Libyer wieder freigelassen: Hinweise auf Anschlagspläne von Omar A. waren fingiert | ABC-Z

Libyer wieder freigelassen
Hinweise auf Anschlagspläne von Omar A. waren fingiert
18.01.2025, 11:14 Uhr
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Im Herbst 2024 meldete die Bundesanwaltschaft die Festnahme eines mutmaßlichen IS-Terroristen. Omar A. soll einen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin geplant haben. Nun stellt sich heraus: Der Chat-Verlauf, der die Ermittler auf seine Spur brachte, war offenbar fingiert.
Ende Oktober 2024 melden deutsche Sicherheitsbehörden, sie hätten einen islamistischen Anschlag auf die israelische Botschaft in Berlin vereitelt. Ein mutmaßlicher Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sei in Brandenburg festgenommen worden. Dem 28-jährigen Libyer Omar A. wurde von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, „einen öffentlichkeitswirksamen Anschlag mit Schusswaffen“ geplant zu haben.
Doch nun stellt sich heraus, dass A. keineswegs Terrorpläne schmiedete. Anfang Januar ließen die Behörden den Libyer wieder frei, nachdem kein dringender Tatverdacht mehr gegen ihn besteht. Dem „Spiegel“ zufolge hob der Bundesgerichtshof auch den Haftbefehl auf.
Der Hinweis auf Omar A. war demnach wie auch schon in früheren Fällen von einem ausländischen Nachrichtendienst gekommen. Laut einem ARD-Bericht wurden Auszüge einer Chatkommunikation übermittelt, die Omar A. mit einer Person geführt haben soll, die dem sogenannten Islamischen Staat zugerechnet wurde. In dieser Kommunikation soll er die Absicht geäußert haben, einen Anschlag auf die israelische Botschaft zu verüben.
Brisante Infos nicht vorhanden
Im Laufe der Ermittlungen habe sich jedoch herausgestellt, dass A. zwar mit der betreffenden Person gechattet, aber dabei keinen Kontakt zum IS gesucht hatte. Stattdessen war er demnach auf der Suche nach einer Ehefrau. A. schrieb der Frau Nachrichten, schickte Fotos und offenbarte sich privat.
Die Ermittler bekamen Einblick in die Chats, nachdem A. nach seiner Festnahme das Passwort für sein Handy freimütig preisgegeben hatte. Bei der Sichtung wurden zahlreiche Nachrichten romantischen Inhalts gefunden, aber keine Äußerungen zu einem geplanten Anschlag. Die brisanten Teile der Chats, die der ausländische Nachrichtendienst übermittelt hatte, waren nicht auffindbar. Dass Omar A. sie selbst gelöscht haben könnte, konnte ausgeschlossen werden.
Schon bei der Durchsuchung seiner Wohnung und der eines Onkels im Rhein-Sieg-Kreis bei Bonn waren keine Waffen oder Hinweise auf eine Anschlagsvorbereitung gefunden worden.
Überstürzte Freilassung
Bei der Rücksprache mit dem ausländischen Nachrichtendienst habe sich herausgestellt, dass dieser den angeblich brisanten Chat von einem sogenannten Nachrichtenhändler eingekauft hatte. Diese Händler bieten Nachrichtendiensten Informationen für Geld an, die sie anderweitig und möglicherweise auch illegal erhalten. Inzwischen wird vermutet, dass der Nachrichtenhändler in diesem Fall den Chat fingierte. Bei der Gesprächspartnerin auf der anderen Seite handelte es sich offenbar um eine Frau, die dem IS nahestand, die aber offenbar keinerlei Heiratspläne hatte.
Omar A. sei schließlich so überstürzt freigelassen worden, dass er eine Nacht in einer Obdachlosenunterkunft in Brandenburg an der Havel verbrachte, bevor er am nächsten Tag in seine Unterkunft in Bernau zurückkehren konnte. Von seinem Verteidiger hieß es, sein Mandant sei sicher, dass die weiteren Ermittlungen seine Unschuld belegen würden. Es könne sich nur um eine Verwechslung handeln oder er sei böswillig hintergangen worden.
A. war Anfang November 2022 nach Deutschland gekommen und stellte im Januar 2023 in Eisenhüttenstadt in Brandenburg einen Asylantrag. Dieser wurde im September 2023 abgelehnt. Geklagt hatte er den Angaben zufolge gegen die Entscheidung nicht und war seitdem ausreisepflichtig. Seine Festnahme löste eine Debatte über eine Verschärfung des sogenannten Sicherheitspaketes aus.