Freie Demokratische Partei-Parteitag: Susanne Seehofer und Nicole Büttner in Führungsrollen bei den Liberalen – Politik | ABC-Z

Plötzlich weiß sie nicht, wohin sie muss: Susanne Seehofer hat gerade in einer Kampfabstimmung einen Platz im FDP-Präsidium gewonnen. Dieser Platz ist während des Parteitags auf der Bühne, da müsste Seehofer nun rauf. Aber sie bleibt unten im Saal sitzen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die schon oben auf der Bühne sitzt, steht auf, winkt Seehofer zu: Komm rauf!
Die neue Macht ist offenbar noch etwas ungewohnt. Seehofer schleicht über die Bühne, schüttelt die Hände der anderen Präsidiumsmitglieder, die neben ihr sitzen. Sie geht mit gebeugtem Rücken über die Bühne, als wolle sie unbewusst jetzt doch nicht zu sehr auffallen.
Dafür ist es zu spät. Seehofers Kandidatur ist ein Höhepunkt auf dem FDP-Parteitag. Die Liberalen verabschieden Christian Lindner und wählen Christian Dürr zum Nachfolger. Seine Wahl war sicher, er hatte keinen Gegenkandidaten, die Liberalen hatten sich vor dem Parteitag schon auf Dürr geeinigt. Solche Vorabsprachen sollen symbolisieren, dass die FDP einig zusammensteht. Anders bei Seehofer: Sie kandidiert gegen Daniela Schmitt, die in Rheinland-Pfalz Wirtschaftsministerin ist. „Ich trete heute an gegen jede Absprache“, sagt Seehofer in ihrer selbstbewussten Bewerbungsrede. „Wir fordern zu Recht mehr Disruption vom Staat und in Wirtschaft“, sagt sie, „da müssen wir doch auch selbst dazu bereit sein“. Das ist der Parteitag dann auch mehrheitlich, allerdings sehr knapp: Nur sieben Stimmen liegt Seehofer vor Schmitt, bei 601 abgegebenen Stimmen.
Für Seehofer ist es ein steiler Aufstieg, aus dem Kreisverband München ins höchste Parteigremium der Liberalen. Die Spitzenpolitik kennt sie aus ihrer Familie: Seehofer, 34 Jahre alt, ist die Tochter des CSU-Politikers Horst Seehofer.
Rainer Brüderle grüßt Christian Lindner: „Die Wahlniederlage diesmal war noch schlimmer als 2013“
Ihre Konkurrentin Schmitt hat aus Rheinland-Pfalz übrigens prominente Unterstützung mitgebracht: Rainer Brüderle schlägt sie für das Präsidium vor. Brüderle war 2013 Spitzenkandidat der FDP, damals flog die Partei zum ersten Mal aus dem Bundestag. Eine Parteifreundin auf dem Parteitag vorzuschlagen, ist eigentlich ein kurzer Auftritt. Aber Brüderle nutzt die Zeit am Mikrofon für einen kurzen Gruß an Christian Lindner: „Die Wahlniederlage diesmal war noch schlimmer als 2013, das Ergebnis noch schlechter.“
Neben Seehofer ist die neue Generalsekretärin Nicole Büttner die zweite Frau, die auf dem Parteitag für eine neue FDP steht. Sie ist Geschäftsführerin einer Berliner KI-Beratungsfirma namens Merantix Momentum und soll ihre Erfahrung mit der Geschäftswelt und im Management in die FDP-Führung einbringen. Büttner, 40 Jahre alt, ist vor 20 Jahren in Karlsruhe in die FDP eingetreten, aber sie hat in Baden-Württemberg nicht nur Fans. Manche Liberale finden, Büttner sei keine gute Wahl, weil sie sich nicht jahrzehntelang in den Parteigremien verdient gemacht hat, sondern überraschend von Dürr auf den Posten gehoben wurde.
Außerdem will Büttner weiter für ihre Firma arbeiten, vermutlich wie bei Unternehmern üblich auch nicht gerade wenig. Sie wird der FDP also nicht so viel Zeit widmen können wie andere Spitzenfunktionäre. Auch das stört manche in der Partei. Traditionell erledigen Generalsekretäre mühsame Arbeit, um den Parteichef zu entlasten: die Parteizentrale managen, für Grußworte in Ortsverbänden durch Deutschland reisen. Doch so etwas wird Büttner wohl nicht übernehmen können. Andere Liberale dagegen sind begeistert, dass Dürr eine in der Start-up-Szene bekannte Frau gewinnen konnte.
Als Büttner auf der Bühne spricht, wissen die Delegierten auf dem Parteitag, was sie zu tun haben und klatschen höflich. Ihre Rede beginnt etwas lahm, von ihr kommt kein Parteitagssound. Der verlangt, dass man wie ein Motivationscoach auch mal in den Saal brüllt, um die Parteifreunde mitzureißen.
Aber Büttner liefert auch Sätze, die den Delegierten gefallen. „Niemand wählt uns, weil wir früher mal gut waren“, sagt Büttner und trifft damit den Nerv, dass viele die FDP nun anders als unter Lindner aufstellen wollen. „Wir werden nur gewählt, wenn wir rasch zeigen, dass wir liefern wollen und liefern werden“, sagt Büttner. Nach ihrer Rede springt der Saal nicht begeistert auf, aber nach und nach stehen alle Delegierten auf, um sie zu beklatschen. Büttner bekommt 80 Prozent der Stimmen.