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FC Liverpool: Vertragsgespräche mit Salah, van Dijk und Alexander-Arnold – Sport | ABC-Z

Ian Graham gewährte vor einigen Tagen einen Einblick in die komplizierten Vertragsgespräche des FC Liverpool mit dem Torjäger Mohamed Salah. Der frühere Datenchefanalyst des Vereins, der in Liverpool für alle Transfers zuständig gewesen und 2023 nach elf Jahren freiwillig von seiner Stelle zurückgetreten war, berichtete von den internen Überlegungen bei den letztmaligen Verhandlungsrunden mit dem Ägypter. Vor dessen Unterschrift im Sommer 2022 für drei weitere Spielzeiten habe er dem Liverpooler Management empfohlen, dem damals 30-jährigen Salah aufgrund seines Alters eher keinen neuen Kontrakt auszuhändigen, sagte Graham auf dem „Business of Football Summit“ der Financial Times.

Doch die Macht der Statistiken habe ihn seinerzeit gezwungen, einen „objektiven Standpunkt einzunehmen“. Er sei „überrascht“ gewesen, räumte Graham ein, wie Fußballer von Salahs Kaliber auch nach ihrem 30. Geburtstag noch „auf dem gleichen Spitzenniveau“ performen könnten. Daher habe man sich entschieden, um Salahs Verbleib zu kämpfen, was letztlich ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen sei.

Grahams Gedanken stehen sinnbildlich für das neuerliche spektakuläre Vertragsschattenschauspiel, das der Liverpool Football Club und seine drei wichtigsten fußballerischen Angestellten seit vielen Monaten an der Anfield Road aufführen. Denn in diesem Juni läuft nicht nur Salahs Kontrakt aus, sondern auch die Arbeitspapiere des Kapitäns Virgil van Dijk und des Rechtsverteidigers Trent Alexander-Arnold. Sie könnten den Klub in vier Monaten ablösefrei verlassen. Derzeit beträgt ihr Marktwert insgesamt 150 Millionen Euro.

Eine solche Konstellation hat es im Spitzenfußball möglicherweise noch nie gegeben. In monatelangen, zermürbenden Unterredungen wird offenbar mehr gepokert, geblufft und verzögert als in der Casinostadt Las Vegas – wobei man witzelnd einwerfen könnte, dass dies genau die Domäne des US-Börsenhändlers John W. Henry ist, der zusammen mit seinen Geschäftspartnern Tom Werner und Mike Gordon den Traditionsverein über die in Boston ansässige Investmentfirma Fenway Sports Group (FSG) kontrolliert. Deren Geschäftsmodell besteht prinzipiell aus dem Handel und der Spekulation mit Profisportvereinen.

Der Verein ist bestrebt, möglichst wenige Über-30-Jährige zu beschäftigen

In der Regel drängen Fußballklubs darauf, mit ihren Leistungsträgern frühzeitig zu verlängern oder sie bei einer fehlenden Einigung zu verkaufen, um am Ende nicht unter Druck zu geraten. Beim FC Liverpool sieht es so aus, als verhalte es sich eher umgekehrt – als sähen die Spieler die Vertragsverlängerungen dringlicher als ihr Verein. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Reds den Fehler von Manchester City vermeiden möchten, das in dieser Saison furios eingebrochen ist: Liverpools Dauerrivale beschäftigt neun Spieler, die älter als 30 Jahre sind und nicht mehr an ihr altes Niveau herankommen. Meist sind erfahrene Spieler anfälliger für Verletzungen und stehen weiter oben im Gehaltsgefüge.

Zwar lässt sich davon ausgehen, dass Liverpool gern alle drei über die Saison hinaus behalten möchte, doch ist die Klubführung nicht ohne Weiteres bereit, ihren Forderungen nachzugeben. Dem Vernehmen nach gehen die Vorstellungen deutlich auseinander, finanziell und bei der Vertragslaufzeit. Seit der FSG-Übernahme 2010 ist der Merseyside-Klub bestrebt, möglichst wenige Profis über 30 zu beschäftigen. Van Dijk ist 33, Salah 32, Alexander-Arnold 26. Für die Erstgenannten könnte es der letzte hoch dotierte Kontrakt in Europa sein. Wenn solche Spieler nachließen, zeige sich das mehr in der Verringerung der Spielminuten als in einer grundsätzlichen Abnahme der Qualität, erklärte Graham.

Trent Alexander-Arnold würde gerne Liverpools Kapitän werden, andererseits hat wohl Real Madrid Interesse an ihm. (Foto: Paul Ellis/AFP)

Aktuell befinden sich Salah und van Dijk nach beiden Kriterien in bestechender Form. Sie sind mit Abstand die am häufigsten eingesetzten Spieler des Kaders und mit ihren Leistungen unverzichtbar. Auch ihretwegen führt Liverpool die Premier League an und gilt als Favorit im Champions-League-Rendezvous mit Paris Saint-Germain. Das Achtelfinalhinspiel steigt am Mittwoch (21 Uhr) in Paris. Trotz der Weltklasseleistungen von Salah und van Dijk besitzt der LFC eine gute Verhandlungsposition. Das liegt einerseits daran, dass der Klub über ein hervorragendes Sichtungsnetzwerk verfügt und sogar den Weggang des Trainers Jürgen Klopp durch Arne Slot ohne Einbußen kompensieren konnte. Andererseits dürften sich die Optionen der Spieler in Grenzen halten, weil viele Transfers in fortgeschrittenem Alter aus Sicht der Vereine eher mäßig funktionieren: Cristiano Ronaldo, Lionel Messi, Sadio Mané, Casemiro sind prominente Beispiele.

Bisher sind abgesehen vom hartnäckigen Interesse an Salah aus Saudi-Arabien keine Offerten bekannt. Daher ist es nicht auszuschließen, dass Liverpool mit Salah und van Dijk letztlich noch eine Einigung trifft. Zumal beide konstant durchscheinen lassen, nach so vielen Jahren an der Anfield Road bleiben zu wollen. Komplizierter gestaltet sich die Causa Alexander-Arnold. Sofern Real Madrid, wie kolportiert, gewillt ist, ihn als Nachfolger des Rechtsverteidigers Dani Carvajal zu engagieren, hat bisher kaum jemand ein derartiges Angebot ausgeschlagen. Auch wenn Alexander-Arnold mal sagte, es sei sein Traum, Kapitän in Liverpool zu werden.

Der Kenntnisstand zu den Verhandlungen ist vage. Der FC Liverpool hat sich noch zu keiner Personalie geäußert. Die Fans des Klubs fordern derweil einen Verbleib ihrer Lieblinge. „FSG, give Mo & Co. their dough“, reimten sie auf einem Plakat: Gebt Salah und Co. mehr Geld! Und Ian Graham? Der sagt, er sei froh, diesmal nicht in der Verantwortung zu stehen.

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