Traumdeutung: Arbeitslose und ihre Albträume – Wissen | ABC-Z

Die Uhr tickt, unbarmherzig. Der Termin rückt immer näher, eine unangenehme Aufgabe wartet, ein Vortrag vor großem Publikum, eine unlösbare Aufgabe direkt vom Chef, irgendwie so etwas in der Art, das wird im Nebel dieses Traums aus dem klassischen Genre Versagensängste nicht ganz klar. Die ganze Zeit verhindert ein kleines Detail in diesem nächtlichen Gruselfilm, endlich zu Potte zu kommen. Wie soll das nur werden? Alles geschieht unter den Augen der Führungskräfte, die dieses nächtliche Meeting im Reich der Träume leiten und einem ihre Erwartungen und Ansprüche heiß in den Nacken atmen. Was das Problem genau ist, bleibt im Ungefähren, gewiss ist nur: Die Arbeit samt ihren Sorgen, Ängsten und Nöten hat einen bis in den Schlaf verfolgt und sich als eine Art surreales Jahresgespräch in diesem Versagensangsttraum breitgemacht – na, großartig.
Es passiert immer wieder mal, dass einen der Job bis in den Schlaf verfolgt, leider selten im Guten. Besonders häufig werden offenbar Arbeitslose von Träumen rund um Büros, Werkshallen, Geschäfte oder Konferenzräume heimgesucht. Wer tagsüber ohne Arbeit ist, schiebt nachts schwere Schichten im Traum? Dafür haben Emily Cook und Kyle Napierkowski vom Center for Organizational Dreaming Hinweise gefunden. Ihre Analyse von 6478 Berichten auf der Plattform Reddit legt nahe, dass Arbeitslose im Vergleich zu Erwerbstätigen häufiger berufsbezogene Trauminhalte zu Protokoll geben, wie sie im Fachjournal Dreaming schreiben. Zudem fielen die Träume Arbeitsloser dadurch auf, dass sie kaum Überraschungen und wenige visuelle Eindrücke hinterließen – insgesamt also etwas ärmer an Details waren.
Die Forscher interpretieren ihre Ergebnisse im Sinne der Kontinuitätshypothese des Träumens. Demnach prägen jene Gedanken, Sorgen und Interessen die nächtlichen Filmvorführungen des Gehirns, die auch den Wachzustand dominieren. Träume lassen sich also als Fortsetzung des Tages im Schlaf begreifen. Natürlich werden nicht zwingend sämtliche Erfahrungen des Tages in Träume eingebaut, aber eben oft jene, die besondere Bedeutung oder Emotionalität auszeichnet. So ist aus anderen Publikationen bekannt, dass jene Menschen häufiger von ihrer Arbeit träumen, die diese als besonders belastend empfinden. In einer Studie etwa berichteten 35 Prozent der befragten Krankenschwestern – ein fordernder, stressiger Beruf – von Albträumen rund um ihre Arbeit.
Arbeitslose stünden mutmaßlich ebenfalls unter hohem Druck und erlebten ihre Situation als besonders stressig, schambehaftet und sinnentleert, argumentieren Cook und Napierkowski. Ohne Job und den damit verbundenen finanziellen und seelischen Nöten im Genick, kreise das Denken tagsüber vermutlich intensiv um das Thema Arbeit, so die Forscher weiter. Das schlage sich dann vermutlich in den Inhalten von Träumen nieder. Dass diese zudem arm an Überraschungen und visuellen Details sind, könnte an der mit Arbeitslosigkeit einhergehenden kognitiven Passivität liegen, so die Forscher. Am Ende bleibt das Fazit: Wer tagsüber ohne Arbeit ist, scheint dafür im Schlaf buckeln zu müssen. Job oder kein Job, beides kann zum Albtraum werden.