Chinas Roboter-Polizisten möchte man nicht im Dunkeln begegnen | ABC-Z

Seoul. China plant, mit humanoiden Robotern die Arbeitswelt zu revolutionieren. Auf die Roundhouse-Kicks vom G1 wäre sogar Chuck Norris neidisch.
Dem neuen G1-Modell von Unitree Robotics möchte man nachts nur ungern allein auf der Straße begegnen: Die stahlgraue Mensch-Maschine schlägt härter zu als Bruce Lee, seine schwungvollen Roundhouse-Kicks lassen selbst Chuck Norris vor Neid erstarren. Was wie ein PR-Gimmick anmutet, ist tatsächlich Chinas nächste technologische Revolution. Voller Stolz publizieren die Parteimedien und Diplomaten kurze Videoclips vom menschlichen Roboter G1. Dessen Hersteller, das im ostchinesischen Hangzhou ansässige Unitree Robotics, versieht seine Produkte mit dem augenzwinkernden Hinweis: „Bitte stellen Sie sicher, dass Sie den Roboter auf freundliche und sichere Weise benutzen.“
Dieser Tage wird wieder einmal deutlich, wie zweigeteilt doch die chinesische Volkswirtschaft ist: Während weite Bevölkerungsschichten insbesondere in den Provinzen unter einer hohen Arbeitslosigkeit, anhaltenden Immobilienkrise und sinkenden Sozialleistungen leiden, erringen gleichzeitig chinesische Firmen bei den entscheidenden Zukunftstechnologien bahnbrechende Innovationen. Der ChatGPT-Konkurrent DeepSeek war dabei nur die Spitze des Eisbergs.
Hinter den Erfolgen steht neben unternehmerischer Kreativität auch eine flächendeckende Industriepolitik des chinesischen Staates, welche gezielt einzelnen Branchen zum Erfolg verhilft: Während der letzten Dekade gelang dies auf beeindruckende Weise bei Solarenergie, Elektromobilität und Schiffsbau. Nun hat Peking bereits das nächste Ziel im Blick: humanoide Roboter. Während des Nationalen Volkskongresses im März stellte die Parteiführung einen Wagniskapitalfonds in Höhe von knapp 130 Milliarden Euro vor.
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(Do not imitate, please keep a safe distance from the machine)#Unitree #Kungfu #EmbodiedAI #SpringFestivalGalaRobot #AI #Humanoid #Bipedal #WorldModel #Robot pic.twitter.com/0CCAyvKdKV— Unitree (@UnitreeRobotics) 4. März 2025
Nach E-Mobilität und Solarenergie: China will bei Robotern die technologische Führung übernehmen
Doch diesen Trend sehen nicht nur die Chinesen. Bereits Mitte März hat Nvidia-Gründer Jensen Huang bei der jährlichen Entwicklerkonferenz seines Konzerns die Ära der „physischen KI“ einberufen: „Das Zeitalter der Roboter ist da“, sagte der 62-jährige Huang.
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Während Roboter derzeit bereits in Fabriken einfache Tätigkeiten mit Präzision und Schnelligkeit erledigen können, sollen diese künftig in Kombination mit hochkomplexen KI-Chips einen regelrechten Quantensprung nach vorne hinlegen können. Die Hoffnung ist, dass Roboter in Fabriken bald mitdenken können, ja, von menschlichen Kollegen kaum mehr zu unterscheiden sein werden.

Der humanoide Roboter von Unitree Robotics auf der Global Developer Conference in Shanghai.
© AFP | HECTOR RETAMAL
Die chinesische Volkswirtschaft hat in dieser Branche mehrere Vorteile. Zum einen verfügt das Land über ein Forschungsumfeld, welches wohl nur von den Vereinigten Staaten übertroffen wird. Ebenfalls sind die staatlichen Fördersummen unerreicht. Vor allem aber gibt es keinen anderen Staat auf der Welt, der auf eine derart entwickelte Infrastruktur an Fabriken zurückgreifen kann. Diese sind das beste Experimentierlabor und Fitnesscenter für humanoide Roboter.
Bereits diesen Monat: Marathon in Peking mit Segment für menschliche Roboter
Chinas Parteiführung hofft, mit der Robotik nicht nur einen neuen Wachstumsmotor zu erschließen. Ihr geht es auch darum, sich für die Folgen des rasant voranschreitenden demografischen Wandels zu wappnen. Die Bevölkerung im Reich der Mitte altert rasant, und mittelfristig wird dies die Produktivität senken und auch den ökonomischen Aufstieg des Landes an seine Grenzen bringen. Während andere Staaten verstärkt auf Migration setzen, scheint dies für die auf ideologische Kontrolle und politische Loyalität bedachte Staatsführung keine Option zu sein. Umso stärker setzt sie ihre Hoffnung auf technologische Lösungen.
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Der staatlich kontrollierte Informationssektor schwört die Bevölkerung bereits gezielt auf den Hype ein. Während der sogenannten „Spring Gala“ zum chinesischen Neujahrsfest, der meistgeschauten Fernsehshow der Welt, inszenierte der preisgekrönte Regisseur Zhang Yimou einen traditionellen Volkstanz, der von 16 humanoiden Robotern ausgeführt wurde – stilecht in knallroten Westen. Das technikbegeisterte chinesische Publikum liebte die Einlage. Und im April wird der Marathon in Peking erstmals ein eigenes, über 20 Kilometer langes Segment für menschliche Roboter umfassen.
Doch fest steht auch: China wird die Technologie auch für seine Sicherheitsinteressen nutzen wollen – nach innen und außen. So dürften die humanoiden Maschinen künftig auch eine stärkere Rolle beim Militär und dem Überwachungsapparat spielen. Schon jetzt patrouillieren im Pekinger Ausgehviertel Sanlitun Roboterpolizisten durch die Straßen, um nach dem Rechten zu sehen.