Was laut Experten bei Kürzung von Sozialprojekte droht | ABC-Z

Berlin. Die aktuelle Haushaltslage stellt Berlin vor immense Herausforderungen. Darum wären Kürzungen bei der Jugendsozialarbeit „fatal“.
Soziale Träger warnten am Montag erneut davor, dass ihnen finanzielle Mittel für die Jugendsozialarbeit gekürzt werden. Viele Projekte seien nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht 2022/23 im Rahmen des Jugendgewaltgipfels ins Leben gerufen oder besser ausgestattet worden, sagte Dorothee Lunemann vom Streetworker-Projekt „Outreach“ im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. „Aber aktuell können wir nicht sicher sagen, ob alle Projekte fortgesetzt werden.“
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In der Polizeilichen Kriminalstatistik wurden über alle Deliktbereiche hinweg im vergangenen Jahr 26.026 Tatverdächtige unter 21 Jahren erfasst – 0,7 Prozent mehr als 2023. Bei der Jugendgruppengewalt war eine Zunahme von 17,2 Prozent auf 2410 Fälle zu verzeichnen.
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Die „kiezorientierte Jugendsozialarbeit“ sei „lebensweltlich orientiert“, so Lunemann weiter. „Wir arbeiten mit Jugendlichen zusammen, die von der herkömmlichen Jugendsozialarbeit nicht mehr erreicht werden.“ Einige davon seien vorbestraft. Sie bräuchten jedoch einen festen Ansprechpartner. Durch eine nicht sichere Finanzierung „Kontaktabbrüche in den Raum zu stellen, ist fatal“. Erreichtes drohe verloren zu gehen.
Eine garantierte Finanzierung solcher Projekte sei „enorm wichtig“, befand auch Manuel Barth, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft Berlin-Brandenburg. Oft sind es auch Rettungskräfte, die Gewalt erfahren.
Erhebliche Einsparungen im Haushalt zu erwarten
Die aktuellen Haushaltsverhandlungen laufen noch. Klar ist, dass auch der Doppelhaushalt 2026/27 wegen der klammen Landeskassen von Einsparungen geprägt sein wird.
Ziel der Projekte dürfe nicht nur sein, dass keine Gewalt angewendet wird, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger. Wesentlich für die Förderung müsse sein, dass die Jugendlichen zusammenwirken, Teil der Gesellschaft werden und Differenzen zu ihr abbauen. Diese Haltung führe zu einem Zusammensparen der gesamten Infrastruktur der Jugendsozialarbeit, so der Innenexperte der Grünen, Vasili Franco.
Neue Gewalthotspots entstehen laut Experte am Standrand
Albrecht Lüter, Leiter des Bereichs für Gewaltprävention beim Berliner Forschungsinstitut Camino, warnte während der Anhörung vor einem zu engen Blickwinkel. Zum einen dürfe man Gewalt nicht als reines Jugendphänomen begreifen, da die Mehrzahl der Täter nach wie vor erwachsen sei.
Lüter sprach außerdem von einer „schleichenden Periferiesierung“ von Jugendgewalt. „Gerade die Außenbezirke sollten wir nicht aus den Augen lassen und uns nur auf Neukölln konzentrieren.“ Neue Hotspots seien etwa Spandau oder Marzahn-Nord. „Wir erleben in dieser Stadt multiple Krisen, die man nicht mit Jugendsozialarbeit allein aus der Welt räumen kann.“