Supervulkan in Italien: Archäologen entdecken geheimnisvolle Tempelanlage | ABC-Z

Berlin. Vor Italiens Küste entdecken Archäologen einen Tempel im Meer. Er ist Zeugnis des Reichtums und Einflusses eines alten Wüstenreichs.
Das Römische Reich war ein einzigartiger Treffpunkt zahlreicher Kulturen, Völker und Glaubensrichtungen, die auf beeindruckende Weise miteinander verwoben waren. In den Straßen Roms traf man auf Menschen aus Ägypten, Griechenland, Germanien oder dem Nahen Osten – Händler, Soldaten und Gelehrte prägten das Stadtbild. Diese kulturelle Vielfalt spiegelte sich auch deutlich in der Architektur wider.
So berichten Meeresarchäologen von einem spektakulären Fund vor der Küste Neapels: eine versunkene Tempelanlage der Nabatäer. Die Nabatäer waren ein antikes Volk, das in der Region zwischen dem heutigen Jordanien, Syrien und Saudi-Arabien lebte. Bekannt sind sie vor allem für ihre beeindruckende Felsenstadt Petra in Jordanien, die als Hauptstadt ihres Reiches diente.
Vor Pozzuoli, einer 15 Kilometer westlich von Neapel gelegenen Stadt, stießen Forscher auf die 2000 Jahre alten Überreste des Tempels, einschließlich Altären und beschrifteten Marmorplatten. Einer in der Fachzeitschrift „Antiquity“ veröffentlichten Studie zufolge, sollen nabatäische Einwanderer diese Bauten errichtet haben. Pozzuoli ist berüchtigt für seine Erdbeben und liegt im Zentrum der Phlegräischen Felder, einem schlafenden Supervulkan, der kürzlich durch eine Erdbebenserie wieder Sorgen um einen möglichen Ausbruch in Neapel auslöste.
Archäologie: Tempel war nabatäischem Hauptgott geweiht
In der römischen Antike war Pozzuoli unter dem Namen Puteoli bekannt – ein bedeutender Handelshafen, an dem Schiffe aus allen Teilen des Imperiums anlegten, um Waren wie Getreide zu entladen. Aufgrund seismischer Aktivitäten hat sich die Küstenlinie seitdem um rund zwei Kilometer ins Landesinnere verschoben. Zahlreiche Lagerhäuser und andere Bauten des antiken Hafenviertels sanken ins Meer und blieben dort über Jahrhunderte gut erhalten. Bereits im 18. Jahrhundert vermuteten Forscher anhand geborgener Artefakte, dass sich in diesem Gebiet einst ein Tempel befand. Doch die genaue Lage blieb lange Zeit unklar.

Die Forscher fanden zwei Altäre aus Marmor zwischen den Trümmern.
© M. Stefanile / Antiquity
Forschern gelang erst im Jahr 2023 ein Durchbruch, als sie bei der Kartierung des Meeresbodens der Region zwei unter Wasser liegende Räume im römischen Stil fanden. Auf einer Fläche von 10 mal 5 Metern bildeten Wände zwei große Räume, in denen Taucher zwei Altäre aus weißem Marmor entdeckten.
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In den Altären waren rechteckige Nischen eingefügt, die wahrscheinlich in der Antike heilige Steine enthielten. In jedem Raum befand sich außerdem eine Marmorplatte mit der lateinischen Inschrift „Dusari sacrum“, was „Dushara geweiht“ bedeutet. Dushara war der Hauptgott der alten nabatäischen Religion.
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Tempelanlage wurde mit Beton und Keramikscherben aufgefüllt
Der Fund eines nabatäischen Heiligtums im ehemaligen Hafen von Puteoli belegt, wie eng die nabatäischen Händler in die römische Gesellschaft eingebunden waren. Laut der Studie zeugt der Einsatz von Marmor für Altäre und Inschriften vom Wohlstand und dem gesellschaftlich hohen Ansehen der Nabatäer in der damaligen Zeit.
Die Nabatäer erlebten unter der römischen Herrschaft von der Zeit des Augustus (31 v. Chr. bis 14 n. Chr) bis zu Trajan (98 bis 117 n. Chr.) eine Blütezeit. Sie kontrollierten wichtige Handelsrouten, auf denen sie Luxusgütern aus dem Osten ins Reich transportierten.
Mit der Gründung der römischen Provinz Arabia Petraea im Jahr 106 n. Chr. verloren die Nabatäer jedoch ihre Unabhängigkeit und ihre Handelsdominanz. Rom übernahm die Kontrolle, und der Tempel bei Neapel wurde aufgegeben. Später wurde die kunstvolle Anlage mit einer Mischung aus Beton und Keramikscherben aufgefüllt. Nicht aus Respektlosigkeit, sondern aufgrund der römischen Tradition, heilige Orte zu achten. Archäologische Funde, darunter Amphoren, weisen darauf hin, dass der Tempel zu Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. zugeschüttet wurde, was das Ende der nabatäischen Präsenz in Puteoli markierte.