Das hält Andreas Nowak vom Gebaren der Sender | ABC-Z

Ein Automatismus für eine mögliche Zustimmung besteht im sächsischen Landtag keinesfalls. Zum einen wissen wir, wie wichtig Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind, die auch zu wirtschaftlichen Effekten führen, und zum anderen existiert in Sachsen eine Minderheitsregierung. Das heißt, dass auch Abgeordnete von Parteien, die nicht der Regierung angehören, zustimmen müssen. Wie diese entscheiden, lässt sich gegenwärtig noch nicht absehen.
Gibt es Ihrerseits Kritik an diesem Reformstaatsvertrag?
Wichtig ist, dass es zumindest mal losgeht. Die Anstalten entfalten ja bedauerlicherweise von sich aus keine eigenen Aktivitäten für wirkliche Reformen zur Begrenzung der Kosten und müssen immer mit Staatsverträgen durch die Tür gezwungen werden. Dabei könnten sie auch selbst schon tätig werden, bei der Vergütung von Spitzenpersonal, bei der Anpassung an das Nutzungsverhalten, bei Unterhaltung und Sport. Nirgendwo gibt es wirkliche Reformschritte, die von den Anstalten ausgehen. Insofern ist dieser Reformstaatsvertrag ein wichtiger Anfang. Es kann aber auch nur ein Anfang sein. Wer glaubt, dass es damit erledigt ist, irrt. Schon jetzt ist sichtbar, dass wesentliche Teile nachgebessert werden müssen. Beim Sport werden die Kosten jetzt auf fünf Prozent des Gesamtbudgets begrenzt. Nötig wären fünf Prozent des Programmbudgets. Bei der Unterhaltung findet gar keine Begrenzung statt. Durch die Plattform-Möglichkeiten befürchte ich sogar, dass die Anstalten künftig mehr anstatt weniger Geld haben wollen. De facto ist das nämlich keine Angebotsbeschränkung, sondern eine Ausweitung. Auch die Zusammenarbeit mit den Privaten sehen wir kritisch. Hier ist zu befürchten, dass das zu Lasten der Außenpluralität geht und die Privaten Anteile am Rundfunkbeitrag fordern könnten. Teilweise hört man diesen Anspruch auf Arbeitsebene heute schon. Zu einer größeren Anzahl von ARD-Gemeinschaftseinrichtungen in Ostdeutschland steht gar nichts im Entwurf.
Der Reformstaatsvertrag soll am 1. Dezember in Kraft treten, wenn alle 16 Landtage zustimmen. Welche Veränderungen erwarten Sie dann vor allem bei den Anstalten?
Ich erwarte, dass von ihnen mehr eigene Vorschläge kommen, wo und wie künftig weniger produziert werden kann. Wir leisten uns den teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk Europas. Gleichzeitig fällt er immer wieder durch politische Unausgewogenheit und Haltungsjournalismus auf. Hier ist ein Kulturwechsel erforderlich. Zudem müssen die neuen technischen Möglichkeiten genutzt werden, um ohne zusätzliche Kosten mehr Nutzer, vor allem Jugendliche, zu erreichen. Die sind längst unterwegs weg vom Linearen. Wenn die Plattform-Formate zunehmen, müssen die linearen Angebote reduziert werden.
Selbstverständlich. Diese Klage ist entweder ein unfreundlicher Akt ohne Einsicht in Notwendigkeiten, oder die Anstalten pokern darauf, dass mit den neuen Möglichkeiten der Beitrag weiter steigen könnte. Dabei haben sie heute Rücklagen, die nach Meinung der Rundfunkkommission bis zur Wirksamkeit des Reformstaatsvertrags ausreichen. Noch ist nicht klar, wie das Bundesverfassungsgericht das alles bewertet. Die Anhörung des Gerichts wurde dieses Mal sehr breit verteilt. Nicht nur die Bundesländer und die Anstalten waren zu einer Stellungnahme eingeladen, auch Verbände und Institutionen. Wir begrüßen es, dass die Länder dieses Mal einheitlich vor Gericht agieren und die Klage gemeinsam ablehnen und sich auch nur durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten lassen. Das zeigt, dass wenigstens hier Einigkeit herrscht. Alle sind irritiert über die Borniertheit der Anstalten, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.
Ansonsten hätten Sie an der geplanten neuen Festlegung des Rundfunkbeitrags nichts auszusetzen?
So einfach ist es nicht. Das Widerspruchsverfahren ist keine Idee aus den Parlamenten. Diese werden nämlich dadurch geschwächt. Die Hoffnung, dass die Anstalten dann moderat anmelden würden, damit eine Beitragserhöhung geräuschloser beschlossen wird, dürfte nicht aufgehen. Bisher haben die öffentlich-rechtlichen Sender keine Aktivitäten in diese Richtung gezeigt – im Gegenteil. Das zeigt auch die derzeit laufende Klage. Außerdem richtet sich das Verfahren einseitig nur auf die Möglichkeit einer Erhöhung des Beitrags. Dass dieser stabil bleiben oder sogar sinken solle, ist offenbar gar nicht intendiert. Vor allem aber die Schwächung der parlamentarischen Mitwirkung bleibt ein Problem. Für uns wäre dieser Staatsvertrag deshalb so nicht zustimmungsfähig.