Geopolitik

“Manifest” zu Außenpolitik: Führende SPD-Politiker distanzieren sich von Außenpolitik-“Manifest” | ABC-Z

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Adis Ahmetović, hat sich von einem Schreiben distanziert, in dem prominente SPD-Mitglieder einen Kurswechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik fordern. Der Nachrichtenagentur AFP sagte Ahmetović, es handele sich um ein “inhaltlich in weiten Teilen fragwürdiges Papier”. Das als “Manifest” bezeichnete Dokument sei “nicht Beschlusslage in der Fraktion oder Partei” und würde, falls es auf dem Bundesparteitag Ende Juni eingebracht würde, dort “keine Mehrheit finden”, sagte der Außenpolitiker.

Die SPD sei “eine Friedenspartei und bleibt diese auch”, sagte Ahmetović – in Einklang mit dem Grundsatzpapier. Allerdings bedeute dies, dass die Partei “klar erkennt, dass es neue Realitäten gibt, die neben Diplomatie auch militärische Stärke bedingen”. Die “außen- und sicherheitspolitische Neuausrichtung” der SPD bleibe aber klar. Die Partei stehe für die weitere Unterstützung der Ukraine und glaube nicht, dass eine neue Sicherheitsarchitektur mit Russland entwickelt werden könne, “solange Russland an seiner aggressiv-imperialistischen Außenpolitik festhält”, sagte Ahmetović. Zudem sei das Papier von lediglich 5 der 120 SPD-Fraktionsmitglieder unterzeichnet worden.

In dem “Manifest”, das auch ZEIT ONLINE vorliegt, fordern prominente SPD-Politiker eine außen- und sicherheitspolitische Kehrtwende sowie die Rückkehr zu Gesprächen mit Russland. Zudem sprechen sie sich gegen eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland aus. In dem Papier heißt es unter anderem, “Militärische Alarmrhetorik und riesige Aufrüstungsprogramme” würden die Sicherheit Deutschlands und Europas nicht verbessern, sondern vielmehr zu einer Destabilisierung sowie zur “wechselseitigen Bedrohungswahrnehmung zwischen Nato und Russland” führen. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem der frühere Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich, der Außenpolitiker Ralf Stegner sowie der ehemalige Parteichef Norbert Walter-Borjans.

SPD-Innenpolitiker zeigt sich “irritiert, verstört und verärgert”

Zuvor hatte auch Sebastian Fiedler, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, das Grundsatzpapier deutlich kritisiert. Es habe ihn “irritiert, verstört und verärgert”, sagte Fiedler den Sendern RTL und n-tv. “Da ist sogar von Zusammenarbeit mit Russland die Rede, also mit einem Kriegsverbrecher, der sich darauf vorbereitet, weitere Angriffsziele in den Blick zu nehmen”, sagte Fiedler.

Er sei “absolut ein Befürworter des Kurses der Bundesregierung”, sagte der SPD-Politiker. Mit Blick auf das Mitgliedervotum der Sozialdemokraten zum Koalitionsvertrag mit der Union sagte Fiedler: “Ich möchte daran erinnern, dass fast 85 Prozent der Mitglieder der SPD diesem Koalitionsvertrag aus guten Gründen zugestimmt haben, und der atmet eine andere Sprache.”

Kritik aus Grünen-Bundestagsfraktion

Mit Blick auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin sagte die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen, Agnieszka Brugger, der Aufruf zu einem Ende der Aufrüstung und einer Annäherung sei “Wunschdenken, denn ein solcher Kurs führt leider gerade nicht dazu, dass ein skrupelloser Imperialist die Gewalt beendet”. Hinter dem Forderungskatalog stünden “vor allem die üblichen Verdächtigen”, die “bei der Postenvergabe in der SPD leer ausgegangen” seien, sagte die Verteidigungsexpertin. “Einmal mehr verschließen die immer gleichen Herren die Augen vor der brutalen Realität in der Ukraine und den sehr offensichtlichen Sabotageversuchen der Istanbuler Gespräche durch den Kreml”, sagte Brugger.

Die Grünenabgeordnete forderte die Partei- und Fraktionsführung der SPD zu einer klaren Distanzierung auf. “Es stellt sich schon die Frage, warum Vizekanzler Klingbeil und Fraktionsvorsitzender Miersch die Attacken aus den eigenen Reihen auf den Kurs der Bundesregierung und den Verteidigungsminister in einer so ernsten Lage einfach laufen lassen”, sagte Brugger. “Wer Frieden will, muss auf Basis der Realität dafür sorgen, dass unsere Sicherheit gewahrt bleibt.”

Back to top button