Demenz-Screening in Putzbrunn: Früherkennung und Prävention – Landkreis München | ABC-Z

Ist die Oma nur etwas vergesslich geworden in jüngster Zeit oder sind das erste Anzeichen von Demenz? Angehörige, die sich diese Frage stellen und Menschen ab 65 Jahren, die bei sich selbst eine Verschlechterung des Gedächtnisses bemerkt haben, können bei kostenlosen Screenings des Digitalen Demenzregisters Bayern („digiDEM“) abklären, ob sie sich Sorgen machen müssen. Im Bürgerhaus Putzbrunn hat es am Mittwoch Gelegenheit zu so einem Test gegeben, der allerdings keine endgültige Diagnose verspricht, sondern vor allem möglichst früh Hinweise auf eine etwaige Erkrankung liefern soll.
Wer im Voraus einen Termin gebucht hat, wird zu der vereinbarten Uhrzeit in einen ruhigen, abgetrennten Raum geführt. Dort beginnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler damit, die Probanden im Vieraugengespräch kennenzulernen. Nach generellen Fragen zum Befinden und einer Erklärung des Projektes startet der eigentliche Test. Für den ersten Teil der Aufgaben werden Stift und Papier benötigt, zum Beispiel soll ein dreidimensionaler Würfel übertragen und eine Uhr mit den Zeigern auf zehn nach elf frei Hand gezeichnet werden. Im Anschluss folgen einige mündliche Prüfungen. Dabei gilt es unter anderem, sich fünf Begriffe zu merken und zu wiederholen, eine kleine Kopfrechenaufgabe zu lösen und die Gemeinsamkeit von Wortpaaren zu benennen.
Nach einer kurzen Auswertung steht das Ergebnis fest. Bei der ersten Teilnehmerin, die mit Lisa Laininger an diesem Vormittag das Screening absolviert hat, sind glücklicherweise keine Anzeichen für eine Demenz-Erkrankung zu erkennen. „Kann ich mir doch noch was merken!“, zeigt sich die 90-Jährige erleichtert. Die Gesundheitswissenschaftlerin Laininger erklärt der betagten Dame dann noch, wie sie ihre geistige Fitness auch in Zukunft behalten kann und wie wichtig es ist, das Kurzzeitgedächtnis zu trainieren, welches bei einer anfänglichen Demenz häufig als Erstes schwächer wird. Dazu könne man beispielsweise immer anfangen, eine neue Sprache zu lernen, oder kleine Denkaufgaben zwischendurch machen. Das häufig beschworene Lösen von Kreuzworträtseln beanspruche dagegen hauptsächlich das Langzeitgedächtnis.
Je früher eine beginnende Demenz festgestellt wird, desto besser kann der Verlauf der Krankheit verlangsamt werden. Einerseits wurde am 15. April ein Medikament mit dem Wirkstoff Lecanemab in Deutschland zugelassen, das Alzheimer, die häufigste Form von Demenz, bekämpfen ‒ wenn auch nicht heilen ‒ kann. Laut dem Verein „Alzheimer Forschung Initiative“ können bei einer Behandlung in einem frühen Stadium der Krankheit schädliche Ablagerungen im Gehirn reduziert werden. Andererseits gibt es auch andere, nicht medikamentöse Therapieformen, die bereits seit mehreren Jahren angewendet werden. Lisa Laininger nennt unter anderem Yoga, tiergestützte Behandlungen, einen gruppenbasierten Ansatz, Musik- und Ergotherapie als Optionen.
„Nur ein Prozent der Alzheimer-Erkrankungen ist genetisch bedingt“
Allgemein sei ein gesunder Lebensstil eine gute Prävention, allerdings könnten bestimmte, von jedem selbst beeinflussbare Faktoren bei bis zu 45 Prozent der Demenzerkrankungen eine wichtige Rolle spielen. So beeinflussen insbesondere das Bildungsniveau, soziale Isolation sowie ein unzureichend behandelter Hörverlust oder erhöhter Blutzuckerspiegel das Risiko für Demenz. Es gibt jedoch auch Faktoren, die eine kleinere Rolle in diesem Zusammenhang spielen, als man vielleicht annehmen würde: „Nur ein Prozent der Alzheimer-Erkrankungen ist genetisch bedingt“, sagt Laininger, die seit Beginn der Demenz-Screenings im Jahr 2022 beim Digitalen Demenzregister Bayern dabei ist.
Das Projekt wird vom bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention gefördert und soll die Lebenssituation von Menschen mit Demenz und deren pflegenden Angehörigen vor allem auf dem Land nachhaltig verbessern. Dafür gibt es neben den rund 50 Screening-Tagen im Jahr, die über den ganzen Freistaat verteilt stattfinden, auch viele digitale Angebote. Außerdem führt das Projekt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit 2600 Teilnehmenden das größte Demenzregister in Deutschland. Die dadurch gewonnenen Daten werden zur Forschung und Politikberatung verwendet, beispielsweise um Versorgungslücken aufzudecken.
Die Termine für die Demenz-Screenings werden über Flyer und Mitteilungsblätter der Städte und Gemeinden bekanntgegeben. Das nächste in der Region München steht am Donnerstag, 15. Mai, im Vital-Zentrum in Bad Tölz an, eine Anmeldung unter der Telefonnummer 0152/34 51 75 96 oder per E-Mail an screening@digidem-bayern.de ist erforderlich.