Wegen ihr zofft sich die Union: Die umstrittene SPD-Richterin Brosius-Gersdorf | ABC-Z

Der Bundestag soll drei neue Richter für das Bundesverfassungsgerichts wählen. Die SPD hat zwei Kandidatinnen vorgeschlagen. Eine von ihnen steht besonders in der Kritik: Frauke Brosius-Gersdorf
Am Freitag wird im Bundestag über die Besetzung neuer Richter und Richterinnen am höchsten deutschen Gericht, dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, entschieden. Bis zum Herbst müssen drei Posten besetzt werden. Bereits im November 2024 endete die Amtszeit von Richter Josef Christ, der seitdem nur noch übergangsweise amtiert.
Nun soll über drei Nachfolger abgestimmt werden, die zuvor von der Union und der SPD vorgeschlagen wurden. Zum einen ist das Günter Spinner, Richter am Bundesarbeitsgericht, den die Union ins Rennen schickt. Die SPD nominierte zwei Rechtsprofessorinnen: Ann-Katrin Kaufhold, Rechtswissenschaftlerin und Professorin an der Ludwig-Maximilians-Universität München, und Frauke Brosius-Gersdorf.
Doch die Wahl der drei ist keine Formalie. Nicht nur, dass Union und SPD zusammen nicht genügend Stimmen haben. Der Vorschlag der SPD, Frauke Brosius-Gersdorf, ist stark umstritten, vor allem innerhalb der Union. Dabei geht es unter anderem um deren positive Haltung zu einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie, andererseits um ihre aus Sicht mancher Abgeordneter zu liberale Haltung zu Abtreibungen.
Das ist die umstrittene Kandidatin Brosius-Gersdorf
Unstrittig ist, dass Brosius-Gersdorf eine erfahrene Juristin ist. Die 54-jährige Professorin stammt aus Hamburg. In den 1990er-Jahren studierte sie in ihrer Heimatstadt Rechtswissenschaften, arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin, promovierte und legte ihr zweites Staatsexamen ab. In Bonn und Berlin arbeitete sie als Rechtsanwältin, bevor Brosius an der Universität Potsdam in Öffentliches Recht, Verwaltungsrecht und Sozialrecht habilitierte. 2011 wurde ihre Arbeit mit dem Marie-Elisabeth-Lüders-Wissenschaftspreis ausgezeichnet.
Zuletzt hat Brosius-Gersdorf den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Verfassungs- und Sozialrecht, an der Universität Potsdam inne. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit war Brosius-Gersdorf stellvertretendes Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Sachsen, war Teil der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer und engagierte sich als stellvertretende Koordinatorin der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin.
Befürwortung eines Parteienverbots der AfD
Eben dieses Engagement von Brosius-Gersdorf wird vor allem innerhalb der Union kontrovers diskutiert. So hatte sie in einem Aufsatz geschrieben: „Die Annahme, dass Menschenwürde überall gelte, wo menschliches Leben existiert, ist ein biologistisch-naturalistischer Fehlschluss.“ Und: „Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt.“
Ihre Haltung zur Abreibung ist nicht der einzige Punkt, der in der Union für Unmut sorgt. Es geht auch um Brosius-Gersdorfs Haltung zu verbindlichen Frauenquoten oder ihre Befürwortung eines Parteienverbots der AfD. Letzteres lehnen weite Teile der Union ab.
“Ganz sicher keine linksradikale Aktivistin“
Auf der Plattforum X äußerte sich die Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig von der CDU: „Frau Brosius-Gersdorf ist als Richterin am Bundesverfassungsgericht maximal ungeeignet und für jeden Demokraten unwählbar“. Aus der Unions-Fraktion sei zu hören gewesen, dass Brosius-Gersdorf dort von manchen als “ultralinks” eingeschätzt werde, berichtet ZDF-heute.
Anders äußerte sich der CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffman gegenüber der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung”: „Frau Brosius-Gersdorf ist keine Kandidatin der Union, aber eine respektable Kandidatin der SPD – und ganz sicher keine linksradikale Aktivistin“.
Klar ist. dass die Mehrheitsverhältnisse seit der Wahl im Februar komplizierter geworden sind, da CDU/CSU und SPD keine Zweidrittelmehrheit im Bundestag haben, selbst nicht zusammen mit den Grünen. Die Koalition ist also sowohl auf die Grünen als auch, wenn das Parlament vollzählig anwesend ist, auf Stimmen aus der Linken oder der AfD angewiesen. Auch wenn die Linke wiederholt für ihre Zustimmung das Gespräch mit der Union forderte, hält die Union an ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss fest, der für Links- wie Rechtsaußen gilt.
Komplizierte Wahl
Die AfD-Fraktionsführung empfiehlt ihren Abgeordneten, nur den Kandidaten der Union zu wählen, nicht aber die Kandidatinnen der SPD.
Für die Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden Abgeordneten notwendig. Gäben alle Parlamentarier ihre Stimme ab, dann würden Union, SPD und Grünen sieben Stimmen zu dieser Mehrheit fehlen. Daneben muss mindestens eine Mehrheit aller 630 Bundestagsmitglieder erreicht werden, also mindestens 316 Stimmen.
Da aber bei solchen Abstimmungen fast immer Abgeordnete fehlen, hofft die Union, über ein möglichst vollzähliges Erscheinen trotzdem allein mit Hilfe der Grünen auf eine Zweidrittelmehrheit zu kommen. Wenn die Wahl scheitert, wird der Bundesrat diese Aufgabe übernehmen.