Nachhaltige Taschen: Brigitte Tanaka und Erewhon – Stil | ABC-Z

Für sie: Stilecht gefaked
Was man ja im Alltag gerne mal vergisst, ist, den Jutebeutel mitzunehmen. In Deutschland in einem Supermarkt dann nach einer Tüte fragen zu müssen, ist schlimmer als jeder ungeduschte Walk of Shame. Wer keinen Jutebeutel hat, ist ein Umweltschwein, das sein Leben nicht im Griff hat, das meint man zumindest in den Blicken der anderen zu lesen. Dass die Mehrwegeinkaufstasche so oft zu Hause bleibt, liegt wohl daran, dass man sich an ihr nie so richtig erfreuen kann. Dafür gibt es nur eine Lösung – sie muss mindestens so schön sein wie eine Handtasche, denn die vergisst man ja nie.
Das japanisch-französische Designer-Duo Brigitte Tanaka hat dafür eine Lösung. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, Alltagsobjekten ein wenig nachhaltige Poesie einzuflößen, damit das große Beutelvergessen ein Ende hat. Das Erfolgsprodukt des Pariser Labels sind Organzataschen, die zwar unglaublich zart wirken, aber mindestens so stark sind wie ihre Vorbilder, also die Plastiktüten von früher. Nein, nicht die von Aldi oder Rewe oder vom französischen Monoprix. Stattdessen werden imaginäre Logos von Apotheken, Fischläden oder Bäckern aus Paris auf das federleichte Material gestickt. Dieses Modell (38 Euro, brigittetanaka.com) ahmt die Tüte eines traditionellen Metzgers nach. Wer mit so einem Beutel einkaufen geht, der läuft nicht mehr schnell zum Edeka, der flaniert imaginär durch Straßen, die Rue Mouffetard oder Rue Daguerre heißen, und verliest Artischocken von Hand. Einziges Risiko für Besitzer dieses Beutels ist, jetzt alles andere Wichtige zu vergessen.
Für ihn: Nachhaltig geprotzt
Der US-Einzelhändler Erewhon steht für das Endstadium des kalifornischen Lebensgefühls, es ist sozusagen der Lanserhof unter den Supermärkten. Jedes Produkt hier ist bis zur Unerträglichkeit besonders, gesund, vegan, nachhaltig oder am besten alles zusammen. Und vor allem teuer, das Pfund Butter kann hier auch gerne mal umgerechnet 15 Euro kosten, der Liter Biomilch zehn Euro. Klar, dass die Tragetaschen dieses Superdupermarktes zu Statussymbolen geworden sind – subtiler kann man kaum signalisieren, dass man es geschafft hat und bereit ist, viel Geld in sich selbst zu investieren.

Hiesige Bio-Märkte sind auch teuer, haben es aber bislang verabsäumt, zum Inbegriff urbanen Glamours zu werden. Bei aller Kostspieligkeit atmen sie ja immer noch was vom alten Reformhaus-Charme und einer durchgehend schrecklichen Schneekoppe-Corporate-Identity, die pflichtschuldig immer Möhren beinhaltet und Rapunzel-Leinsamen. Also, das taugt nicht wirklich als Distinktionsmerkmal. Stattdessen wird in den hippen Vierteln deutscher Städte immer noch eine Baumwolltasche (Es ist nämlich nie ein Jutebeutel. Aus Jute werden Kartoffel- und Nikolaussäcke gemacht) aufgetragen, die man gratis bekam, wenn man einmal ein Lock-Abo des wunderbaren New Yorker-Magazins abgeschlossen hat. Das Abo und die sorgsam gestapelten Hefte sind lange vergessen beziehungsweise nie wirklich gelesen worden, aber der New-Yorker-Beutel wird behandelt, als wäre er der erste und letzte seiner Art. Ein Ostküsten-Statussymbol, dessen Beliebtheit hierzulande nicht mal Trump etwas anhaben kann.