Sport

FC-Bayern-Basketballer bei Real Madrid und in Hamburg: Der Frust übernimmt das Kommando – Sport | ABC-Z

Andreas Obst hatte sich noch einmal gegen die drohende Niederlage gestemmt, allein vier seiner fünf erfolgreichen Dreier im vierten Viertel getroffen. Mit 19 Punkten war er Topscorer des Spiels. Doch am Ende, nach der 70:74 (32:30)-Niederlage bei den Veolia Towers Hamburg, stand auch Obst am Ostersonntag desillusioniert an der Seitenlinie. Notdürftig erfüllte der 28-jährige Nationalspieler seine Pflicht, ein paar Fragen zu beantworten, er sagte bei Dyn: „Wir sind alle müde, das Ausscheiden aus der Euroleague war auch nicht einfach für den Kopf. Wir haben viele Spiele bestritten, sind viele Kilometer gereist. Das merkt man heute einfach.“

Letzte Frage: Was man denn jetzt mitnehme für die nächsten Spiele? „Keine Ahnung“, sagte Obst, „Beine hochlegen, regenerieren und neu sortieren.“ Nur: Wie soll man sich neu sortieren nach diesem Schrecken ohne Ende? Nach einer Woche, in der die Münchner am Karfreitag von Real Madrid mit 71:93 aus deren Movistar-Arena geprügelt wurden, ohne Aussicht auf sportliche Wiederauferstehung? Nach diesem bitteren Aus in den Euroleague-Play-Ins, das auch deshalb zustande kam, weil ihr bester Mann auf internationalem Parkett, Carsen Edwards, sich am selben Tag wegen einer Rückenverletzung abgemeldet hatte?

Ausgerechnet Edwards. In einer Mitteilung schrieben die Bayern nur Stunden vor dem Madrid-Spiel, dass Edwards nicht werde spielen können, er falle wegen seiner Blessur wochenlang aus. Im selben Kommuniqué verkündeten sie, dass Edwards mittags in die Top-5-Mannschaft der Euroleague berufen wurde – als erst zweiter Bundesliga-Spieler nach Bayern-Kapitän Vladimir Lucic, dem diese sehr besondere Ehre in der Saison 2020/2021 zuteilgeworden war.

Diese Parallelität war schon fast absurd, aber sie zeigte zugleich wunderbar, welchen Stellenwert Edwards für die Bayern in dieser Saison besitzt: Er ist schlicht nicht zu ersetzen.

Nach dem Schwarzen Freitag ist etwas ins Rutschen geraten

Nach diesem Schwarzen Freitag ist nun etwas ins Rutschen geraten bei den Münchnern. Sie haben ihr Ziel in der Euroleague auf der Zielgeraden trotz vieler herausragender Heimauftritte durch ihre eigene Schludrigkeit verpasst. Im BBL-Pokal sind sie schon Mitte Februar im Halbfinale blamabel am Mitteldeutschen BC zerschellt. Und auf dem Weg zur letzten Titelmöglichkeit, die ihnen noch bleibt, haben sie auch noch ihren besten Werfer verloren. Schon jetzt ist klar: Gordon Herbert wird sich seine erste Saison als Bayern-Trainer nicht ans Revers heften können, sie ist spätestens nach der Niederlage vom Freitag nicht mehr Visitenkarten-tauglich.

Vielmehr müssen die Bayern nun zumindest die Meisterschaft nach München holen, alles andere würde ihre Ansprüche konterkarieren. Mit einer Mannschaft allerdings, die jetzt kaum noch glänzen kann, weil sie als Bundesliga-Topfavorit nur noch Pflichtsiege vor sich hat.

In Hamburg ist ihnen auch die Pflicht misslungen, an einem Sonntag, der zeigte, wie erschöpft die Münchner nach der langen Euroleague-Reise sind. Den Towers kam dieser Gegner gerade recht, um in der großen Arena, in die sie gezogen waren, samt 12 015 Zuschauern, die einen neuen Rekord bedeuteten, fröhliche Ostern zu feiern.

Am Ende liegen die Nerven blank: Vladimir Lucic muss vom Schiedsrichter gebremst werden, Hamburgs Brae Ivey (re.) hatte zuvor entscheidend per Dreier getroffen. (Foto: Marco Steinbrenner/DeFodi Images/Imago)

Die Bayern hielten im siebten Spiel binnen 14 Tagen, nur 40 Stunden nach ihrer Niederlage in Madrid, zunächst ordentlich mit, obwohl neben Edwards auch Nick Weiler-Babb fehlte, der geschont wurde. Durch Punkte von Obst und Devin Booker führten sie Mitte des zweiten Viertels gar mit 30:21. Doch im dritten Viertel lief gar nichts mehr bei ihnen zusammen, es war, als hätte man ihnen den Stecker gezogen. Mit einem 28:8-Lauf zogen die Towers auf 49:38 davon. Die Obst-Dreier ließen die Bayern am Schluss noch einmal hoffen, doch dann traf knapp acht Sekunden vor dem Ende Brae Ivey ebenfalls für Hamburg von der Drei-Punkte-Linie – die 72:67-Führung.

Danach übernahm der Frust das Kommando bei den Bayern. Und als ihr früherer Flügelspieler Niklas Wimberg, der nun in Diensten Hamburgs steht, Münchens Kapitän Vladimir Lucic im Vorbeilaufen noch einen provozierenden Spruch mitgab, verlor Lucic die Beherrschung. Das Ergebnis: Rudelbildung, ein Schubser gegen den Schiedsrichter, ein Technisches Foul gegen Lucic, weitere Freiwürfe für die Towers. Die hitzige Schlussphase, sie dürfte auch ein Ergebnis der vergangenen Tage und Wochen gewesen sein, in denen sich die Münchner schleichend von ihren großen internationalen Zielen verabschiedet hatten.

„Gratulation an Hamburg, sie haben ein herausragendes drittes Viertel gespielt, mit Energie und Verteidigung. Das waren die entscheidenden Faktoren in den letzten drei Minuten der ersten Hälfte und im dritten Viertel“, sagte Münchens Coach Herbert fair und anerkennend. Genau jene Energie hatte seinen Spielern gefehlt.

Die Bayern haben trotzdem weiterhin eine glänzende Ausgangsposition in der Bundesliga. Sie bleiben vor Ulm Tabellenführer, und endlich können sie wirklich die Beine ein wenig hochlegen: Das nächste Spiel ist erst kommenden Sonntag (15 Uhr) zu Hause gegen Weißenfels. Die Pause wird sie zugleich schmerzen: In dieser Woche beginnt das Viertelfinale in der Euroleague.

Back to top button