Dachau: Ehefrau soll Auftragsmörder engagiert nach sich ziehen, um an das Geld ihres Mannes zu kommen. – Dachau | ABC-Z

Mit knapp 50 Jahren wurde Patricia S. Lottomillionärin. Rund 1,2 Millionen Euro gewann die Mutter von vier Kindern aus einer Gemeinde im Landkreis Dachau im August 2018. Doch das Geld war bald weg. Deshalb soll die mittlerweile 58-jährige Hausfrau, die in der Vergangenheit auch unter dem Pseudonym Contessa von S. aufgetreten sein soll, den Mord an ihrem Ehemann geplant haben. Sie soll einen Mörder aus Bulgarien beauftragt haben, den wohlhabenden Privatier aus dem Weg zu räumen, um an sein Geld zu kommen.
Was sich anhört, wie die Handlung eines mittelmäßigen Krimis, soll sich laut der Anklage der Staatsanwaltschaft München tatsächlich so zugetragen haben. Seit diesem Dienstag sitzt Patricia S. unter anderem wegen versuchten Mordes auf der Anklagebank des Schwurgerichts am Landgericht München II – und schweigt.
Angeklagt ist außerdem ihre Tochter aus erster Ehe, Cindy W. Die 29-Jährige soll maßgeblich an dem mutmaßlichen Mordkomplott beteiligt gewesen sein. Ferner muss sich deren Lebensgefährte, der 34 Jahre alte Kraftfahrer Nikolay B., ebenfalls wegen versuchten Mordes verantworten. Er soll in der Nacht des 27. Februar 2024 den mutmaßlichen Auftragskiller zum Haus des Ehemanns gefahren haben: Radi S., 33, von Beruf Finanzdienstleister. Zum Prozessauftakt ließen die drei ebenso wie Patricia S. über ihre Verteidiger erklären, dass sie weder zu ihrer Person noch zu den Vorwürfen etwas sagen werden.
Außer versuchtem Mord beziehungsweise Anstiftung zum versuchten Mord werden Patricia S. und ihrer Tochter Diebstahl und gewerbsmäßiger Betrug zur Last gelegt. Nachdem von dem Lotto-Millionengewinn nichts mehr da war, soll Patricia S. der Anklage zufolge spätestens Mitte 2023 „über keine nennenswerte Liquidität mehr“ verfügt haben. Einer geregelten Arbeit ging die Hausfrau laut Anklage nicht nach.
Vor Gericht geht es auch um Betrügereien im Internet
Um ihre Finanzen aufzubessern, soll sich die 58-Jährige deshalb dazu entschlossen haben, Diebstähle und Betrügereien auf Internetplattformen zu begehen. Tatkräftig unterstützt worden sei sie dabei von ihrer Tochter Cindy. Auch sie arbeitete nicht. Die 29-Jährige bezog 2023 Leistungen über ein Jobcenter.
Unter anderem sollen Patricia S. und Cindy W. auf einer Plattform einem Interessenten eine Damenhandtasche von Dior zum Preis von 3500 Euro verkauft haben. In Wirklichkeit habe es sich aber nur um ein billiges Replikat gehandelt. Gestaunt haben dürfte auch ein Bieter, der eine Apple Watch Series 8 zum Preis von 420 Euro gekauft haben soll. In dem Paket, das er daraufhin erhalten habe, befanden sich laut Anklage statt der Uhr nur „ein zusammengeknülltes Papier sowie eine Küchenrolle“.
50 000 Euro soll der mutmaßliche Mörder verlangt haben
Mehrere Zehntausend Euro sollen Patricia S. und Cindy W. mit den mutmaßlichen Betrugstaten eingenommen haben. Doch noch immer soll dies nicht für ihren Lebensunterhalt gereicht haben. Da Patricia S. sich laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von ihrem Mann trennen wollte, sollen sie und ihre Tochter sich Anfang 2024 darauf verständigt haben, den 56-Jährigen zu beseitigen, um an sein Vermögen zu gelangen.
Erledigen sollte dies allerdings ein anderer. Patricia S. und Cindy W. sollen deshalb Nikolay B., den Lebensgefährten der 29-Jährigen, dazu gebracht haben, einen Kontakt zu einem seiner Freunde herzustellen: Radi S. Der Finanzdienstleister soll in seiner Heimat Bulgarien bekannt dafür sein, dass er auch Gewalt anwendet, um Schulden einzutreiben.
Deshalb fuhren Nikolay B. und Cindy W. laut Anklage nach Bulgarien. Radi S. soll sich schließlich bereit erklärt haben, für 50 000 Euro den Mann von Patricia S. zu ermorden. Am 15. Februar 2024 reisten Cindy W. und ihr Lebensgefährte zusammen mit dem mutmaßlich gedungenen Mörder zurück nach Deutschland. Knapp zwei Wochen später, in der Nacht des 27. Februar, sollte Radi S. die Tat ausführen.
Dreimal habe Radi S. mit der Axt auf den 56-Jährigen eingeschlagen
Nikolay B. soll dazu Radi S. zum Haus von Patricia S. und ihrem Ehemann gefahren haben. Als die beiden dort eintrafen, habe Patricia S. bereits auf den Bulgaren gewartet und ihm gezeigt, wo sie eine Axt versteckt habe, mit der dieser ihren Mann töten sollte. Außerdem soll die 58-Jährige Radi S. gezeigt haben, wo er sich verstecken solle. Eigentlich sei an dieser Stelle auf dem Anwesen ein Bewegungsmelder installiert gewesen. Doch Patricia S. soll ihren Mann wenige Tage vor dem mutmaßlichen Mordkomplott dazu gebracht haben, das Gerät zu deaktivieren.
Patricia S. war, nachdem sie sich mit Radi S. abgesprochen habe, wieder zurück ins Haus gegangen. Gegen 21.55 Uhr ging dann ihr Mann in den Garten, um die Sterne zu beobachten, wie er dies in der Vergangenheit nachts häufiger getan hatte. Als Radi S. den 56-Jährigen erblickt habe, soll er sofort mit der Axt dreimal auf ihn eingeschlagen haben. Da in diesem Moment zufällig ein Nachbar sein Haus verließ und auf die Situation aufmerksam wurde und weil das mutmaßliche Opfer sich mit aller Kraft zur Wehr setzte, ist Radi S. geflohen.
Von der Angeklagten hat sich der 56-Jährige inzwischen scheiden lassen. Durch die massiven Axtschläge sind sein Gesicht und der Kopf entstellt, wie es in der Anklage heißt. Ein Urteil in dem Prozess wird für Anfang Juli erwartet.