Heidenheim: Kevin Müller verletzt – VfL Bochum kämpft gegen Abstieg – Sport | ABC-Z

Als die Spieler in ihre Kabine gingen, drang von außen immer wieder der Name des schwer verletzten Keepers in die Katakomben. „Ke-vin Müll-er“, skandierten tausende.
Wahrscheinlich ging es den Leuten auf den Rängen in dem Moment nicht anders als den Spielern selbst. Unmittelbar nach Abpfiff war es halt wieder da, das Gefühl, dass man an diesem Abend nicht zur gewohnten Routine zurückkehren darf: Kurz nach der Halbzeit war der Heidenheimer Torwart nach einem hohen Ball mit Bochums Ibrahima Sissoko zusammengestoßen und bewusstlos auf dem Rasen liegen geblieben. Tim Siersleben leistete Erste Hilfe und brachte den Kollegen in die stabile Seitenlage. Dann wurde Kevin Müller zehn Minuten lang, abgeschirmt von einem Sichtschutz, behandelt und schließlich ins Krankenhaus gebracht. „Er war kurz weg, ist dann aber wieder zu sich gekommen“, berichtete sein Trainer Frank Schmidt, der eine Stunde nach Abpfiff aber guter Dinge schien, dass sein Schlussmann bald wieder spielen könne.
Während der gesamten Behandlungsphase hatte es nach dem ersten Schock Applaus gegeben, beide Fanlager skandierten Müllers Namen. „Fans haben ein feines Gespür für die Situation, wenn es wirklich mal schlimm ist“, sagte Heidenheims Mittelfeldspieler Marnon Busch. „Dann zählt wirklich nur, dass es dem Menschen bald gut geht.“
Dieter Hecking würde den Weg in die zweite Liga wohl auch aufgrund der weichen Faktoren mitgehen
Weitergespielt wurde dann trotzdem, und es wäre verwunderlich gewesen, wenn man den Spielern nicht zunächst angemerkt hätte, was sie gerade gesehen hatten. Nach einer völlig ereignislosen ersten Hälfte, in der Bochum ein wenig strukturierter wirkte, gab es auch einige wenige Torchancen zu sehen. Bochums Myron Boadu traf erst den Pfosten (66.) und lupfte dann den Ball übers Tor (90.+3). Auf der anderen Seite hielt Timo Horn einen Schlenzer von Adrian Beck (90.+10).
Ansonsten interpretierten die beiden Mannschaften den Sinn des Spiels dahin gehend um, dass es darauf ankommt, kein Tor zu kassieren. „Unterbewusst schleicht sich vielleicht ein kleiner Sicherheitsgedanke ein“, meinte Busch. Was man ja auch verstehen kann, wenn der eine Gegentreffer im Falle der Bochumer den Abstieg und in dem der Heidenheimer deutlich schlechtere Chancen im Kampf um Relegationsplatz 16 bedeutet hätte.
Dass es auch für seine Heidenheimer „um alles“, vielleicht aber nicht, wie beim VfL, „um alles oder nichts“ gehe, hatte Frank Schmidt bereits vor dem Spiel hübsch formuliert. Nichts war es nun nicht, dieser Punkt, den Bochum ergatterte. Aber eben „viel zu wenig in unserer Situation“, wie der neue Sport-Geschäftsführer Dirk Dufner sagte. 22 Punkte hat der VfL auf dem Konto, vier weniger als Heidenheim. Das wäre selbst dann kaum noch aufzuholen, wenn man nicht auch noch das deutlich schlechteste Torverhältnis hätte. Und wenn bei noch zwei ausstehenden Spielen wohl nicht mal zwei Siege reichen, sieht es schon sehr nach Abstieg aus. Es klang dann verständlicherweise nach einer Pflichtübung, als Bochums Timo Horn brav versicherte, man werde „kämpfen, so lange es möglich ist.“
Immerhin, am Ende der Pressekonferenz, als sich der lange Abend auf der Ostalb kurzzeitig beinahe wie ein normaler Fußballabend anfühlte, gab es doch noch eine aus Bochumer Sicht erfreuliche Nachricht. Er habe ein „sehr wertschätzendes Angebot“ vom VfL erhalten, berichtete Dieter Hecking, der erklärtermaßen auch wegen der weichen Faktoren den Weg in die zweite Liga mitgehen würde: „Wenn man sich wohlfühlt im Verein, die Wertschätzung spürt, die man vom Verein, den Fans und dem Umfeld bekommt, dann muss man in meinem Alter auch mal fragen: Was willst du eigentlich? Willst du Spaß haben, oder von Verein zu Verein wechseln?“
Hecking ließ aber durchblicken, dass sein Ja („wie in einer Ehe“) auch „an Bedingungen geknüpft“ gewesen sei. Das sei dann „der Ehevertrag“. Dieser dürfte vorsehen, dass er ab Juli eine Mannschaft trainieren darf, die gut genug ist, um wieder aufzusteigen.