München: Saxofonist Jacques Schwarz-Bart in der Unterfahrt – eine Kritik – München | ABC-Z

Genau 20 Grad, fast ein bisschen zu kühl war es in der Unterfahrt. Aber Michael Stückl, der Chef, wollte natürlich vorführen, warum der Club erstmals seit seinem Bestehen zwei volle Monate geschlossen war: Für den Einbau einer monströsen Klimaanlage nämlich. So werden die Konzerte also in Zukunft selbst bei anzunehmenden Rekordsommern angenehm temperiert sein.
Immerhin heizte einem bei der Wiedereröffnung der musikalische Gast Jacques Schwarz-Bart im Trio mit Reggie Washington am Bass und Arnaud Dolmen am Schlagzeug gefühlt ordentlich ein. Drückend warm wäre es früher geworden, bei über 160 kleinen Heizungen, war der Abend doch restlos ausverkauft. Was vermutlich auch mit dem letzten München-Auftritt von Schwarz-Bart zu tun hatte.
Eingeweihte hatten den heute 62-Jährigen, der schon mit Roy Hargrove, D’Angelo oder Me’shell Ndegeocello arbeitete, wegen seiner herausragenden Spieltechnik, aber vor allem wegen seiner jüdisch-europäische, afro-karibische und US-amerikanische Einflüsse verbindenden Projekte bereits lange unter die Top-Saxofonisten gerechnet. Auch hierzulande, hat Schwarz-Bart doch einige seiner herausragenden Alben beim Münchner Enja-Label veröffentlicht.
Bei der Eröffnung des „Jazz Sommers“ vor 13 Monaten aber bekam Schwarz-Bart endlich die Resonanz, die er verdient. Ssirus Pakzad rühmte ihn in der AZ als „wirklich umwerfenden unbesungenen Helden des Tenorsaxofons“, Reinhold Unger nannte ihn im Merkur einen „Unterschätzten“ und hob die Leidenschaft seines Spiels hervor, und Andrian Kreye adelte ihn in dieser Zeitung zur hinreißenden Überraschung, bei der „man sich fragte, warum der Mann zwar musikalisch zur ersten Liga gehört, aber bisher weitgehend unbekannt geblieben ist.“
Damals hatte Schwarz-Bart freilich Verstärkung durch den nicht minder herausragenden Pianisten und Weggefährten Gregory Privat und die Sängerin Malika Tirolien. Wie er eigentlich immer mittlere bis größere Besetzungen für seine Projekte aufbot, weil nicht zuletzt die Rollenverteilung bei seinen Kompositionen außergewöhnlich ist. Wie er selbst erklärte, hat er erst jetzt den Mut gefunden, sich sozusagen nackt zu präsentieren: Gerade erst hat er das erste Duo-Album vorgelegt, eines in dieser Trio-Besetzung wird folgen.
Ganz pur entblätterte sich also jetzt der Ideen-Kosmos von Schwarz-Bart, der sich viel um Geschichte und Geschichten dreht. Und in dem sich Kulturen und Welten vereinen, sich Hardbop in einen Gwo-Ka-Rhythmus einkleidet oder wilder Modern Jazz die bittersüßen alten Harlem-Klänge aufnimmt. So faszinierend, dass am Ende großer, berechtigter Jubel stand.