Nahost-Liveblog: ++ Armee öffnet neue Fluchtroute für 48 Stunden ++ | ABC-Z

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Bis Freitag können die Menschen in Gaza-Stadt über eine neue Fluchtroute die Kampfzone verlassen. In Großbritannien werden zehn schwerkranke Kinder aus dem Gazastreifen behandelt.
Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:
Nach dem Beginn ihrer Großoffensive in der Stadt Gaza hat die israelische Armee heute für zwei Tage eine neue Evakuierungsroute für Flüchtende geöffnet. Die Fluchtroute “entlang der Straße Salah al-Din und südlich vom Wadi Gaza” ist seit Mittag offen, wie Armeesprecher Avichay Adraee im Onlinedienst X mitteilte. Sie werde aber “nur für 48 Stunden” offen bleiben und am Freitag um 12.00 Uhr (Ortszeit, 11.00 Uhr MESZ) wieder geschlossen.
Nach Armeeangaben flohen seit Beginn der Offensive in der Nacht zum Dienstag schon mehr als 350.000 Menschen aus der Stadt, die laut UN-Schätzungen im August noch rund eine Million Einwohner zählte.
In Reaktion auf die Entwicklungen im Gazastreifen schlägt die Europäische Kommission den EU-Staaten das Verhängen weitreichender Sanktionen gegen Israel vor. Nach dem Willen der Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen sollten unter anderem Freihandelsvorteile gestrichen und Strafmaßnahmen gegen extremistische israelische Minister und Siedler veranlasst werden.
Bei den Ministern, die die Kommission mit Sanktionen belegen möchte, handelt es sich um Finanzminister Bezalel Smotrich und den Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir. Den Angaben zufolge sollen zudem zehn Mitglieder des Politbüros der Hamas mit Sanktionen belegt werden. Diese hielten sich zum Teil im Gazastreifen und im Westjordanland und zum Teil im Ausland auf, sagte eine hochrangige Kommissionsvertreterin.
Die EU-Kommission hat ihre Vorschläge dem Rat der EU-Länder vorgelegt. Der muss die Aussetzung der Handelsaspekte des Abkommens mit einer qualifizierten Mehrheit billigen. Das heißt, dass mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten dafür stimmen müssen, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung beheimaten. Für die Sanktionen ist eine einstimmige Zustimmung notwendig.
In Großbritannien werden zehn schwerkranke Kinder aus dem Gazastreifen behandelt. Die Weltgesundheitsorganisation teilte mit, sie habe die medizinische Evakuierung der Kinder unterstützt. Sie sollen mit etwa 50 Begleiterinnen oder Begleitern in Großbritannien eingetroffen sein.
Die britische Regierung teilte mit, dass sie dafür sorge, dass die Familien eine “angemessene Unterstützung” erhielten. “Jedes Kind verdient die Chance, zu gesunden, zu spielen, einfach wieder dazu in der Lage zu sein, zu träumen”, teilte der britische Gesundheitsminister Wes Streeting mit. Für die kommenden Wochen werden weitere Kinder aus dem Gazastreifen im Land erwartet.
Die Bundesregierung hat sich nach Angaben von Regierungssprecher Stefan Kornelius noch nicht entschieden, ob sie EU-Sanktionen gegen Israel unterstützen wird. Die EU-Kommission werde Vorschläge noch heute vorlegen. “Die Bundesregierung hat sich noch keine abschließende Meinung darüber gebildet”, sagte der Sprecher. Sanktionen müssten zielgerichtet sein.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, unterstützt eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost. Die Voraussetzung dafür müsse sein, “dass die Gründung und Anerkennung eines palästinensischen Staates am Ende aus erfolgreichen Friedensverhandlungen mit Israel hervorgeht und es gleichzeitig gelingt, einen dauerhaften Frieden zu erreichen”, sagte Schuster in einem Interview in “Politik & Kultur”, der Zeitung des Deutschen Kulturrates.
“Ich würde eine Zwei-Staaten-Lösung, also die Existenz zweier gleichberechtigter Staaten, die friedlich nebeneinander leben, absolut begrüßen”, betonte Schuster. “Solange es aber auf palästinensischem Gebiet eine Terrororganisation wie die Hamas gibt, solange es eine Hisbollah gibt, sehe ich hierfür keine Chance.”
Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen heute nach Angaben aus Paris neue Atomgespräche mit dem Iran führen. Für 11.45 Uhr sei ein Telefonat geplant, hieß es aus französischen Diplomatenkreisen. An dem Gespräch mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi nehmen demnach Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU), sein französischer Kollege Jean-Noël Barrot und die britische Chefdiplomatin Yvette Cooper teil.
Die sogenannten E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die 2015 an der Aushandlung des Atomabkommens mit dem Iran beteiligt waren, hatten im August den sogenannten Snapback-Mechanismus zur Wiedereinsetzung von Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Teheran ausgelöst. Sie begründeten dies damit, dass sich der Iran nicht an seine Verpflichtungen zur Begrenzung seines Atomprogramms halte.
Sollte es zu keiner Einigung mit Teheran kommen, müssten die im Rahmen des Iran-Atomabkommens ausgesetzten Sanktionen des UN-Sicherheitsrats Ende September wieder in Kraft gesetzt werden. Die Außenminister der E3-Staaten hatten zuletzt am 28. August mit Araghtschi telefoniert. Seitdem führten die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas und Barrot bilaterale Gespräche mit dem iranischen Außenminister.
Im Gazastreifen hat es bei israelischen Angriffen einem palästinensischen Bericht zufolge erneut viele Todesopfer gegeben. Seit dem Morgen seien 17 Menschen ums Leben gekommen, unter ihnen sieben in der Stadt Gaza, meldete die Nachrichtenagentur Wafa. Unter den Opfern soll demnach auch eine schwangere Frau gewesen sein.
Israels Armee erklärte unterdessen, sie habe in der Stadt Gaza in den vergangenen zwei Tagen mehr als 150 Ziele angegriffen, darunter “Terroristen” und “militärische Strukturen”. Mehrere israelische Medien berichteten unter Berufung auf die Armee, die Luftwaffe habe in der Nacht rund 50 Ziele im Gazastreifen ins Visier genommen. Die meisten Angriffe soll es demnach in der Stadt Gaza gegeben haben, wo Israel seit der Nacht auf Dienstag auch eine große Bodenoffensive durchführt.
Die Angaben des israelischen Militärs und jene der Nachrichtenagentur Wafa ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Das katarische Außenministerium hat die neue israelische Bodenoffensive in der Stadt Gaza scharf verurteilt. Der Einsatz sei eine “Ausweitung des Völkermordkrieges” gegen die Palästinenserinnen und Palästinenser, teilte das Außenministerium auf der Plattform X mit.
Israel weist Vorwürfe zurück, es begehe bei seinem Krieg gegen die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen Völkermord. Katar ist darüber verärgert, dass Israel in der vergangenen Woche einen Luftangriff in dem Land flog, bei dem fünf Mitglieder der militant-islamistischen Hamas und ein Sicherheitsbeamter ums Leben kamen.
Grünen-Chefin Franziska Brantner erwartet von der Bundesregierung Unterstützung für ein härteres europäisches Vorgehen gegen die israelische Regierung. Die Bundesregierung müsse ihre Blockade aufgeben, sagte Brantner der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. “Appelle und Aufforderungen werden der Situation in Gaza und auch der Westbank nicht mehr gerecht, auch die Situation der Geiseln wird jeden Tag hoffnungsloser”, erklärte Brantner.
Die SPD stehe offenbar an der Seite von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die Sanktionen verhängen will. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte in einem Interview mit dem Sender Euronews an die Bundesregierung appelliert, die Pläne für europäische Handelssanktionen gegen Israel zu unterstützen oder alternativ andere Druckmittel vorzuschlagen – zu Recht, wie Brantner sagte.
In der Debatte um mögliche EU-Wirtschaftssanktionen gegen Israel wegen dessen Vorgehens im Gazastreifen hat Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) Zurückhaltung aus Deutschland gefordert. “Was ist denn dann die Folge? ‘Kauft nicht mehr bei Juden’? Das hatten wir alles schon mal”, sagte Spahn im ZDF-Morgenmagazin mit Blick auf Vorschläge der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Handelsvereinbarungen zwischen der EU und Israel auszusetzen.
Mit dem historischen Zitat bezog sich Spahn auf berüchtigte Boykottaufrufe der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren, mit denen diese die Existenz jüdischer Geschäftsleute zerstören wollten. Beim Thema Israel und Gaza sei gerade in Deutschland “sehr schnell die Balance weg und es kippt ins Antisemitische”, fügte er hinzu. “Wir müssen sehr aufpassen, wie wir diese Debatten führen.” Die Bundesregierung tue das “mit der nötigen Balance”.
Mehr als 20 Hilfsorganisationen rufen die Staatengemeinschaft zu mehr Einsatz für ein Ende des Gaza-Kriegs auf. “Regierungen müssen handeln, um die Auslöschung des Lebens im Gazastreifen zu verhindern und die Gewalt und Besatzung zu beenden”, heißt es in der Erklärung.
Zu den unterzeichnenden Hilfsorganisationen gehören Save the Children, Oxfam, Ärzte ohne Grenzen und Handicap International.
Die israelische Armee hat die Öffnung einer neuen, zeitlich begrenzten Evakuierungsroute für Bewohner der Stadt Gaza angekündigt. Ab heute Mittag um 12.00 Uhr (Ortszeit, 11.00 Uhr MESZ) werde eine Fluchtroute “entlang der Straße Salah al-Din und südlich vom Wadi Gaza geöffnet”, erklärte Armeesprecher Avichay Adraee im Onlinedienst X. Die Route werde “nur für 48 Stunden geöffnet”.
Der Iran hat heute die Todesstrafe an einem Mann vollstreckt, der angeblich für Israel spioniert haben soll. Aktivisten bestreiten den Vorwurf und sagen, der Mann sei unter Folter zu einem falschen Geständnis gezwungen worden. Dem Mann wird vorgeworfen, sensible Informationen über iranische Rechenzentren und Sicherheitsanlagen gesammelt und an israelische Auftraggeber verkauft zu haben.
Das israelische Militär geht davon aus, dass die Einnahme von Gaza-Stadt und die Zerstörung der terroristischen Infrastruktur viele Monate dauern wird. Die EU-Außenbeauftragte Kallas hat die Bodenoffensive scharf kritisiert.





















