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Studentenvisum für USA: Tiktoker luke.goes.usa berichtet | ABC-Z

Lukas, US-Außenminister Marco Rubio hat alle Botschaften und Konsulate der USA aufgefordert, bis auf Weiteres keine Termine mehr für Antragsteller von Studenten- oder Austauschvisa zu vergeben. Praktisch bedeutet das, dass alle Visumverfahren damit gestoppt sind. Sie haben Ihr Visum. Wie geht es Ihnen damit?

Eigentlich dachte ich, sobald ich mein Visum habe, wäre endlich alles gut und ich könnte mich entspannen. Aber das ist leider nicht so. Zurzeit wache ich fast jeden Tag auf und frage mich: Okay, was kommt heute? Was steht dieses Mal in den Nachrichten? Es fühlt sich sehr unsicher an.

Es betrifft die nächsten vier Jahre meines Lebens. Ich kann einfach nicht richtig planen. Bis zur Einreise weiß ich nicht: Klappt das jetzt – oder nicht? Dazu kommt, dass ich schon viel Geld in Flüge, das Visum und College-Bewerbungen investiert habe. Es wäre sehr schade, wenn das alles umsonst gewesen wäre.

Haben Sie offizielle Informationen erhalten, ob Ihr Visum gefährdet ist?

Nein, bisher habe ich keine Nachricht erhalten. Ich denke, ich bin gerade noch so davongekommen. Aber die Frage bleibt: Was kommt morgen, übermorgen oder nächste Woche? Es ist einfach alles sehr unsicher.

Wie gehen Ihre künftigen Kommilitonen mit der politischen Lage um?

Es herrscht sehr viel Aufruhr. Ich bin in einer Whatsapp-Gruppe für internationale Studenten, und da geht es eigentlich jedem so wie mir. Jeder ist sehr aufgebracht, besorgt und verunsichert.

Wie hat Ihre Universität auf diese Situation reagiert?

Meine Uni hat uns geraten, die Passkon­trolle in den USA zu umgehen. Wir sollen mit einem Zwischenstopp beispielsweise über Dublin oder Kanada einreisen und so die direkte Passkontrolle in den USA umgehen. Ich hatte meinen Flug schon gebucht – einen Direktflug. Ich werde das einfach versuchen und hoffen, dass die Einreise an der Grenze klappt.

Und in Bezug auf den Visastopp – was rät die Uni da?

Für diejenigen, die bereits einen Termin im Konsulat haben, empfehlen sie, diesen wahrzunehmen und es zu versuchen. Gleichzeitig versuchen sie, uns die Angst zu nehmen. Ich glaube aber, sie selbst wissen auch nicht, was passieren wird, und können uns natürlich keine Garantien geben, dass es klappt.

Als Tiktoker teilen Sie Ihr Leben mit der Öffentlichkeit. Jetzt will die US-Regierung die Social-Media-Aktivitäten der Visumantragsteller in den Fokus nehmen. Beeinflusst das, was Sie posten?

Ja, zurzeit ist es ziemlich heikel. Ich überlege schon, ob ich bestimmte Videos wirklich posten sollte. Gleichzeitig finde ich es wichtig, über die kritischen Themen zu sprechen und authentisch zu bleiben. Ich versuche da gerade noch selbst für mich eine Balance zu finden. Ich möchte das Thema nicht totschweigen, weil es nun mal jetzt so ist und ich einfach auch meine Gefühle teilen möchte. Während des Visumverfahrens wurde mein Antrag in ein sogenanntes „administrative processing“ geschickt. Sie haben quasi einen Backgroundcheck gemacht. Da habe ich ja meine Social-Media-Kanäle schon angegeben – und sie haben mir trotzdem das Visum ausgestellt. Deswegen hoffe ich mal, dass das jetzt nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Wie lief der Visumprozess?

Ich habe ein F1-Visum beantragt. Nachdem sie meine Dokumente geprüft haben, haben sie mit mir noch ein Interview geführt. Bei diesem Interview muss man sehr stark aufpassen, dass man sich nicht als Immigrant gibt. Das heißt, die wollen, dass man nach seinem Studienaufenthalt zurück in sein Land geht. Mir wurden ganz viele kritische Fragen zu meinem Au-pair-Jahr gestellt. Ob ich dann noch bei meiner Gastfamilie leben würde oder ob ich für die noch illegal arbeiten würde. Da kamen bei mir schon Ängste auf.

Warum möchten Sie trotz der politischen Unsicherheit in den USA studieren?

Ich habe in meinem Au-pair-Jahr gesehen, dass es mir dort psychisch besser geht. Ich war eine bessere Version meiner selbst. Ich mag die Gesellschaft, also meine Bubble, in der ich dort gelebt habe. Mir liegt auch generell das amerikanische Studiensystem besser. Es ist viel freier als in Deutschland. In Deutschland habe ich das Gefühl, dass das immer schon in Stein gemeißelt ist, was man dann letztendlich macht. In den USA ist es dann doch noch mal viel offener, man kann mehr wechseln, man kann sich mehr ausprobieren. Ich könnte mir vorstellen, Psychologie und Spanisch oder Business im Nebenfach studieren, aber ich muss mich ja erst im zweiten Jahr festlegen. Ich habe mich über zwei Jahre auf das Studium vorbereitet und möchte das jetzt durchziehen.

Sie sind Teil der LGBTQIA+-Community. Haben Sie Bedenken, dass sich die politische Lage negativ auf Sie auswirken könnte?

Bisher habe ich keine negativen Erfahrungen gemacht – das war aber auch unter der Biden-Regierung. Ich habe mich immer akzeptiert gefühlt. Trump als Präsident habe ich nur einen Monat mitbekommen. In der Zeit hat sich nichts für mich geändert. Ob das noch der Fall sein wird, wenn ich zurückkomme, das sehe ich dann. Da mache ich mir vorerst jetzt weniger Gedanken.

Was sagt Ihre Familie zu Ihren Plänen?

Emotional werde ich auf jeden Fall sehr unterstützt. Meine Familie möchte auch, dass ich meinen Träumen nachgehe. Da bin ich auch sehr dankbar dafür. Das Gute an meinem Studium jetzt aber ist, dass ich planweise alle vier Monate zurückkomme. Also es ist nicht mehr so wie beim Au-pair, dass ich dann wirklich über eineinhalb Jahre aus dem Land bin. Was die politische Lage angeht, so geht es meiner Familie wie mir. Jeder macht sich Sorgen um mich.

Worauf freuen Sie sich denn?

Am meisten freue ich mich darauf, auf dem Campus viele neue Leute kennenzulernen und wieder Teil dieser amerikanischen Gesellschaft zu sein – das Campus-Leben, das Englisch, die Atmosphäre, das alles fehlt mir in Deutschland.

Sie haben ein Stipendium erhalten. Was würden Sie anderen raten, die in den USA studieren möchten?

Mein Stipendium deckt die Studiengebühren komplett ab, aber Lebenshaltungskosten muss ich selbst tragen. Ich rate jedem, gute Noten zu haben und sich neben der Schule zu engagieren, sei es durch Sport oder Freiwilligenarbeit. Außerdem sollte man den direkten Kontakt zu den Universitäten suchen, vor allem zu privaten Unis, die oft noch zusätzliche Stipendien vergeben können.

Seinen vollständigen Namen und den Namen der Universität in Ohio, an der er studieren wird, möchte der 21 Jahre alte Lukas nicht veröffentlicht sehen.

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