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Nahost-Liveblog: ++ Ben-Gvir fordert Besetzung des Gazastreifens ++ | ABC-Z


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Stand: 03.08.2025 12:52 Uhr

Israels rechtsextremer Polizeiminister Ben-Gvir hat bei einem Besuch auf dem Tempelberg eine Besetzung des Gazastreifens gefordert. Die Hamas stellt Bedingungen, um ihre Waffen niederzulegen.

Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

Bundesaußenminister Johann Wadephul hat Israel zu einer fundamentalen Änderung der Versorgungslage im palästinensischen Gazastreifen aufgefordert. Die Vereinten Nationen und ihre Hilfsorganisationen müssten freien Zugang zum Gazastreifen erhalten, um die Menschen zu versorgen, so Wadephul im Deutschlandfunk. Die Hilfe müsse über den Landweg erfolgen.

Er habe den Eindruck, dass diese klare Botschaft aus Deutschland bei seinem Israel-Besuch gehört worden sei, so der Außenminister, und verwies auf erste Fortschritte: “Es ist ja auch jetzt schon besser geworden”, sagte Wadephul. Ein Ergebnis seiner Gespräche mit der israelischen Regierung sei es gewesen, dass bereits in dieser Woche “sehr viel mehr” Lastwagen in den Gazastreifen hätten einfahren dürfen als in der vorherigen Woche, so Wadephul. Dies reiche jedoch noch nicht aus.

Nahezu neun von zehn israelischen Militärermittlungen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen oder Übergriffe durch Soldaten seit Beginn des Gaza-Krieges wurden laut einer Konfliktbeobachtungsstelle entweder ohne Schuldzuweisung abgeschlossen oder blieben ohne Ergebnis. Das berichtet der Guardian unter Berufung auf die Konfliktbeobachtungsstelle “Action on Armed Violence” (AOAV).

Zu den ungelösten Fällen zählen laut AOAW unter anderem die Tötung von mindestens 112 Palästinensern, die im Februar 2024 in Gaza-Stadt für Mehl anstanden, sowie ein Luftangriff im Mai 2024 auf ein Zeltlager in Rafah, bei dem 45 Menschen in einem Feuerinferno ums Leben kamen. Ebenfalls ungeklärt ist ein Vorfall vom 1. Juni, bei dem 31 Palästinenser getötet wurden, als sie zu einem Lebensmittelausgabepunkt in Rafah unterwegs waren.

Die Konfliktbeobachtungsstelle AOAV erklärte, die Statistiken deuteten darauf hin, dass Israel versuche, ein “Muster der Straflosigkeit” zu etablieren, indem es die überwiegende Mehrheit der schwerwiegendsten oder öffentlichkeitswirksamsten Vorwürfe gegen seine Streitkräfte nicht abschließe oder ohne Schuldzuweisung beende.

Im Gazastreifen herrscht nach Einschätzung von Außenminister Johann Wadephul inzwischen eine Hungersnot. “Wir beobachten ja seit geraumer Zeit, dass die Blockade, die Israel praktisch ausgebracht hat für den Gazastreifen, zu einer Hungersnot geführt hat, dazu geführt hat, dass Menschen sterben, leiden, dürsten”, so der CDU-Politiker dem Deutschlandfunk. 

Laut Experten gilt für den Gazastreifen aktuell Stufe 4 der fünfstufigen Skala zur Ernährungslage eines Landes. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Hungerkrise, einen “Notfall” – der von der “Hungersnot”, als letzte der fünf Stufen der IPC-Skala, jedoch zu unterscheiden ist.

Die Ausrufung einer Hungersnot setzt formell einen extremen Mangel an Nahrungsmitteln, akute Unterernährung und hungerbedingte Todesfälle voraus. Den Experten zufolge weisen jüngste Daten darauf hin, dass die ersten beiden Kriterien bereits erfüllt wurden. Somit zeichnet sich die Ausrufung einer Hungersnot im Gazastreifen ab.

Zehntausende Menschen haben in Sydney im strömenden Regen für Frieden und Hilfslieferungen in den Gazatreifen demonstriert. Einige Teilnehmende der von den Organisatoren als “Marsch für die Menschheit” angemeldeten Demonstration trugen Töpfe und Pfannen als Symbol für den im Gazastreifen herrschenden Hunger.

Der Protestzug führte über die berühmte Harbour Bridge im Hafen von Sydney. Örtliche Polizeibehörden und der Premierminister des Bundesstaates New South Wales hatten zuvor versucht, die Demonstration auf der Brücke zu verhindern. Sie argumentierten, dass die Route, die einen wichtigen Verkehrsweg darstellt, Sicherheitsrisiken und Verkehrsstörungen mit sich bringen würde. Der Oberste Gerichtshof des Staates hatte am Samstag entschieden, dass die Demonstration auf der Harbour Bridge stattfinden dürfe.

Bei einem provokativen Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem hat der rechtsextreme israelische Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zu einer Wiederbesetzung des Gazastreifens aufgerufen. In einem Video äußerte Ben-Gvir sich zu jüngsten Videos ausgehungerter israelischer Geiseln im Gazastreifen. Damit versuche die islamistische Hamas, Druck auf Israel auszuüben.

Als Reaktion müsse Israel aber vielmehr “noch heute den ganzen Gazastreifen besetzen, Souveränität im ganzen Gazastreifen erklären”, sagte Ben-Gvir. Gleichzeitig müsse man die palästinensische Bevölkerung zu “freiwilliger Auswanderung ermutigen”. Israel wird immer wieder vorgeworfen, es plane eine “ethnische Säuberung” des umkämpften Küstenstreifens. 

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat nach der Veröffentlichung der Videos ausgehungerte Geiseln entsetzt geäußert. “Der Ministerpräsident hat seine tiefe Bestürzung über die von den Terrororganisationen Hamas und Palästinensischer Islamischer Dschihad veröffentlichten Aufnahmen zum Ausdruck gebracht”, erklärte Netanjahus Büro. Er habe den Familien versichert, “dass die Bemühungen um die Rückkehr aller unserer Geiseln fortgesetzt werden und ohne Unterlass weitergehen werden”.

“Die Grausamkeit der Hamas kennt keine Grenzen”, hieß es in der Erklärung weiter. Netanjahu bezog sich auf Videos der seit Oktober 2023 gefangen gehaltenen Geiseln Rom Braslavski und Evyatar David, welche die Hamas und der Islamische Dschihad in den vergangenen Tagen verbreitetet hatten. Der israelische Regierungschef habe “lange” mit Angehörigen Braslavskis und Evyatars gesprochen, hieß es aus seinem Büro.

Die Hamas im umkämpften Gazastreifen lehnt eine Niederlegung ihrer Waffen entschieden ab, solange kein unabhängiger palästinensischer Staat gegründet wird. Der bewaffnete Widerstand könne nur aufgegeben werden, wenn die Rechte der Palästinenser vollständig verwirklicht seien, insbesondere die Errichtung eines unabhängigen und vollständig souveränen palästinensischen Staates mit Jerusalem als Hauptstadt, heißt es in einer Erklärung der Terrororganisation.

Die Hamas reagierte damit auf Äußerungen des US-Sondergesandten Steve Witkoff, der Medienberichten zufolge bei einem Treffen mit Angehörigen der im Gazastreifen weiterhin festgehaltenen Geiseln gesagt haben soll, dass die Hamas nach eigenen Aussagen zur Entmilitarisierung bereit sei. “Wir stehen kurz vor dem Ende dieses Krieges”, sagte Witkoff einer Mitteilung des Forums der Geiselfamilien zufolge bei dem Treffen in der israelischen Stadt Tel Aviv. “Wir haben einen Plan, den Krieg zu beenden und alle nach Hause zu bringen.”

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei einer Massendemonstration in Israel haben die Teilnehmer die Freilassung aller Geiseln aus dem umkämpften Gazastreifen gefordert. Die islamistische Hamas benutze die Geiseln als “lebende Hungerexperimente”, zitierte die Times of Israel den Bruder des im Gazastreifen festgehaltenen Evjatar David. In einem zuvor veröffentlichten Propaganda-Video der Hamas ist der bis auf die Knochen abgemagerte 24-Jährige in einem engen Tunnel zu sehen, wie er sein “eigenes Grab” schaufelt.

“Beenden Sie diesen Alptraum, der seit 666 Tagen andauert. Unterzeichnen Sie ein umfassendes Abkommen, das alle 50 Geiseln zurückbringt und die Kämpfe beendet”, forderte das Forum der Angehörigen der Geiseln an die Regierung gewandt und sprach von 60.000 Teilnehmern. Der Times of Israel zufolge gingen Menschen auch in anderen Orten Israels auf die Straße. Die Zeitung sprach von einer der höchsten Teilnehmerzahlen der vergangenen Wochen.

Ein Mitarbeiter des Palästinensischen Roten Halbmondes ist nach Angaben der Organisation bei einem israelischen Angriff auf ihr Hauptquartier in Chan Junis im Gazastreifen getötet worden. Drei weitere Menschen seien verletzt worden, erklärte der Palästinensische Rote Halbmond im Onlinedienst X mit.

Hannover und Düsseldorf planen die Aufnahme von Kindern aus dem Gazastreifen und Israel, die besonders schutzbedürftig oder traumatisiert sind. Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover kündigte bereits am Donnerstag an, mehrere Kinder nach Deutschland zubringen. Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) sagte, aktuell stünden bis zu 20 Inobhutnahme-Plätze bereit. Eine Ausweitung sei denkbar, etwa über Gast- oder Pflegefamilien. Laut dem Oberbürgermeister haben sich auch andere Städte für eine Beteiligung an ähnlichen Programmen interessiert.

Mit Blick auf die Ankündigung Hannovers sagte der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU): “Diese starke und zutiefst menschliche Geste wollen wir auch in Düsseldorf aufgreifen. Bei Fragen der Haltung und Menschlichkeit stehen wir in Düsseldorf über Parteigrenzen hinweg zusammen.”

In Düsseldorf ist allerdings der Umfang der Hilfe noch unklar. “In der kommenden Woche wollen wir die Chancen der Realisierung unseres Vorhabens eruieren”, heißt es in dem von der Stadtverwaltung verbreitete Statement. Das wurde neben Keller noch von Bürgermeisterin Clara Gerlach (Grüne) und Oberbürgermeisterkandidat Fabian Zachel (SPD) unterzeichnet. Erste Gespräche seien bereits geführt worden – unter anderem mit der Jüdischen Gemeinde und dem Kreis der Düsseldorfer Muslime.

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