Israel: Waffenruhe im Gazastreifen mit Hamas vereinbart – Politik | ABC-Z

Nach fünfzehn Monaten Krieg im Gazastreifen haben sich Israel und die islamistische Palästinenser-Organisation Hamas auf eine Waffenruhe und die Freilassung von 33 Geiseln geeinigt. Das gab Katars Ministerpräsident, Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani, am Mittwochabend bekannt. Vertreter beider Seiten hatten in den vergangenen Tagen in Doha verhandelt. Demnach sieht die Vereinbarung zunächst eine sechswöchige Feuerpause vor, die am kommenden Sonntag beginnen soll.
Auch US-Präsident Joe Biden bestätigte die Einigung direkt im Anschluss. In den kommenden Wochen wolle man nun besprechen, wie man zu einem dauerhaften Ende des Kriegs gelangen könne. In seiner Rede hob er den Erfolg für die Bevölkerung Gazas hervor, die „durch die Hölle“ gegangen sei. „Wir haben nicht aufgegeben“, sagte er mit Blick auf die schwierigen Verhandlungen im vergangenen Jahr.
Zunächst soll die Hamas Frauen, Kinder und ältere Geiseln freilassen
Bereits im Vorfeld hatten Medien über Details der Einigung berichtet. Demnach sei vorgesehen, dass sich das israelische Militär schrittweise aus dem Gazastreifen zurückziehen soll. Die Hamas werde alle festgehaltenen Frauen – Zivilistinnen und Soldatinnen – freilassen, sowie Kinder und Männer, die älter als 50 Jahre alt sind. Israel solle für jede zivile Geisel 30 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft entlassen. Für jede israelische Soldatin, die in der Gewalt der Hamas sei, würden 50 palästinensische Gefangene freikommen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
In den kommenden Wochen werde nun verhandelt, ob alle verbliebenen Geiseln freikämen. Insgesamt befinden sich derzeit nach israelischen Angaben 98 Geiseln in Gaza, darunter auch israelische Soldaten. Auch der komplette Abzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen würden dann besprochen. In einer dritten Phase sollten alle verbliebenen Leichen übergeben und mit dem Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Palästinenser-Gebiets begonnen werden.
Katars Ministerpräsident Al-Thani sagte, Details der Vereinbarung würden zurzeit noch finalisiert und in den kommenden Tagen bekannt gegeben. Es sei aber vereinbart, dass in Gaza nun humanitäre Hilfe in einem großen Ausmaß geleistet würde und dass es einen Austausch von Geiseln und Gefangenen gebe. Er appelliere nun an beide Seiten, sich auch an die Verabredungen zu halten.
Donald Trump hatte viel Druck ausgeübt
Der künftige US-Präsident Donald Trump hatte bereits vor Beginn der Pressekonferenz in Katar auf der Plattform Truth Social verlautbart, dass die Geiseln „in Kürze freigelassen“ würden. Trump hatte beiden Seite Druck gemacht, noch vor seinem Amtsantritt am 20. Januar zu einem Ergebnis zu kommen und hatte zudem seinen künftigen Nahostgesandten Steve Witkoff nach Doha geschickt, der dort an der Seite der Vertreter Bidens Gespräche geführt hatte. Al-Thani sagte, dass die gemeinsamen Bemühungen beider US-Regierungen aus seiner Sicht zum Erfolg beigetragen hätten.
Nicht nur die Hamas, sondern auch der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sah sich offensichtlich dadurch gedrängt, sich in den immer wieder vergeblich geführten Verhandlungen um ein Ende des Gazakonflikts nun zu bewegen. Dagegen protestieren seine rechtsextremen Kabinettsmitglieder. Der israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, hatte am Dienstag bereits mit einem Austritt aus der Koalition gedroht, sollte es zu einem Ende der Kämpfe in Gaza kommen.
Israels Außenminister Gideon Saar brach am Mittwoch seine Europareise ab und wollte in der Nacht nach Israel zurückkehren, um an einem Treffen des Sicherheitskabinetts teilzunehmen. Aus israelischen Regierungskreisen hieß es am Abend, das Kabinett werde wohl der Vorlage zustimmen. Die soeben erfolgte Einigung ist dennoch auch eine Prüfung für Israels Regierung.
UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete den erwarteten Waffenstillstand im Gazastreifen als ermutigend. Ein Abkommen könne zu einem vorsichtigen Optimismus für das Jahr 2025 beitragen, sagte er in New York. Der katarische Fernsehsender Al Jazeera zeigte am Mittwochabend Szenen von feiernden Menschen in Chan Yunis in Gaza, die sich dort in Dunkelheit mit Taschenlampen versammelt hatten.
Der Krieg hat in dem Küstenstreifen große Verwüstungen hinterlassen, Strom- und Wasserversorgung sind schwer beschädigt. Mehr als 46 000 Menschen wurden nach palästinensischen Angaben seit dem 7. Oktober 2023 getötet. An jenem Tag hatte die Auseinandersetzung mit einem Terrorangriff auf Israelis begonnen, bei dem nach israelischen Angaben mehr als 1200 Menschen ermordet wurden und 251 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Auch in Tel Aviv versammelten sich am Abend Angehörige der Geiseln auf den Straßen. Die israelische Armee bereite sich eigenen Angaben zufolge jetzt auf die Aufnahme der Geiseln vor.