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Landgericht München: Prozess wegen räuberischer Erpressung in Germering – Fürstenfeldbruck | ABC-Z

Es ist eine verhängnisvolle Verwechslung: Ein 18-jähriger Schüler macht sich in Germering auf den nächtlichen Heimweg. Der führt an einem Hotel vorbei. Von einem der Balkone aus wird er unflätig und wohl auch rassistisch beschimpft und bedroht. Kurz darauf verfolgen ihn zwei fremde Männer und holen ihn nach kurzer Flucht ein. Die beiden 24-Jährigen fordern unmissverständlich Bargeld. Als der Germeringer sich weigert, kommt es zum Handgemenge. Einer der Angreifer fügt ihm mit einem Schlagring eine stark blutende Platzwunde am Kopf zu. Erst als der 18-Jährige einen Hundert-Euro-Schein herausgibt, lassen sie von ihm ab.

Im Münchner Landgericht trifft der junge Mann gut eineinhalb Jahre später auf seine mutmaßlichen Peiniger. Einer von ihnen sitzt seit diesem Februar in Untersuchungshaft und wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Den beiden Männern legt die Staatsanwaltschaft räuberische Erpressung zur Last – auch wegen des Einsatzes einer Waffe ist zu prüfen, ob es sich um einen „besonders schweren Fall“ handelt. Eine Straftat, die mit fünf Jahren aufwärts geahndet werden kann, wie Thomas Bott, Vorsitzender des Schöffengerichts, beim Prozessauftakt klarmacht.

Letztlich verständigen sich Richter, Rechtsanwälte und die beiden Angeklagten in einem nicht öffentlichen Rechtsgespräch aber auf den voraussichtlichen Rahmen für Freiheitsstrafen im Bereich von einem Jahr und sechs Monaten bis zu zwei Jahren und sechs Monaten. Dies gilt aber nur, sofern sich die „besondere Schwere“ des Falls nicht bestätigt sowie unter der Bedingung, dass die Angeklagten ein umfassendes Geständnis ablegen und im Zuge eines Täter-Opfer-Ausgleichs Schmerzensgeld gezahlt wird. Die beiden Angeklagten hoffen auf eine Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren, weil sie dann zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.

Die Männer äußern sich detailliert auf Nachfragen des Gerichts und des Anwalts, der als Nebenkläger den damaligen Schüler aus Germering vertritt. Sie zeigen sich zutiefst zerknirscht sowie reumütig und räumen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weitgehend ein. Und sie erklären sich bereit, jeweils 4000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Gleichwohl versichern sie, die Tat nicht geplant, sondern spontan und unter dem Einfluss von Alkohol gehandelt zu haben. Offenbar im Irrglauben, sich – wenn auch auf illegale Weise –ihr Eigentum zurückholen zu können.

Ein Betrüger hat ihnen statt Cannabis profanes „Wiesengras“ untergejubelt

Im Februar vor einem Jahr sind beide Arbeitskollegen, die für ihren Betrieb im Raum München auf Montage sind – untergebracht in einem Germeringer Hotel. An einem Tag besucht einer der beiden eine nahegelegene Spielothek und lernt dort einen Dealer kennen, dem er für 50 Euro scheinbar fünf Gramm Cannabis abkauft. Auf dem Balkon des gemeinschaftlichen Hotelzimmers stellen die beiden Arbeitskollegen fest, dass ihnen da jemand profanes „Wiesengras“ angedreht hat. Ihren Ärger spülen sie mit dem einen oder anderen Bier und auch Hochprozentigem herunter.

Kurz nach Mitternacht glaubt einer der geprellten Cannabiskäufer, seinen Augen nicht trauen zu können: Läuft da nicht der betrügerische Dealer am Hotel vorbei? Schwarze Lederjacke, kräftige Figur, dunkle Haare! In Wirklichkeit ist es der 18-jährige Germeringer, der damit nichts zu tun hat und gar nicht weiß, wie ihm geschieht. Letztlich aber gibt er den Geldschein heraus, um weitere Schläge zu vermeiden.

Wechselgeld erhält das Opfer nicht, den Überschuss teilen die Täter unter sich auf

Eigentlich wollten die beiden Arbeitskollegen, wie sie versichern, nur die 50 Euro zurück. Wechselgeld freilich gibt es nicht. Die Beute wird später aufgeteilt. Dass sie gerade eine Straftat begangen haben, dämmert den beiden allerdings schon. Deshalb legen sie das Handy des Opfers so ab, dass damit nicht gleich die Polizei alarmiert werden kann. Der Schlagring wird entsorgt, ein weiteres bis dato im Hotel verbliebenes Exemplar nebst Kleidungsstücken in einen Müllbeutel gepackt und im Germeringer See versenkt. Unter anderem Videoaufnahmen des Hotels belasten die beiden mittlerweile geständigen 24-Jährigen, auch wenn ihr Opfer sie beim Wiedersehen viele Monate nach der Auseinandersetzung in jener Nacht nicht mehr zweifelsfrei als seine damaligen Peiniger identifizieren kann.

An diesem Donnerstag wird mit einem Urteil gerechnet.

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