Eierkrise in den Vereinigten Staaten: Vogelgrippe führt zu Eiermangel – Wirtschaft | ABC-Z

Die USA sind bislang nicht als Mangelwirtschaft bekannt. Südfrüchte bekommt man zu jeder Jahreszeit. Der Amazon-Bote legt auch am Sonntagabend um 21 Uhr das nur wenige Stunden zuvor bestellte Paket vor die Tür. Dennoch warnen die Stimmen des konservativen Amerikas beharrlich davor, dass auf den Footballfeldern des Landes ganz sicher bald die „Internationale“ statt „The Star-Spangled Banner“ gesungen werde, wenn man die woken Umtriebe der Linken nicht sofort stoppe. Von den Linken ist seit dem Wahlsieg von Donald Trump nicht mehr viel zu hören. Trotzdem sind in den USA nun kommunistische Verhältnisse eingekehrt.
In den Supermärkten von New York und anderen Städten, normalerweise Orte des Überflusses, sieht es seit einigen Wochen aus wie in Havanna. Fast überall sind Eier ausverkauft. In den Kühlfächern, in denen sich normalerweise die Eierkartons stapeln, herrscht jetzt neonbeleuchtete Leere. Von einer nationalen Eierkrise ist die Rede. Das ist nur folgerichtig, wenn man bedenkt, wie eierlastig sich die Amerikaner ernähren: Omelette, Pancake, Spiegelei-Käse-Bagel. In Wahrheit ist nicht der Hamburger die amerikanische Nationalspeise, sondern das Hühnerei.
Auslöser der Eierkrise ist die Vogelgrippe, die schon länger in den Hühnerställen des Landes grassiert. Allein seit Mitte Januar haben sich mehr als 22 Millionen amerikanische Vögel damit angesteckt. Viele von ihnen müssen getötet werden. Als Schuldige waren schnell Zugvögel ausgemacht, die trotz des neuen Regierungskurses in Washington einfach weiter illegal alle Grenzen überfliegen.
Einige Frühstückslokale verlangen bereits einen Eieraufschlag
Auf dem Eiermarkt führte das knapper werdende Angebot zunächst zu dem zu erwartenden Effekt, schließlich sind die USA noch immer eine Marktwirtschaft: Die Preise stiegen. Und stiegen. Und stiegen. Vergangene Woche vermeldete das Amt für Arbeitsmarktstatistik einen neuen vorläufigen Rekord. Ein Dutzend Eier kostet nun in US-Supermärkten durchschnittlich 4,95 Dollar – doppelt so viel wie vor einem Jahr. Ausreißer nach oben sind nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich, wenn man in einem Ballungsgebiet lebt, in dem die Menschen ohne Zögern fünf Dollar für eine Mango ausgeben. Manche Frühstückslokale, eine sehr eierintensive Branche, verlangen schon einen Aufschlag von 50 Cent pro verspeistem Ei.
Inzwischen hat sich das Eierangebot derart verknappt, dass selbst große Supermarktketten Eier rationieren. Trader Joe’s limitiert den Verkauf aktuell auf einen Karton pro Tag. Cosco erlaubt immerhin noch drei Packungen. Was läge da näher, als sich Hühner für den Eigenbedarf anzuschaffen? Und tatsächlich haben lokale Fernsehsender verschiedenenorts Farmer aufgespürt, die von einer gewaltigen Nachfrage nach Hinterhofhennen berichten.
Landesweite Aufmerksamkeit zog auch eine Nachricht aus Pennsylvania auf sich. Unbekannte stahlen dort 100 000 Bio-Eier aus dem Lager eines Großhändlers. Die Polizei spekulierte, dass es sich bei den flüchtigen Tätern um Vandalen gehandelt haben könnte, die sich tierschutzkonforme Munition für ihre nächste Eierattacke besorgten. Doch sie wären verrückt, wenn sie ihre Beute nicht verkaufen würden. Ihr Wert wird auf 40 000 Dollar geschätzt.