So viel Geld sparen arbeitende Rentner wirklich | ABC-Z

2026 möchte die schwarz-rote Bundesregierung die Aktivrente einführen. Allmählich zeichnet sich ab, wer davon besonders profitiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Worum geht es bei der Aktivrente genau?
In vielen Bereichen fehlen Fachkräfte. Deshalb will die Bundesregierung eine längere Lebensarbeitszeit fördern. Sie will dafür einen Steuerfreibetrag einführen. Bis zu 2000 Euro monatlich können arbeitende Senioren dann steuerfrei neben ihrer Rente oder anderen Altersvorsorge verdienen. Die genaue Ausgestaltung der Aktivrente steht noch aus. Das Gesetz dazu wird vom Bundesfinanzministerium gerade erarbeitet. Wenn der Entwurf fertig ist, soll es schnell verabschiedet werden. Denn die Regelung soll schon im Januar 2026 in Kraft treten.
Wer wird davon profitieren?
Auch wenn der Gesetzestext noch fehlt, zeichnet sich der Kreis der Geförderten bereits ab. Die wichtigste Voraussetzung ist das Alter. Wer die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat, kann auf den Steuerbonus setzen. Die Regelaltersgrenze hängt vom Geburtsjahr ab. 1960 Geborene sind mit 66 Jahren und vier Monaten an der Altersgrenze. In den kommenden Jahren steigt das Rentenalter weiter an, bis es dann 2031 für alle Jahrgänge ab 1964 bei 67 Jahren liegt.
Gibt es die Aktivrente auch bei einem vorzeitigen Renteneintritt?
Wer schon vorher seine gesetzliche Rente beantragt hat, muss sich erst einmal gedulden. Die Steuerfreiheit gilt dann auch erst ab der Regelaltersgrenze. So sehen es die Pläne nach Angaben aus Koalitionskreisen bisher jedenfalls vor. Begünstigt werden aber wohl nicht nur die gesetzlichen Rentner, sondern auch Angehörige von Berufsgruppen mit eigenständigen Versorgungssystemen oder Selbstständige oder Unternehmer. Das gebietet Experten zufolge der Gleichbehandlungsgrundsatz im Steuerrecht. Einfach ist das nicht. „Hierzu muss für Selbständige und Unternehmer eine gesetzliche Typisierung gefunden werden, wann die aktive Tätigkeit beendet ist“, heißt es in einem Eckpunktepapier der Koalition. Diese Regelung soll auch die Umgehung einer Steuerpflicht oder unbeabsichtigte Mitnahmeeffekte vermeiden.
Wie viel mehr Geld bringt die Aktivrente den arbeitenden Rentnern?
Wie stark einzelne Senioren von der Aktivrente profitieren, hängt von ihrer individuellen steuerlichen Situation ab, wie stark vereinfachte Beispielrechnungen bezogen auf den aktuell geltenden Steuertarif zeigen. So muss ein Alleinstehender Rentner mit einer monatlichen Rente von 1400 Euro und einem Zuverdienst in Höhe von 2000 Euro nach Abzug der Krankenversicherungsbeiträge und der Werbekostenpauschale in diesem Jahr 5263 Euro an das Finanzamt überweisen.
Würde die Aktivrente schon gelten, müsste er gar keine Einkommensteuer abführen. Eine Rentnerin mit 1300 Euro Rente und 1250 Euro Arbeitslohn zahlt statt aktuell 2709 Euro keine Steuer mehr. Und ein Gutverdiener mit 1800 Euro Rente und 3330 Euro Arbeitseinkommen spart sogar 7626 Euro durch die Aktivrente. Die Modellrechnungen basieren auf einer einfachen Steuersituation ohne Kapitalerträge oder Sonderausgaben und andere Besonderheiten.
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Kostet die Aktivrente der jungen Generation viel Geld?
Bezahlen müssen die jüngeren Arbeitnehmer zwar nichts für den Steuerbonus. Doch indirekt geht er zu Lasten aller, weil Bund, Länder und Gemeinden weniger einnehmen. Entsprechend weniger kann der Staat für Gemeinschaftsaufgaben ausgeben. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) beziffert diese Kosten auf 2,8 Milliarden Euro jährlich. Laut IW haben Ende 2023 rund 600.000 Rentner und Selbständige im Rentenalter noch gearbeitet. Die meisten haben weniger als jene 24.000 Euro im Jahr verdient, die künftig steuerfrei gestellt werden. Die Selbständigen im Rentenalter verdienen dagegen oft deutlich mehr als den Freibetrag. Laut IW erzielen sie im Durchschnitt ein Erwerbseinkommen von 68.000 Euro. In dieser Gruppe entsteht auch der größte Einnahmeausfall. Der Studie zufolge profitieren die Selbstständigen durch eine Entlastung um 1,2 Milliarden Euro besonders stark.
Was halten Wirtschaftsexperten von dem Modell?
IW-Rentenexpertin Ruth Schüler zweifelt am Erfolg der kostspieligen Reform. Befragungen zeigten, dass Ältere vor allem aus Spaß an der Arbeit oder wegen der sozialen Kontakte dadurch über die Regelaltersgrenze hinaus arbeiteten, „Finanzielle Motive spielen eine untergeordnete Rolle“, sagt sie. Die Arbeitgeberverbände wiederum kritisieren die Möglichkeiten der Frühverrentung, die einer längeren Lebensarbeitszeit entgegenwirken. Und die Gewerkschaften fordern bessere Arbeitsbedingungen, damit Menschen überhaupt lange arbeiten können. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ist skeptisch. Die Regelung begünstige Gutverdienende und der Beschäftigungseffekt dürfte gering ausfallen, urteilen die Forscher.
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Wie geht es jetzt weiter?
Nun heißt es abwarten, bis der Gesetzentwurf vorliegt. Erst dann lassen sich die Folgen für die Steuerkasse und die Betroffenen verlässlich abschätzen. Dieser wird dann zunächst vom Bundeskabinett beschlossen und anschließen im Bundestag eingebracht. Stimmt das Parlament zu, ist der Bundesrat gefragt, weil die Mindereinnahmen aus der Einkommensteuer auch zu deren Lasten gehen. Wenn alle Hürden wie geplant überwunden werden, tritt die Steuerfreiheit Anfang kommenden Jahres in Kraft.