Freddie Prinze Jr. im Gespräch: „In meiner Generation waren junge Schauspieler sehr viel egoistischer“ | ABC-Z

Mit Anfang 20 gehörte Freddie Prinze Jr. zu den gefeierten Newcomern in Hollywood und spielte Hauptrollen in Filmen wie „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“, „Eine wie keine“, „Hals über Kopf“ oder „Scooby-Doo“. Später war der Amerikaner, der seit 2002 mit seiner Kollegin Sarah Michelle Gellar verheiratet und Vater zweier Kinder ist, vor allem in Nebenrollen in Serien wie „24“ oder „Boston Legal“ zu sehen, bevor er der Schauspielerei zusehends den Rücken zuwendete. Nun meldet sich der Neunundvierzigjährige vor der Kamera zurück, ausgerechnet mit einer Neuauflage von „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“, die nun in den deutschen Kinos zu sehen ist.
Mr. Prinze Jr., der Horrorfilm „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ war 1997 eine Ihrer ersten Kinorollen überhaupt. Welchen Stellenwert hat dieser Film für Sie persönlich?
Dem Originalfilm von damals verdanke ich viel. Das meiste, was danach kam, bei „Eine wie keine“ angefangen, wäre ohne „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ vermutlich nicht passiert. Insofern wird er in meinem Herzen immer einen besonderen Platz haben. Gleichzeitig ist mir noch sehr präsent, wie schwierig die Dreharbeiten damals für mich waren. Ich war ziemlich unerfahren, und die anderen im Cast kamen mir wie Vollprofis vor, mit denen ich nicht mithalten konnte. Meine Angst, noch während der Arbeit an meinem ersten großen Film wieder gefeuert zu werden, war echt groß und hat mich ziemlich belastet. Deswegen denke ich durchaus mit gemischten Gefühlen an damals zurück.
Haben Sie entsprechend gezögert, als man Ihnen nun die späte, gleichnamige Fortsetzung vorschlug, die nun in den deutschen Kinos angelaufen ist?
Die erste Anfrage habe ich direkt abgelehnt. Doch dann kam die Regisseurin und Drehbuchautorin Jennifer Kaytin Robinson an Bord, die zuvor mit meiner Frau (Sarah Michelle Gellar, Anm. d. Redaktion) den Film „Do Revenge“ gedreht hatte und somit eine Freundin der Familie war. Sie überredete mich, mir bei einem gemeinsamen Frühstück zumindest ihre Ideen für den Film anzuhören.
Was genau überzeugte Sie denn schließlich?
Zunächst einmal war ich erfreut, dass die Originalfiguren – also Jennifer Love-Hewitts Julie und der von mir gespielte Ray – nicht einfach nur kleine Gastauftritte haben sollten, sondern wirklich entscheidende Bestandteile des neuen Plots wurden. Und dabei fand ich besonders stark, dass anhand der beiden tatsächlich auch etwas über Trauma erzählt wird. Die beiden haben schließlich in den ersten beiden Filmen ziemlich viel Schreckliches er- und überlebt, und nun sieht man, wie unterschiedlich Menschen von so etwas gezeichnet werden können. Oder auf welch verschiedene Weise man so etwas zu verarbeiten versuchen kann.
Angst, gefeuert zu werden, mussten Sie dieses Mal ja auch keine haben!
Stimmt. Wobei ich an meine Gefühle von damals trotzdem ab und zu denken musste. Den die tollen neuen Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller, die die Regisseurin nun für den neuen Film gefunden hat, haben mich echt beeindruckt. Die waren Klassen besser, als ich mich damals geschlagen habe. Wobei ich zu meiner Verteidigung sagen muss, dass sie auch ein wenig älter waren, als ich es im ersten Film war. Besonders fiel mir übrigens auf, wie nett und solidarisch sie miteinander waren. Echte Team-Player. In meiner Generation waren junge Schauspieler damals sehr viel egoistischer und kompetitiver. Sicherlich auch, weil es viel weniger Rollen für uns gab und wir ständig für die gleichen vorsprachen.
Dass es überhaupt einen neuen „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“-Film gibt, zeugt von der großen Nostalgie, die es aktuell für die Neunzigerjahre zu geben scheint. Teilen Sie die?
Ich bin eigentlich kein nostalgischer Typ. Das einzige, wonach ich mich zurücksehne, ist der Discman. Diese tragbaren CD-Spieler vermisse ich wirklich. Dass heutzutage das Telefon das Gerät ist, über das man unterwegs Musik hört, gefällt mir überhaupt nicht. Denn das Telefon bedeutet immer auch Arbeit und Erreichbarkeit. Das lässt einen nie in Ruhe einfach nur Musik hören, sondern klingelt und vibriert in einer Tour. Ein Discman dagegen hatte nur einen Zweck zu erfüllen: Musik abzuspielen und mir damit Freude zu bereiten.
In Berlin sieht man dieser Tage sogar wieder junge Menschen mit echten Walkmans!
Oh, wie großartig. Nichts anderes hätte ich von Berlin erwartet. Vermutlich rauchen die Kids dabei auch noch echte Zigaretten und sehen unfassbar cool aus. Also nicht, dass irgendjemand rauchen sollte. Ist schließlich höchst schädlich. Aber cool aussehen tat es immer schon. Und mit einem Walkman auf den Ohren gleich doppelt!

Sie sind in Los Angeles geboren und quasi in der Filmbranche groß geworden. War Ihnen immer klar, dass Sie vor der Kamera Ihre Bestimmung finden würden?
Kein bisschen. Die Furcht, von der ich im Kontext des ersten Teils von „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ eben sprach, hat mich lange begleitet. Mein Vater war ein Komiker und Schauspieler in den Siebzigerjahren; er starb als ich noch sehr klein war. Ich habe immer diesem Geist hinterhergejagt und versucht, meine Familie stolz zu machen. Ich spürte lange den Druck, das besser zu machen, was er damals nicht hinbekommen hat. Lange Zeit traf ich berufliche Entscheidungen vor allem aus der Motivation heraus, es meiner Familie recht zu machen oder meinen Vater zu ehren. Wohl auch deswegen hatte ich bei jedem Film in den ersten Wochen die Angst, es komplett zu versemmeln. Wirklich angefangen, mich für Projekte nur um meiner selbst willen zu entscheiden, habe ich eigentlich erst in meinen Vierzigern.
Zwischenzeitlich hatten Sie der Schauspielerei auch schon so gut wie den Rücken gekehrt und sich anderen Unternehmungen gewidmet, waren in der Wrestling-Branche tätig und an verschiedenen Podcast- und App-Projekten beteiligt.
Vor allem habe ich mich auf meine Familie und die Kinder konzentriert. Vatersein kann schließlich auch ein Vollzeitjob sein. In jedem Fall war ich ganz happy damit, nur noch hin und wieder Sprecherrollen zu übernehmen. Aber es waren am Ende dann auch meine Kinder, durch die ich zurück vor die Kamera gefunden habe.
Weil langsam die teuren College-Jahre näher rücken?
Haha, nein, das nicht. Aber unsere Tochter fing irgendwann an, sich für den Beruf zu interessieren. Sie stellte immer mehr Fragen und zeigte echtes Talent. Das brachte sowohl meine Frau als auch mich dazu, über ein Comeback nachzudenken. Ich wollte ihr gerne zeigen, was ihr alter Herr alles kann. Aber eben auch, dass es bei der Schauspielerei um mehr geht als um Glitzer und Glamour. Ich selbst realisierte dann bald, wie sehr ich über die Jahre gewachsen war. Mit dem Alter und den Kindern war mein Selbstvertrauen gewachsen und ich fühlte mich viel wohler in meiner Haut als noch als junger Mann. Plötzlich konnte ich Verletzlichkeit zulassen, und die ist ja eines Schauspielers wirkungsvollste Waffe! Wenn ich heute Drehbücher lese, dann tritt mir nicht mehr der Angstschweiß auf die Stirn, sondern ich freue mich über Herausforderungen.
So begeistert, wie Sie gerade klingen, ist ein Leben ohne die Schauspielerei also doch nicht mehr vorstellbar?
Wer weiß, was gewesen wäre, wenn ich als Kind meiner Begeisterung für Martial Arts nachgegeben hätte und dem Traum, Kampfsport-Weltmeister zu werden, hinterhergejagt wäre. Das Leben hatte anderes im Sinn, und heute weiß ich, dass das auch richtig so war. Ich denke schon, dass ich in diesem Job meine Bestimmung gefunden habe.