilfsgüter “als Waffe einzusetzen”

Vertreter der UN stehen kritisch zu der neu gegründeten Organisation. Es wird befürchtet, dass die Hilfsgüter der GHF “als
Waffe eingesetzt” werden, indem bestimmt werde, wer diese erhalte. Das solle zur Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen beitragen, so die Befürchtungen. Außerdem kooperiere die Organisation einseitig mit Israel. Palästinenser seien kaum an der Verteilung der Hilfsgüter beteiligt. 

Das Hamas-Medienbüro teilte mit, dass der von Israel initiierte Mechanismus zur Verteilung von Hilfsgütern ein “totaler Misserfolg” sei. Zuvor hatte das von der Hamas kontrollierte Innenministerium die Einwohner des Gazastreifens dazu aufgerufen, den neuen Verteilmechanismus zu boykottieren.

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