Google kassiert nächste Niederlage in Kartellverfahren – Wirtschaft | ABC-Z

Für Google wird es nun wirklich ernst. Der Konzern betreibt nicht nur ein, sondern zwei Monopole. So hat es am Donnerstag die US-Richterin Leonie Brinkema in einem Kartellprozess gegen den Technologieriesen entschieden. Damit unterliegt Google schon zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit in einem Verfahren um seine Marktmacht. In dem Prozess in Virginia ging es um Googles Rolle bei der Vermarktung von Online-Werbeplätzen. Die Richterin sah es als erwiesen an, dass der Konzern auf diesem Gebiet „vorsätzlich eine Monopolstellung erworben und aufrechterhalten“ hat. Schon im vergangenen August hatte ein anderes US-Gericht Google bescheinigt, seine dominante Stellung als Suchmaschine auf illegale Weise auszunutzen und Wettbewerber kleinzuhalten.
Die beiden Urteile könnten Google zwingen, sein Geschäftsmodell grundlegend umzubauen. Der Konzern verdient sein Geld überwiegend mit Werbeanzeigen im Netz, sie bescheren ihm zuverlässig Milliardengewinne. Im äußersten Fall könnte Google eine Zerschlagung drohen.
Mit der Entscheidung vom Donnerstag hat sich das Klima in den USA noch mehr gegen die Internetkonzerne aus dem Silicon Valley gedreht. Politiker und Kartellbehörden hatten die Unternehmen lange gewähren lassen. Sie sahen – anders als etwa die EU-Kommission – ihre Größe und ihre Ausbreitung in immer mehr Geschäftsbereichen nicht als Gefahr für die Verbraucher an. Unter Präsident Joe Biden änderte sich das. Er besetzte Schlüsselpositionen in seiner Regierung mit Kritikern von Big Tech.
Sein Nachfolger Donald Trump behielt diesen Kurs bislang im Grundsatz bei, obwohl er erst vergangene Woche sagte, dass er Google und die Leute dort „liebe“. Viele Techbosse suchen die Nähe des Präsidenten. Auch Google-Chef Sundar Pichai saß bei Trumps Vereidigung auf der Ehrentribüne. Womöglich hoffte er so, den Präsidenten im Kartellstreit auf seine Seite zu ziehen. Doch offenbar hatte das keinen Erfolg.
Die Regierung nimmt Tech-Konzerne ins Visier
Denn Trumps Justizministerin Pam Bondi pries das Urteil gegen Pichais Konzern am Donnerstag als „bahnbrechenden Sieg im Kampf gegen die Monopolisierung des digitalen öffentlichen Raums durch Google“. Führende Republikaner wie der Senator Ted Cruz aus Texas sehen auch nicht nur Googles Marktmacht kritisch. Sie glauben, das Unternehmen unterdrücke auf seiner Videoplattform Youtube konservative Stimmen. Deshalb wollen sie erwirken, dass Google seine Regeln für die Moderation von Inhalten offenlegt.
Die US-Regierung hat daneben noch andere Techkonzerne ins Visier genommen. Der Facebook-Mutterkonzern Meta steht gerade in Washington vor Gericht. Die US-Kartellbehörde wirft ihm vor, Instagram und Whatsapp seinerzeit gekauft zu haben, um Konkurrenten aus dem Weg zu räumen, die Facebook hätten gefährlich werden können. Das sei illegal gewesen. Auch Apple und Amazon drohen in den USA bald wohl ähnliche Verfahren.
Im Kern geht es immer um dieselbe Frage: Sind die Techkonzerne aus dem Silicon Valley so groß und erfolgreich geworden, weil sie die besten Produkte bauen? Oder haben sie ihre Dominanz mit unlauteren Mitteln erworben, indem sie Konkurrenz aus dem Markt gedrängt oder übernommen haben? Und nutzen sie ihre Dominanz zum Nachteil von Verbrauchern und Kunden aus?
In vielen Fällen ist es nicht leicht, den Unternehmen ein unfaires oder sogar illegales Verhalten nachzuweisen. Es geht um abstrakte Geschäftsmodelle und technische Feinheiten. Manche Gerichte waren davon in der Vergangenheit überfordert.
Auch das Verfahren um Googles Stellung im Online-Werbegeschäft drehte sich um eine Branche, die nur Insider im Detail kennen. Doch die 80 Jahre alte Bezirksrichterin Leonie Brinkema aus Alexandria, Virginia, hatte sich in den komplexen Stoff eingearbeitet. Das wurde schon am ersten Prozesstag klar. Als Zeugen der Anklage rief sie unter anderem den Vertriebschef der Zeitung USA Today auf. Er sagte aus, dass sein Haus bei der Vermarktung von Online-Werbung de facto abhängig von Google sei.
Werbeplätze auf Webseiten wie der von USA Today werden meistbietend versteigert. Dahinter steht ein mehrstufiger Auktionsprozess. Das US-Justizministerium und die Staatsanwälte von 17 US-Bundesstaaten warfen Google vor, alle drei wesentlichen Schnittstellen der Versteigerung zu kontrollieren. Google hielt dagegen. Der Konzern argumentierte, dass er mit Amazon und Tiktok sehr wohl ernst zu nehmende Konkurrenten habe.
Der für Google schlimmste Fall käme einer Aufspaltung gleich
Die Richterin gab der Anklage nun recht. Allerdings sah sie ein verbotenes Monopol von Google nur in zwei der drei Stufen als erwiesen an. Google feierte das als Teilerfolg. „Wir haben die Hälfte des Falls gewonnen und werden die andere Hälfte anfechten“, schrieb Lee-Anne Mulholland auf X, die für Regulierung zuständige Google-Managerin. Was aus dem Urteil folgt, ist noch nicht klar. Darüber entscheidet die Richterin erst später.
Im Prozess um Googles Suchmaschine, den der Konzern im vergangenen Sommer verlor, drohen schon bald möglicherweise gravierende Einschnitte in Googles Geschäftsmodell. Nach Ostern ist in diesem Verfahren eine mehrwöchige Anhörung angesetzt. Im aus Googles Sicht schlimmsten Fall könnte der Richter danach anordnen, dass der Konzern seinen Internetbrowser Chrome und sein Betriebssystem Android verkaufen muss. So fordert es das US-Justizministerium. Das käme einer Aufspaltung gleich. Google will seinen Wettbewerbern dagegen lediglich mehr Raum geben.
Folgt der Richter dem Justizministerium, wäre das der härteste Eingriff in das Geschäftsmodell eines Tech-Konzerns seit 24 Jahren. Damals, im Jahr 2001, einigte sich die US-Regierung mit Microsoft auf einen Vergleich. Danach durfte der Softwarehersteller seinen Nutzern den Internet Explorer nicht mehr so offensiv aufdrängen.