Bundesliga-Relegation: Der späte Schuss in die Elversberger Seele | ABC-Z

Als alles gesagt war und die Mikrofone nach der Pressekonferenz schon ausgeschaltet waren, als die Journalisten Stühle rückten und durcheinander wuselten, da wandten sich Horst Steffen und Frank Schmidt einander zu. Eben hatten sie noch nebeneinander gesessen, jetzt blickten sie sich vor der Sponsorenwand tief in die Augen. Steffen, der unterlegene Trainer der SV Elversberg, beugte sich nach vorn, stützte den Kopf in seine Rechte. Schmidt, der ewige Trainer des 1. FC Heidenheim, der triumphiert hatte an diesem Abend, hob sanft die Arme. Und er trug dieses Frank-Schmidt-Grinsen: schief, bübisch, aber frei von Häme. Mein Lieber, ich weiß, sprach alles an ihm. Relegation, bloody hell.
Er kennt das ja, wenn man eine sehr gute Saison gespielt hat als kleiner Zweitligist, wenn man so verdammt nah dran ist an der Bundesliga. Und dann schießt so ein Erstligist, der ein schwaches Jahr hinter sich hat, witzlos das entscheidende Tor in der Nachspielzeit. Aus ist der Lebenstraum. So hat es Schmidt schon mehrfach genannt, so nennt er es an diesem Abend.
Wie konnte diese Saison nur so bitter enden?!
“Lebenstraum”. Fünf Jahre ist das her, da verpassten Schmidts Heidenheimer den Aufstieg gegen Werder Bremen wegen der Auswärtstor-Regel, die damals noch galt. Sie hatten nicht einmal verloren. In diesem Moment schien es so, als käme diese Chance kein zweites Mal. Horst Steffen muss ähnlich fühlen.
Es waren nur noch Sekunden der angezeigten fünfminütigen Nachspielzeit übrig, als seine Mannschaft die Relegation 2025 verlor. Heidenheim hatte den Ball in der eigenen Hälfte, nichts schrie Gefahr. Drei schnelle Pässe später rannte Mittelfeldspieler Leonardo Scienza auf den Elversberger Strafraum zu.
Seit einer Viertelstunde hatten den Brasilianer von der Brenz Krämpfe im Oberschenkel geplagt, dieser eine Sprint aber ging noch. Ein letzter Haken, Adrenalin-betankt, ein Schuss, der, man kann es nicht anders sagen, im Netz einschlug. Und in der Elversberger Seele.
Entgeistert standen die einen da, andere sanken auf die Knie. Kurz darauf war Schluss. Die Mannschaft, die die vierte aus dem Saarland in der Bundesliga hätte sein sollen, das Team aus dem, hätte es geklappt, kleinsten Bundesligaort der Historie, scheiterte nach einem 2:2 im Hinspiel 1:2 im Rückspiel im eigenen Stadion an der Kaiserlinde.
Nach dem Abpfiff riss Muhammed Damar, einer dieser begnadet talentierten Elversberger Leihspieler, die Hände über den Kopf. Sein Blick ging gen Nachthimmel, eine höhere Fußballmacht anklagend wie ein Kind, das an der Ungerechtigkeit der Niederlage verzweifelt. Wie konnte diese Saison nur so bitter enden?!
Kindlich war zuvor nur die Freude gewesen, mit der der 21-jährige Zehner in dieser Saison Fußball gespielt hatte. Wie die gesamte Elversberger Mannschaft, so wie es sich ihr Fußballlehrer Steffen wünscht. “Das Naturell eines Fußballers ist das Kind, das spielen will”, hat er mal im Podcast From Coach to Coach gesagt. Und weil er diese geistige Freiheit förderte, bot seine Mannschaft den begeisterndsten Angriffsfußball der zweiten Liga.