São Paulo: Apotheke werden wegen Abnehmspritzen überfallen – Panorama | ABC-Z

Im Süden von São Paulo liegt Brooklin Novo, ein vergleichsweise wohlhabendes Viertel mit Wohn- und Geschäftsgebäuden, Shoppingzentren, Supermärkten und auch Apotheken. Eine von ihnen wurde Ende April überfallen, nachts und von drei Dieben, die von der Polizei jedoch noch an Ort und Stelle gefasst wurden. Die Beamten stellten bei ihnen etwas gestohlenes Bargeld sicher, dazu aber auch noch einen ganzen Berg von Medikamenten. Keine Schmerz- oder Betäubungsmittel allerdings, stattdessen Schachteln mit Ozempic und Wegovy, auch bekannt als Abnehmspritzen.
Sie enthalten Wirkstoffe, die ursprünglich einmal zur Behandlung von Diabetes gedacht waren. Dazu zügeln sie aber auch den Appetit, weshalb die Präparate vermehrt auch zur Gewichtsabnahme eingesetzt werden, erst nur von Hollywoodstars und Superreichen, längst aber auch von der – Verzeihung – breiten Masse. In Europa, Asien, den USA und eben auch Brasilien.
Das südamerikanische Land gilt seit jeher als besonders körperbewusst. Viele Männer stählen ihre Muckis, und am Strand tragen Frauen oft Bikinis, die so knapp sind, dass sie allgemein nur „fio dental“ genannt werden: Zahnseide.
Gleichzeitig aber legen die Brasilianer immer mehr Pfunde zu: In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die Zahl der Menschen mit Übergewicht mehr als verdoppelt. Schuld, da sind sich die meisten Experten einig, sind einerseits gestiegener Wohlstand, andererseits aber auch ungesunde Ernährungsgewohnheiten, Fast Food, Softdrinks, fettes Essen. Und so schnell die Kilos drauf sind, so schwierig ist es meist, sie wieder runterzubekommen. Es braucht strenge Diäten und schweißtreibendes Training.
Verlockend, aber auch umstritten – und sehr teuer
Wie verlockend ist da doch das Versprechen auf stressfreies Abnehmen, der modernen Medizin sei Dank! Schon lange boomen darum in Brasilien die Schönheitsoperationen, nun kommen eben auch noch Präparate wie Ozempic und Wegovy hinzu. Diese aber sind ebenfalls umstritten, wegen ihrer Nebenwirkungen, aber auch, weil sie teuer sind: Teilweise kostet eine Monatspackung mehrere Hundert Euro. Viel Geld für Brasilianer – und ein lohnendes Geschäft für Kriminelle.
Sie rauben Apotheken aus, leeren die Kassen und dazu auch die Kühlschränke, in denen die Abnehmspritzen lagern. Diese wiederum werden dann auf dem Schwarzmarkt verscherbelt, allein in São Paulo soll es im Januar und Februar im Schnitt fast jeden Tag einen Überfall auf eine Apotheke gegeben haben.
Immer wieder kommt es zu Schießereien, teilweise gibt es auch Verletzte. Und längst versuchen Händler, sich zu schützen, mit Kameras und Wachleuten oder indem sie die Abnehmspritzen ganz aus dem Sortiment nehmen: lieber keine Diebe anlocken.
Die Polizei ist bisher weitgehend machtlos. Bleibt am Ende nur die Hoffnung, dass sich das Problem von selbst erledigt. Denn in ein paar Jahren wird der Patentschutz für einen der Wirkstoffe auslaufen, und schon jetzt arbeiten Firmen im Land auf Hochtouren daran, Generika herzustellen. Diese werden dann vermutlich günstiger sein und die Apothekenüberfälle damit hoffentlich weniger attraktiv. Der Markt als Medizin, sozusagen.