Das Ende der Stadt-Sheriffs: Die Münchner Polizei im Wandel der Zeit | ABC-Z

Die Münchner Polizei ist nach dem Krieg zunächst als kommunale Stadtpolizei neu organisiert worden. Die Beamten trugen in den 60er Jahren graue Uniformen und waren, ebenso wie die anderen Gemeindepolizeien im Freistaat, von der bayernweit zuständigen, grün uniformierten Landpolizei optisch leicht zu unterscheiden.
Im Oktober 1975, also genau vor einem halben Jahrhundert, wurde die Münchner Stadtpolizei schließlich erneut umorganisiert und Teil der bayerischen Landespolizei – zum Jubiläum ein Rückblick auf einen sehr bewegten Teil der Münchner Stadtgeschichte.
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Die Münchner Polizei war in der Anfangszeit quasi eine städtische Behörde, angesiedelt im Referat 11 – dem Amt für öffentliche Ordnung, heute KVR. Mit rund 6000 Bediensteten war sie die größte Gemeindepolizei. Dienstsitz war damals wie heute das Präsidium in der Ettstraße.
Im Münchner Stadtrat gab es damals Überlegungen, das Amt des Polizeipräsidenten mit dem des Leiters des Ordnungsamtes zusammenzufassen. Die Polizeipräsidenten in München waren bis dahin Dezernenten, also berufsmäßige Stadträte, für sechs Jahre durch den Stadtrat gewählt.
Münchner Polizeigeschichte: Ein halbes Jahrhundert Veränderungen und Herausforderungen
In den 1960er Jahren geriet die Polizei wegen ihrer “konfrontativen Vorgehensweise”, wie es Beobachter höflich nannten, in die Kritik. Vor allem bei Großeinsätzen wie beispielsweise bei Demonstrationen oder Studentenprotesten in Schwabing griffen die Beamten oft überaus hart und rücksichtslos durch.

© Rudi Dix / Stadtarchiv
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Die Einsätze im Zusammenhang mit den Schwabinger Krawallen 1962 ramponierten den Ruf der Münchner Polizei – und das sogar international. Manche bezeichneten die Polizei in der Landeshauptstadt “als die weitaus rüdeste Polizei der Bundesrepublik”. Im Mittelpunkt der Kritik stand Polizeipräsident Anton Heigl (1952 bis 1963).
Ein neues, modernes Einsatzkonzept musste her: Künftig sollten Unruhen gemäß einer neuen Linie möglichst im Vorfeld verhindert werden. Gegenüber öffentlichen politischen Massenprotesten sollten weniger konfrontative Interventionsstrategien angewendet werden.
Erstmals wurde deshalb die Position eines Polizeipsychologen eingeführt. Rolf Umbach wurde im Januar 1964 als erster Polizeipsychologe in München im Präsidium eingestellt. 1968 folgte ihm in dieser Funktion Georg Sieber.
Die auch heute noch geltende berühmte “Münchner Linie”
Der neue Polizeipräsident Manfred Schreiber entwickelte zusammen mit Umbach und Sieber die auch heute noch geltende berühmte “Münchner Linie” – eine grundlegende Richtlinie für polizeiliches Handeln im Zuständigkeitsbereich des Münchner Präsidiums.
1970 begann die Umstrukturierung der staatlichen Polizei in Bayern in regionale Schutzbereiche. Polizeidirektionen für die einzelnen Bereiche wurden gebildet. Ziel war es, Schutz-, Verkehrs- und Kriminalpolizei in einer Ebene zusammenzufassen, die Effizienz zu erhöhen und somit leistungsfähigere Organisationsstrukturen zu schaffen. Die lokalen Gemeindepolizeien in ganz Bayern wurden im Gegenzug schrittweise verstaatlicht. Am 1. August 1972 wurde die Landpolizei in Landespolizei umbenannt.
Der Terroranschlag auf die Olympischen Spiele 1972
Doch auch die neue Organisationsstruktur der Polizei hatte Schwächen. Was beim Terroranschlag auf die Olympischen Spiele 1972 in München überdeutlich wurde. Acht Terroristen der Gruppe “Schwarzer September” drangen am 5. September 1972 im Olympischen Dorf in die Unterkünfte der israelischen Mannschaft ein. Sie ermordeten zwei Mitglieder und nahmen neun Sportler als Geiseln. Nach einer gescheiterten Befreiungsaktion auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck kamen alle neun Geiseln, ein deutscher Polizist und fünf Terroristen ums Leben.

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Es gab etliche schwerwiegende Fehler bei der Befreiungsaktion. Ursachen waren beispielsweise mangelnde Erfahrung mit Terrorismusbekämpfung, einer im Vergleich zu heute geradezu dilettantischen Umsetzung (damals gab es noch keine Spezialkommandos wie die später gegründete GSG 9), sowie Mängel bei der Einsatzführung. Dazu kamen die schlechte Ausrüstung der eingesetzten Beamten, eine unklare Befehlskette und darüber hinaus noch Liveübertragungen der Polizeiaktionen im Fernsehen.
Neue Outfits für die Polizisten
Die Umstrukturierung der Polizei endete formal am 1. Oktober 1975. Als letzte Gemeindepolizei in Bayern wurde die Stadtpolizei München in das Polizeipräsidium München eingegliedert. Die 1966 eingeführte graue Uniform mit den schwarzen Jacken und dem am Ärmel aufgenähten Abzeichen mit der Aufschrift “Stadtpolizei München” verschwand.

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Mit der Überführung der alten Stadtpolizei München in das Polizeipräsidium München kam ein neues Outfit, die “Oestergaard-Uniform”, ein Entwurf des deutschen Modedesigners Heinz Oestergaard: das Diensthemd in der Farbe Bambus, der Blouson in Moosgrün, die Hose in Beige. Mehr als 40 Jahre prägte dieses Outfit das Erscheinungsbild der Polizei. Spötter bezeichneten die Beamten wegen der Farben gelegentlich auch gerne als “Senf-Truppe”.
Manfred Schreiber war von 1963 bis 1983 Präsident des Polizeipräsidiums München, zu dessen Zuständigkeitsbereich neben dem Stadtgebiet der Landkreis München und ein kleiner Teil des Landkreises Starnberg zählen. Schreiber, der auch zwölf Jahre städtischer Polizeipräsident in München war, lobte anlässlich der Umstellung 1975 in einem Interview mit der AZ die gute Zusammenarbeit mit dem Münchner Stadtrat. Schreiber stellte in dem Interview auch klar, dass nach dem Polizeiaufgabengesetz der Münchner Polizeipräsident neben dem OB bereits einen zweiten Chef gehabt habe. “Der Innenminister konnte schon immer Weisungen erteilen”, so Schreiber.

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Manfred Schreiber: “Wir bleiben bei der Münchner Linie”
Von dieser Weisungsbefugnis des Ministeriums wurde, wie der Polizeichef betonte, “nur sehr maßvoll Gebrauch gemacht”. Soll heißen, die Polizei in der Landeshauptstadt war damals in der glücklichen Lage, dass ihr von außen kaum dreingeredet wurde. Die Münchner Polizei sei “ziemlich autark” gewesen, betonte ihr Präsident in der AZ. Das, so Schreiber, habe von der Bestellung der Stiefel bis zur Konzeption der Rauschgiftbekämpfung gegolten.
Durch die Verstaatlichung sah Schreiber die Position seines Präsidiums aber nicht geschwächt. Immerhin stand damals eine rote Stadtregierung (SPD) gegen die schwarze Landesregierung (CSU) im Freistaat. “Wir bleiben bei der Münchner Linie”, versprach der Polizeichef.
Und mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: Die Lage der Münchner Polizei grenze “künftig allerdings an ein anatomisches Wunder: Nämlich zwischen zwei Stühlen sitzend trotzdem aufrecht stehen zu bleiben”. Das gelingt im Polizeipräsidium in der Ettstraße bis heute erstaunlich gut.





















