Sachsen-Anhalt: Wettbewerb für neuen Sarg von Otto dem Großen – Panorama | ABC-Z

Seit mehr als tausend Jahren liegt Otto der Große (912–973), erster Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, im Magdeburger Dom begraben. Doch so langsam zerfällt seine Grabstätte aus dem 13. Jahrhundert: Risse im Steinsarkophag, brüchiges Holz im Sarg – nun hat die Kunststiftung Sachsen-Anhalt einen Wettbewerb für eine neue Grabstätte ausgeschrieben. Ein Gespräch mit dem Historiker Christian Philipsen, der als Mitglied der Wettbewerbsjury den Sieger mitbestimmen wird.
SZ: Herr Philipsen, wie sollte ein guter Kaiser-Sarg aussehen?
Christian Philipsen: Die Gestaltung muss auf jeden Fall angemessen und würdig sein, aber wir unterscheiden hier nicht zwischen Kaisern und Nichtkaisern, die begraben werden. Für den Sarg von Ottos Ehefrau Königin Editha haben wir vor zehn Jahren auch schon einen Design-Wettbewerb ausgeschrieben.
Edithas Sarg glänzt heute silbern wie ein geschliffener Stein.
Viel wichtiger als das Design ist ein dauerhaftes Material. Da kommen bei Otto verschiedene Edelmetalle infrage – oder eine hochwertige Keramik.
Darf man das Grab eines Kaisers überhaupt einfach so öffnen?
Wir haben natürlich erst mal viele Untersuchungen gemacht, bevor wir uns für die Öffnung entschieden haben. Das ist auch gefährlich, weil man nicht weiß, was im Inneren an Pilzen oder Sporen auf einen wartet. Deswegen war nur eine kleine Gruppe von Leuten bei der Sargöffnung dabei. Vorher haben wir den Bereich um das Grab mit einem Holzbau verkleidet und sind dann im Vollschutz rein.
Und was war drin, im Sarg?
Wir standen dann sozusagen vor den Gebeinen des Kaisers und konnten verschiedene Grabinhalte sehen. Der innere Holzsarg war schon so fragil, dass man ihn nicht wiederverwenden kann. Das sind sechs Bretter, die im Hochmittelalter mal aneinander genagelt wurden. Aber durch die Knochen können wir jetzt wahnsinnig viel herausfinden. Wir werden sicherlich bestimmen können, wo Otto seine Kindheit verbracht hat, was er gegessen hat, welche Krankheiten er hatte. Auch sein Gesicht können wir rekonstruieren. Es handelt sich hier um eines der spannendsten Skelette des Abendlandes. Außerdem war er mit 1,79 Meter erstaunlich groß.
Otto der Große war ein Reisekönig, der durch ganz Europa geritten ist. Was war er denn sonst so für ein Typ?
Er war ein Machtmensch und hat das Reich, dass er von seinem Vater übernommen hat, ausgeweitet und zusammengehalten. Er hat die Idee vom Kaiserreich wiederbelebt und auch die Grundsteine für das Heilige Römische Reich gelegt. Deswegen hat Otto sich nicht als Deutscher verstanden, eher als Europäer.
Wird seine neue Grabstätte auch seine Persönlichkeit widerspiegeln?
Nee, das erwarten wir nicht. Ich glaube, es würde auch nicht funktionieren, den Künstlern Gestaltungsvorgaben zu machen. Es könnte nach hinten losgehen, wenn wir zum Beispiel angeben würden, sich an historischen Vorbildern zu orientieren. Warten wir mal ab, was die so für Ideen haben.

Und der alte Holzsarg? Wird der jetzt entsorgt?
Nein! Der Sarg und alle anderen Inhalte, wie Eierschalen und Textilreste, werden aufwändig konserviert und kommen dann ins Depot.
Eierschalen?
Eierschalen sind schon ungewöhnlich in einem Grab. Dazu gibt es verschiedene Deutungen. Am wahrscheinlichsten ist, dass ein Ei ins Grab gelegt wurde, weil das im Mittelalter ein Symbol für die Auferstehung war. Aus dem Ei schlüpft der lebendige Vogel und genauso glaubt das Christentum, dass man aus dem Grab aufersteht – zu neuem Leben im Himmelreich.
Was glauben Sie? Was für einen Sarg hätte sich Otto I. für das Jahr 2025 gewünscht?
Ich kenne ihn ja nicht. Vielleicht war er jemand, der sich seiner Macht und Herrschaft sehr sicher war und deswegen einen schlichten Sarg mit einer einfachen Inschrift bevorzugt hätte. Nicht unbedingt golden und ohne viele Ornamente. So stelle ich es mir zumindest vor.
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