Ex-US-Kommandeur mit dringender Bitte – „Bitte geben Sie nicht uff!“ | ABC-Z

Die neue nationale Sicherheitsstrategie der USA sei nichts weniger als eine „zweite Zeitenwende”. Mit diesen drastischen Worten setzte Norbert Röttgen den Ton für den politischen Abend bei Maybrit Illner.
Der CDU-Politiker stellte fest, Amerika habe nach dem Zweiten Weltkrieg zwar maßgeblich am Aufbau der Demokratie in Europa mitgewirkt, wende sich nun jedoch von seinem langjährigen Partner ab. Ein historischer Einschnitt! „Die USA stehen zum ersten Mal seit 80 Jahren nicht mehr an unserer Seite”, erklärte der CDU-Politiker die aktuelle Lage.
US-Sicherheitspapier: „Herablassung, Verachtung und Feindseligkeit“
Die Politikwissenschaftlerin Claudia Major ging in ihrer Einschätzung des neuen Sicherheitspapiers sogar noch einen Schritt weiter. Europa werde darin nicht nur als strategisch irrelevanter Partner dargestellt, „sondern als moralisches, ideologisches Problem“. Die Formulierungen seien von „Herablassung, Verachtung und Feindseligkeit“ geprägt. Eine Sichtweise, die, wie sie betonte, (leider) ziemlich genau der russischen Perspektive entspräche.
Nicht ganz so alarmiert zeigte sich Wolfgang Ischinger, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC). Zwar sei er „genauso betroffen über Teile des Papiers” wie seine Vorredner und Vorrednerinnen, allerdings sehe er darin noch keine „Scheidungsurkunde”: „Noch ist nicht aller Tage Ende, noch sind die USA da.” Um seinen Punkt zu untermauern, verwies er auf den Teil des Papiers, in dem Europa durchaus eine Rolle für die USA zugeschrieben wurde.
Lob für Friedrich Merz und seiner Botschaft an die USA
Unterstützung bekam Ischinger vom ehemaligen Oberkommandeur der US-Armee in Europa und langjährigen Befürworter einer engen transatlantischen Kooperation. Der zugeschaltete Ben Hodges plädierte für einen positiven, langfristigen Blick in die Zukunft. Auch Frankreich habe sich unter Charles de Gaulle aus den militärischen Strukturen der Nato zurückgezogen und stehe heute wieder fest an der Seite des Bündnisses. „Bitte geben Sie nicht auf”, appellierte er an europäische Verbündete, bevor er insbesondere Friedrich Merz lobte.
Der Bundeskanzler hatte nach Veröffentlichung des neuen Sicherheitspapier betont, dass Europa ein Partner der USA sein könne, „und wenn Ihr mit Europa nix anfangen könnt, dann macht wenigstens Deutschland zu eurem Partner.” Eine Aussage, die (wieder einmal) für Kritik gesorgt hatte. Hodges sah darin allerdings eher eine angemessene Haltung: „Als Bundeskanzler nimmt er eine Führungsrolle ein, versucht Europa zusammenzuhalten”, erklärte er. Mit Blick auf seinen eigenen Präsidenten spottete der Amerikaner: „Ich bin mir ziemlich sicher, dass Trump das Dokument nie gelesen hat.”
Der ehemalige Oberkommandeur der US-Armee in Europa, Ben Hodges, wurde zur Sendung von Maybrit Illner zugeschaltet.
© Jule Roeh/ZDF | Jule Roeh/ZDF
Reise der AfD-Delegation in die USA
Auf den ebenfalls von Trump eingebrachten Vorschlag einer entmilitarisierten Wirtschaftszone reagierte Hodges – genauso wie der Rest der Runde– mit Entsetzen. „Nicht eine Sekunde sollten wir glauben, dass die Russen eine solche Vereinbarung akzeptieren oder respektieren würden”, warnte der ehemalige General eindringlich. Röttgen stimmt zu. Eine solche Vereinbarung sei „die Belohnung von Krieg” und nichts weiter als ein Geschenk an den Kreml.
Als solches kann man vermutlich auch die Reise der AfD-Delegation in die USA einordnen. Die Partei zählt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu jenen „patriotischen” Parteien, die die USA im Kampf gegen angebliche „Auslöschung der Zivilisation” unterstützen wollen. Für ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf ist sie jedoch vor allem eines: „Die AfD ist ein Proxy Russland in Deutschland” und damit „eine Frage der nationalen Sicherheit”, warnte die Journalistin, die neben der ganzen Feindseligkeit auch etwas Positives im Sicherheitspapier entdecken konnte. Offenbar habe Europa „ja irgendwas richtig gemacht“, wenn es von einem immer autokratischer werdenden Land als „ultimative Bedrohung“ wahrgenommen werde. Zugleich erinnerte Eigendorf daran, dass Europa nicht alleine stehe. Viele Länder außerhalb der EU teilten die russisch-amerikanische Sichtweise nicht.
Zu Ende der Sendung kam Illner noch auf das eingefrorenen russische Vermögen zu sprechen, über dessen möglichen Einsatz zur weiteren Unterstützung der Ukraine in der kommenden Woche abgestimmt werden soll. Die Hoffnung im Studio war groß. „Wenn das stattfindet, sind die Europäer endlich wieder im Spiel”, betonte Ischinger und auch Röttgen sprach von einer „Schicksalsfrage”. „Wenn wir scheitern, weiß ich nicht, was wir danach noch machen können”, erklärte der CDU-Politiker und klang dabei beinahe resigniert. Gerade deshalb, so seine Mahnung, müsse es unbedingt gelingen.
















