Ligaspiele aus Spanien und Italien im Ausland? Die UEFA ist gefordert | ABC-Z

Spaniens La Liga und Italiens Serie A wollen reguläre Ligaspiele ins Ausland verlegen. Am Donnerstag soll sich das UEFA-Exekutivkomitee mit der Frage befassen, denn für solche Verlegungen ist eine Genehmigung der UEFA erforderlich. Die Entscheidung kann weitreichende Folgen habe, die UEFA vertagt sie nun.
Um welche Spiele geht es genau?
Spaniens Liga will das Spiel zwischen dem FC Villarreal und dem FC Barcelona am 20. Dezember 2025 in Miami in den USA austragen. In der Führung von Italiens Serie A sind Spiele im Ausland schon länger Thema. Nun soll wegen der Olympischen Winterspiele 2026 das Spiel der AC Mailand am 6. Februar 2026 gegen Como verlegt werden – nach Perth in Australien, 14.000 Kilometer entfernt von Mailand.
Die Zuwendung zu einem internationalen Publikum gilt im Fußball-Business schon länger als ein Schlüssel zu neuen Einnahmen. Die Nationalverbände aus Spanien und Italien haben den Vorhaben bereits zugestimmt.
Das Optus Stadium im australischen Perth
Was hat die UEFA damit zu tun?
Die UEFA muss solche Verlegungen genehmigen. In den Statuten ist festgelegt, dass die Klubs solche Spiele “nur mit vorheriger Genehmigung der UEFA” austragen dürfen. Am Donnerstag (14 Uhr) findet in der albanischen Hauptstadt Tirana eine Sitzung des UEFA-Exekutivkomitees statt.
Auf Anfrage der Sportschau teilte die UEFA mit: “Das Thema wird diese Woche bei der Sitzung des UEFA-Exekutivkomitees in Tirana besprochen. Eine konkrete Abstimmung zu diesem Thema findet nicht statt.” Eine Abstimmung über die Genehmigung der Spielverlegungen wird also noch nicht erfolgen.
Bei Sitzungen des UEFA-Exekutivkomitees ist DFB-Vizepräsident und UEFA-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke stimmberechtigt, DFB-Präsident Bernd Neuendorf ist als Beobachter zugelassen. Eine Pressekonferenz ist nach der Sitzung laut UEFA nicht vorgesehen, der Ausgang der Sitzung wird schriftlich vermeldet.
Warum ist die Entscheidung so wichtig?
Es geht nicht nur um zwei einzelne Spiele. Die Befürchtung von Fan-Organisationen ist, dass damit die “Büchse der Pandora” geöffnet wird. Mittlerweile mehr als 500 Fangruppen aus mehr als 25 Ländern unterzeichneten eine Erklärung des europäischen Fanbündnisses Football Supporters Europe (FSE).
Darin heißt es: “Fanszenen weltweit wären dem Risiko ausgesetzt, dass ihnen die Lieblingsmannschaft weggenommen und für ein Spiel oder gar mehrere Spiele ans andere Ende der Welt verfrachtet wird.”
Die Befürchtung: Wenn die Präzedenzfälle da sind und das Grundprinzip ausgehebelt ist, werden sich Ligen und Klubs künftig auf sie berufen können. Die UEFA, die FIFA und alle Nationalverbände seien aufgefordert, die Vorhaben der Ligen abzulehnen, schreibt FSE. In Spanien hatten zuvor lokale Fangruppen und die Spielergewerkschaft Kritik geübt.
In Villarreal zu Hause: Fans des FC Villarreal
Wie steht die UEFA bislang dazu?
UEFA-Präsident Aleksander Ceferin gab sich zuletzt kritisch zum Thema: “Ich finde nicht, dass das eine gute Sache ist”, sagte er dem Portal “Politico”. “Die Fans sollten Fußball zu Hause schauen. Sie können nicht nach Australien oder in die USA reisen, um ihre Mannschaften zu sehen.”
Allerdings öffnete er kommunikativ die Tür den Spalt auf, durch den die beiden Spiele aus Spanien und Italien passen könnten. “Wenn es eine Ausnahme ist, gut. Wenn es einen Grund gibt, gut. Aber grundsätzlich sollten europäische Mannschaften in Europa spielen.” Das Spiel aus Spanien könnte eine “Ausnahme” sein, das aus Italien hat mit den Winterspielen einen “Grund”. Zudem schränkte Ceferin ein, dass die UEFA angesichts der Zusage der Verbände aus Spanien und Italien “wenig Spielraum” habe – allerdings ist die Erfordernis einer Genehmigung der UEFA in ihren eigenen Statuten klar vermerkt.
Welche rechtlichen Probleme gibt es?
Das aktuelle Vorgehen erfordert viele Schritte: Das spanische Spiel in den USA muss von Spaniens Verband, dem US-Verband, der UEFA und dem nordamerikanischen Pendant zur UEFA, der CONCACAF, genehmigt werden. Auch die FIFA muss eingebunden werden.
Doch das könnte sich ändern. Die Vermarktungsagentur Relevent wollte schon 2019 ein Spiel der spanischen Liga zwischen dem FC Girona und dem FC Barcelona nach Miami bringen, was aber von den Verbänden blockiert wurde. Relevent klagte gegen die FIFA. Aber der Streit wurde beigelegt, weil die FIFA eine Prüfung der Regeln versprach und dafür eine Arbeitsgruppe einsetzte. An dieser beteiligt werden sollten auch “private Unternehmen, die an der Organisation internationaler Spiele oder Wettbewerbe beteiligt sind”. Also Organisationen wie Relevent.
Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind bislang nicht von der FIFA veröffentlich worden. Gefordert seien “Kriterien zur Bewilligung solcher Spiele oder Wettbewerbe”, so die FIFA 2024. Dabei sollen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, wie die Menge/Häufigkeit der Spiele im Ausland, Reisestrapazen für Spieler oder ob für Fans der Klubs eine Anreise möglich ist. Die generelle Möglichkeit zur Blockade solcher Spiele wie im Fall Relevent könnte den Verbänden also genommen werden.
Ein goldenes FIFA-Logo bei der Klub-WM
Welche sportpolitische Ebene gibt es?
Aus der EU-Politik kam ein klares Signal. Der Sozialdemokrat Glenn Micallef aus Malta ist seit 2024 EU-Sportkommissar. Er sei enttäuscht von den Plänen und stehe solidarisch an der Seite der Fans, teilte er mit. “Dies ist der erste große Stresstest für die Verbandsführung seit der Super League”, schrieb Micallef auch mit Blick auf die UEFA. Eine Verlegung der Spiele nannte er einen “Verrat”. Die europäischen Institutionen und die organisierten Fanszenen in vielen Ländern waren wichtige Verbündete der UEFA im Kampf gegen die Super League.
EU-Sportkommissar Glenn Micallef
Dasselbe gilt für die nationalen Ligen und die große Mehrheit der Klubs – die in der Frage nach Spielen im Ausland nun aber teilweise andere Wünsche haben. Die UEFA wird nur schwer alle Interessen bedienen können.
Zudem kann der Eindruck eines Interessenkonflikts entstehen. Die Vermarktungsagentur Relevent, die gegen die Blockade der Spielverlegungen klagte, vermarktet die Champions League im Auftrag der UEFA und der Klub-Vereinigung ECA. Bis 2027 ist Relevent für die UEFA und die ECA in den USA aktiv, ab 2027 vermarktet sie die Champions League weltweit. Sie sorgt damit für die größte Einnahmequelle der UEFA, die nun für die Zulassung eines Geschäfts von Relevent zuständig ist. Relevent gehört den US-;Milliardär Stephen Ross, der auch die Miami Dolphins und das Hard Rock Stadium in Miami besitzt, in dem das Spiel aus Spanien stattfinden soll.
Könnten künftig auch deutsche Spiele verlegt werden?
Sollte nun die Tür für solche Verlegungen geöffnet werden, wären langfristig auch Spielverlegungen aus Deutschland denkbar. Zumindest kurz- und mittelfristig schloss die DFL aber solche Schritte aus. “Solange ich in der Liga in der Verantwortung stehe, wird es keine Pflichtspiele im Ausland geben. Punkt. Das ist nicht interpretationsfähig”, sagte DFL-Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke vergangene Woche. Die DFL bestätigte auf Nachfrage der Sportschau, dass auch der Franz Beckenbauer Supercup unter den Begriff “Pflichtspiele” falle.
Ob das langfristig so bleibt? In der DFL-Satzung wird dem Präsidium zumindest grundsätzlich die Möglichkeit zugestanden, den Supercup ins Ausland zu verlegen. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Fernando Carro hatte sich mehrfach für eine Verlegung des Supercups ausgesprochen und brachte die USA als Austragungsort ins Spiel. Frankreich, Spanien und Italien richten ihre Supercups seit Jahren im Ausland aus.
International betrachtet schränkte Watzke bei dem Thema ein: “Ich glaube, in der UEFA gibt es mehr Leute gibt, die das zu bestimmen haben. Meine Position ist klar, ob das die Mehrheitsmeinung sein wird, weiß ich nicht. Ich habe eine klare Meinung und werde die auch in den internationalen Gremien vertreten.”